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06.12.08 / Ost-Deutsch (94): Speck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Ost-Deutsch (94):
Speck
von Wolf Oschlies

Stuki-speki, nemezki celoveki“ lautet ein altrussischer Spottvers auf Deutsche: Speckstücke, deutsche Leute. Er sollte deutsche Fehler im Russischen („celoveki“ statt korrekt „ljudi“) und deutsche Eßvorlieben karikieren. Dabei ist Speck, von althochdeutsch „spek“ für das feste Fett unter der Schweineschwarte, längst auch slawischer Begriff, in sehr differenzierter Verwendung wie beim tschechischen „svarcvaldsky spek velmi libovy“ (Schwarzwälder Speck sehr mager). Oder in übertragener Bedeutung, wie der Autor Milos Cermak mit seinem Bestseller „Jak se skace na spek“ (Wie man auf Speck anbeißt) bewies. Denselben Ausdruck kennen auch Kroaten: „skocit na spek“. Daß „spek“ auch im tschechischen Fixerjargon für gewisse Drogen auftaucht, sei nicht weiter vertieft.

Ganz kulinarisch halten es die Südslawen, obwohl man da aufpassen muß: Ein „slavonski spek“ (slawonischer Speck) mag rein fleischlich dasselbe wie „dalmatinska slanina“ sein, aber besser ist es doch, wenn man diese regionale Feingliederung nicht durcheinander bringt. Überregionaler Oberbegriff ist „spek“ ohnehin, denn „u crnoj zimi bez speka bez luka“ (im dunklen Winter ohne Speck und Knoblauch) kann man nicht leben. Aber wenn man „sunka, kolbasa, spek, luka i demizoni vina“ im Keller hat, also Schinken, Wurst, Speck, Knoblauch und Korbflaschen Wein, dann darf der Winter kommen. Ohne „spek“ sind selbst Weltreisen riskant, wie der Zagreber Simun Cimerman aus Vietnam berichtete: „Spek mi je spasio zivot u prasumi“ – Speck hat mir das Leben im Urwald gerettet.

Man muß sich balkanische Speisekarten von Zagreb über Belgrad bis Skopje anschauen, um die ganze Verwendungsbreite von „Speck“ zu ergründen: „spekerice“ (Speckwürstchen), „pizza spekli“, „spek-fileki milanese“. Auf einem ganz anderen Blatt stehen politische Anspielungen mit dem Wort. „Nema speka bez pendreka“ (es gibt keinen Speck ohne Gummi-knüppel) sagen drastisch die Kroaten, wenn sie die Leiden und Freuden ihres Alltags aufzählen. Und in Tschechien weiß jeder Spitzenpolitiker um die Gefährlichkeit der tiefroten Kommunisten, „kteri mu sedli na spek“ (die ihm auf dem Speck sitzen). Wie will oder kann man die und anderen Ärger abspecken?


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