24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.12.08 / Bröckelndes Zarinnendenkmal / Der Zahn der Zeit nagt an einem jungen Monument russischer Größe, und niemand fühlt sich zuständig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Bröckelndes Zarinnendenkmal
Der Zahn der Zeit nagt an einem jungen Monument russischer Größe, und niemand fühlt sich zuständig

Das Denkmal zu Ehren der Zarin Elisabeth, das im Jahr 2004 auf der nördlichen Mole in Pillau errichtet wurde, sollte die wiedererlangte Stärke Rußlands symbolisieren. Doch nun droht dem stolzen Bauwerk aufgrund von Kompetenzstreitigkeiten der Verfall.

Die Bronzestatue, welche Zarin Elisabeth hoch aufgerichtet zu Roß darstellt, ist die Hauptsehenswürdigkeit des kulturgeschichtlichen Komplexes „Fort Elisabeth“. Das Monument wurde zur Erinnerung an den Sieg der russischen Armee im Siebenjährigen Krieg (1756-63) während der Regierungszeit Elisabeths errichtet. Das Denkmal ist eine Arbeit des Moskauer Bildhauers Georgij Franguljan. Er gestaltete die Zarin mit Perücke und Dreispitz auf dem Kopf in der Uniform der Leibgarde des Preobraschenskij-Regiments aus, gleichsam in der Haltung eines Soldaten, der die Schiffe beobachtet, die versuchen, an der Küste zu landen.

Die Statue selbst ist 6,3 Meter hoch. Mit dem Fundament, das dem Felsen einer Festung nachgebildet ist, hat es eine Höhe von 14 Metern. Allein die Statue wiegt 12 Tonnen. Übrigens gibt es außer der Skulptur Elisabeths nur noch ein weiteres Denkmal, das eine Frau auf einem Pferd darstellt, nämlich das der Jeanne d’Arc in Paris, eine Arbeit des Bildhauers Emmanuel Frémiet von 1874.

Die Idee, ein Denkmal zu Ehren der Tochter Peters des Großen aufzustellen, stammte von der damaligen Regierung des Königsberger Gebiets und dem Russischen Ministerium für Kultur. Die Finanzierung des Projekts übernahm die Stiftung „Slawjanskij“. Der Sockel und die gesamte ihn umgebende Anlage stifteten Geschäftsleute aus der Region. Zunächst war geplant, das Denkmal mitten in Königsberg in der Nähe des Doms aufzustellen, doch der Bildhauer Georgij Franguljan schlug die Hafenstadt Pillau vor, die als westlichster Zipfel Rußlands gilt. Seinen Vorschlag begründete der Künstler damit, daß das Denkmal symbolischen Charakter haben solle, ähnlich der Freiheitsstatue in Amerika. Denn alle Schiffe, die Fahrt auf Rußland nehmen, oder in den  Königsberger Hafen einlaufen, müssen unweigerlich an der Enge zwischen Frischem Haff und Pillau, also auch am Denkmal vorbei.

Im Innern der Statue sollte nach den Plänen der Erbauer ein Museum entstehen, das an die Ereignisse des Jahres 1758 erinnert, als Rußland unter der Regentschaft Elisabeth Petrownas für einige Zeit Ostpreußen besetzte.

Doch dann kam alles anders. Die Trägerschaft für das Gesamtdenkmal wurde in zwei Verantwortlichkeitsbereiche aufgeteilt: Für die Statue ist das Ozeanmuseum zuständig, den Sockel hat die Stiftung Fort Elisabeth zu erhalten. Nun gibt der Zustand des Fundaments bei Experten Anlaß zu größter Besorgnis, weil es dem schweren Gewicht des Denkmals nicht standhält. Dies könnte zum Einsturz der Statue führen, es bestünde somit Gefahr für Menschen. Denn der Raum, der sich im Inneren des Denkmalssockels befindet, wird als Jugenddiskothek genutzt. Die Direktorin des Ozeanmuseums, Swetlana Siwkowa, ist seit langem über die Weigerung des Eigentümers zur Zusammenarbeit in Fragen des Denkmalschutzes verärgert. Auf einer Sitzung des Kulturrats des Gebiets-Gouverneurs berichtete sie von der Einsturzgefahr des Elisabeth-Denkmals. So wurde das Fundament bis heute offiziell nicht zur Nutzung freigegeben. Da es von innen nicht befestigt ist, droht ihm nun allmählich der Zerfall. Auch müßte inzwischen die Aussichtsplattform ausgebessert werden. Auf ihr sammelt sich Wasser, das die Pferdestatue rosten läßt.

Für die notwendigen Reparaturen fühlt sich niemand verantwortlich. Nachdem der Renovierungsbedarf festgestellt worden war, beschloß der Kulturrat des Gouverneurs, daß das Ozeanmuseum diese Arbeiten übernehmen solle.

Diese Entscheidung hat für Streit gesorgt. Zwar zeigte sich das Ozeanmuseum bereit, etwa vier Millionen Rubel (rund 112000 Euro) zu investieren, vertritt aber gleichzeitig die Auffassung, daß zunächst das Fundament repariert werden müsse, für das die Stiftung Elisabeth zuständig ist. Nachdem es auf der Sitzung des Kulturrates zu lautstarken Auseinandersetzungen gekommen war, fuhr eine Kommission, bestehend aus Vertretern des Ministeriums für Kultur, der Behörde für Denkmalschutz und Mitarbeitern des Ozeanmuseums nach Pillau. Die Kommission bestätigte den beklagenswerten Zustand des Kunstwerkes. Einzig der Chefarchitekt von Pillau, Dmitrij Filippow, beharrte auf dem Standpunkt, die Statue sei nach allen Regeln der Kunst und für die Ewigkeit gefertigt.

Swetlana Siwkowa will mit der Forderung vor Gericht ziehen, das Denkmal an einen anderen Ort zu verbringen, um für seinen Erhalt sorgen zu können.           

Jurij Tschernyschew


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren