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06.12.08 / Er schenkte Gebete und Geld / Der heilige Nikolaus wird seit dem 4. Jahrhundert verehrt – Heimatstadt Myra erst seit 1922 moslemisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Er schenkte Gebete und Geld
Der heilige Nikolaus wird seit dem 4. Jahrhundert verehrt – Heimatstadt Myra erst seit 1922 moslemisch

Einer der populärsten Heiligen der Christenheit hat am heutigen 6. Dezember seinen Gedenktag. Allein 2200 Kirchen nördlich der Alpen sind dem Patron der Seefahrer und Freund der Kinder gewidmet. In Amerika wird er Santa Claus genannt, hierzulande auch Knecht Ruprecht oder einfach der Weihnachtsmann.

Nur wenigen ist bekannt, daß hinter der Gestalt des Nikolaus eine reale historische Person steht. Es ist der heilige Nikolaus, ein Bischof und Metropolit, der von zirka 280 bis 350 n. Chr. in Myra, im Südwesten der heutigen Türkei wirkte. An einem 6. Dezember ist er gestorben.

Was aber hat die Menschen so bewegt, daß man ihn nun seit über 1650 Jahren in dieser Weise verehrt? Über Nikolaus von Myra gibt es eine Reihe von sehr bewegenden Erzählungen. Kinder hören sie gerne, weil sie aufregend und spannend sind. Schnell tun Erwachsene sie als Legenden und Märchen ab. Dennoch haben sie meist einen historischen Kern.

Viele der Berichte kreisen etwa um die Zahl drei. Das erinnert an das berühmte Konzil von Nicäa im Jahr 325, an dem Bischof Nikolaus selbst teilgenommen hat, wie die bis heute erhaltenen Unterschriften des Kirchenmannes unter die Konzilsdokumente bezeugen. Auf diesem Konzil stritt Nikolaus erfolgreich für das Dogma von der Dreieinigkeit Gottes und gegen die Lehre des Häretikers Arius, den er sogar geohrfeigt haben soll.

Ein streitbarer Mann also, der auch nicht davor zurückschreckte, den Tempel der Artemis in seiner Heimatstadt niederreißen zu lassen.

Geboren wurde Nikolaus als Sohn reicher, christlicher Eltern um 280 n. Chr. in Patara im damaligen Lykien. Die Ruinen dieser Stadt liegen ungefähr 70 Kilometer südwestlich des bekannten Touristenortes Antalya in der Nähe von Kalkan.

Früh starben seine beiden Eltern an der Pest. Der Waisenknabe wurde dann von seinem christlichen Onkel, dem Bischof im nahegelegenen Myra, aufgenommen und erzogen. Als dieser Onkel plötzlich starb, wählte die Kirchengemeinde Nikolaus, mit gerade einmal 20 Jahren, zum Bischof und Ortspfarrer. Das war in den Jahren der Christenverfolgung im Römischen Reich kein angesehenes, sondern ein eher lebensgefährliches Amt. So wurde Nikolaus um 310 verhaftet und furchtbar gefoltert. Schwer gezeichnet überlebte er die Torturen.

Seine frühe Popularität, das zeigen etwa die Erzählungen der „Legenda Aurea“ aus dem 13. Jahrhundert, beruhen auf seiner außerordentlichen Freigiebigkeit. Viele Berichte handeln davon, wie er Kinder und Jugendliche beschenkt oder aus gefährlichen Lebenslagen befreit. Seit 1555 gilt er auch in unseren Breiten daher als Geber von zumeist süßen Geschenken. Aber nicht nur sein Geld, sondern auch sein Gebet hatte offenbar große Kraft; davon zeugen Berichte über wunderbare Heilungen oder Rettungen aus Todesgefahr.

Die Popularität des Gottesmannes steigerte sich nach dessen Tod um das Jahr 350 weiter – zuerst in der östlichen dann auch in der westlichen Christenheit. Aus seinem Grab soll ein steter Strom eines heilsamen Öls ausgetreten sein, wird berichtet. Über Jahrhunderte verehrten viele Pilger und Wallfahrer das Grab in der Nikolauskirche von Myra, bis moslemische Sarazenen 1071 auch in den Westen Kleinasiens vorstürmten.

Christliche Kaufleute, von Moslems bis heute als „Piraten“ bezeichnet, retteten die sterblichen Überreste des heiligen Nikolaus vor einer möglichen Zerstörung. Sie überführten die Gebeine in ihre Heimat nach Bari (Süditalien). Dort wurde dem Heiligen zu Ehren die neue Kathedrale San Nicola erbaut, die Papst Urban II. 1098 weihte. Das Wunder des austretenden heilsamen Öles soll sich übrigens bis heute in Bari fortsetzen, wie im Internet zu lesen ist. Mit einem Schwamm nehmen Priester und Mönche dort das Öl auf und verteilen es an die Gläubigen.

Eine weitere Steigerung seiner Popularität geschah auf eigenartige Weise im 19. Jahrhundert. Ein deutscher Maler malte – in freier Phantasie – den Nikolaus romantisierend mit Rauschebart, wallendem Lockenhaar und pelzbesetztem Kapuzenmantel. Ganz anders also als die historische Person, die auf Ikonen mit kurzem Haar und Bart sowie goldblauem Bischofsmantel dargestellt ist.

Als schließlich die Firma Coca Cola im Jahr 1900 dieser Phantasiegestalt ihre Firmenfarben Rot und Weiß mitgab, war der heutige Weihnachtsmann geboren, der in Amerika immer noch „Santa Claus“ heißt.

Wer heute nach Myra kommt, trifft auf einen traurigen Ort. Allein die großen Busse der Touristen lassen vermuten, daß hier einmal ein großer Wallfahrtsort war. Das liegt an der Vertreibung von 1,5 Millionen christlicher Griechen vor 86 Jahren. Im September 1922 verloren sie einen Krieg gegen die moslemischen Türken unter Kemal Atatürk und wurden in der Folge gewaltsam von der Westküste vertrieben, so auch aus Myra, das heute „Demre“ heißt.

Das seit den Tagen des Apostels Paulus über 1900 Jahre lang christliche Gebiet wurde zum moslemischen Land erklärt. Seitdem gibt es selbst für Touristen keine Kirche mehr, in der man sonntags zum Gottesdienst gehen könnte.

Die alten Kirchen an der Weltküste der Türkei stehen heute entweder verfallen da oder sind zu Moscheen umfunktioniert worden; in ihren Türmen wurden Lautsprecher für den Tonband-Ruf des Muezzins und vor den Kirchentüren die rituellen Waschbecken montiert.

Aber was sind 86 Jahre für die Weltgeschichte, schon viele vertriebene Völker konnten nach wesentlich längeren Zeiträumen in ihre Heimat zurückkehren. Wünschen wir also auch dem heiligen Nikolaus die Rückkehr nach Myra, da er schon viel zu lange in Bari im Exil ist.            Hinrich E. Bues

Foto: Ein streibarer Heiliger: Der Bischof von Myra


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