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06.12.08 / Die Enteignungen verjähren nicht / Zweiter Teil des Lageberichts vom Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen auf der Ostpreußischen Landesvertretung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

Die Enteignungen verjähren nicht
Zweiter Teil des Lageberichts vom Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen auf der Ostpreußischen Landesvertretung

Die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) kann auf ein ereignisreiches, aber auch erfolgreiches Jahr 2008 zurückblicken. Nur wenige Jahre im Leben der nun 60jährigen Landsmannschaft waren derartig voller Ereignisse wie das nun in ein paar Wochen zu Ende gehende Jahr 2008 war.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 7. Oktober die Zulässigkeit der von der Preußischen Treuhand vertretenen Klage von 23 Vertriebenen gegen Polen auf Rückgabe von Eigentum oder Schadensersatz abgelehnt. Damit ist eine von politischer Seite lange erwartete Entscheidung gefallen, die ein brisantes deutsch-polnisches Problem zunächst einmal unter den Teppich kehrt.

Der Gerichtshof verwies darauf, daß Polen die Europäische Menschenrechtskonvention erst 1993 ratifiziert habe. Klagen über Konfiszierungen im Jahre 1945 und später seien damit aus zeitbedingten Gründen (ratione temporis) unzulässig. Die Menschenrechtskonvention verpflichte Staaten nicht zur Rückgabe von Eigentum, das ihnen vor Ratifizierung des Abkommens übertragen wurde.

Zu den Beschwerden über Verstöße gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens und das Folterverbot merkt der Gerichtshof an, etwaige Menschenrechtsverletzungen im Jahre 1945 könnten nicht dem heutigen polnischen Staat angelastet werden. Dieser habe zum Zeitpunkt der Vertreibung weder juristisch noch tatsächlich Kontrolle über die deutschen Territorien in Polen gehabt.

Damit ignoriert der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte alle historischen Fakten. Natürlich hatte der heutige polnische Staat die tatsächliche Kontrolle über die Oder-Neiße-Gebiete bis zur innerostpreußischen Grenze. Dies gilt ab Mai 1945. Polen ist als Staat weder 1939 noch 1945 untergegangen. Die demokratische Wende in Polen 1989 hat keinen irgendwie gearteten neuen Staat Polen begründet. Die Ablehnung der Treuhand-Klage ist keine auf Völkerrecht und Menschenrechten orientierte Rechtssprechung, sondern eine politische Entscheidung im Sinne der Richtlinienvorgabe durch die Europäische Kommission und die deutsche sowie die polnische Regierung.

Das Eigentum und das Erbrecht sind Grundrechte, sie haben in Deutschland Verfassungsrang. Unstrittig ist, daß die Bundesregierung von der Verfassung her gehalten ist, Verfassungsrechte ihrer Bürger auch gegenüber Drittstaaten einzufordern. Offensichtlich ist sie seit Kanzler Schröders Rede 2004 in Warschau dazu nicht mehr willens oder in der Lage. Die Regierung Merkel/Steinmeier folgt der rot-grünen Bundesregierung in dieser Frage. Damit ist die Bundesregierung selbst entschädigungspflichtig gegenüber den betroffenen Ostdeutschen geworden. Teile der polnischen politischen Klasse fordern seit langem, daß die Bundesregierung die Entschädigungsansprüche der Ostdeutschen übernehmen müsse, wie das Polen für die umgesiedelten polnischen Landeskinder aus der West-Ukraine auch getan habe. Das ist ein Indiz dafür, daß zumindest Teile der polnischen Gesellschaft die Rechtmäßigkeit der deutschen Ansprüche durchaus anerkennen.

Die Bundeskanzlerin hat – wie auch alle vor ihr amtierenden Kanzler – immer betont, daß die Vertreibung und die im Zuge dieser Vertreibung erfolgte entschädigungslose Enteignung der Deutschen völkerrechtswidrig waren. Wenn sie diese Erklärung ernst meint, hätte sie das Straßburger Treuhandurteil bedauern müssen. Jedenfalls muß es eine Aufgabe der Landsmannschaft Ostpreußen sein, für dieses Problem eine Lösung immer wieder anzumahnen. Der deutsche Völkerrechtler Eckart Klein von der Universität Potsdam hat in einem Gutachten von 2005 festgestellt, daß die von den Vertreiberstaaten durchgeführten Enteignungen nicht verjährt sind.

Nach 14 Jahren habe ich den Vorsitz des Vereins Ostheim e. V. bei der diesjährigen Mitgliederversammlung am 16. August an Stephan Grigat abgegeben. Auch an dieser Stelle sei Grigat gedankt, daß er für das Ostheim zusätzlich Verantwortung geschultert hat. Ich bleibe noch in der Verantwortung für das Ostheim, bin aber einen Schritt zurückgetreten und habe nun die Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden inne.

Das Ostheim muß auch für 2008, wie schon seit 2005, eine mangelnde Auslastung beklagen. Die bisherigen Buchungen für 2009 geben keinen Anlaß zu großem Jubel.

Das Ostheim hat für die Gesamt­organisation Landsmannschaft Ostpreußen immer noch einen hohen Stellenwert. Kreisgemeinschaften, Landesgruppen, die Frauenkreise und örtliche Gruppen kommen hier in das Haus. Alle Veranstaltungen der Bundesorganisation finden hier statt. Dennoch, seit 2005 fehlen jährlich zwischen 10000 und 20000 Euro am Jahresende.

Dies wird die Landsmannschaft Ostpreußen nur noch eine begrenzte Zeit schultern können. Wer das Ostheim in seiner jetzigen Funktion für die Landsmannschaft halten will, sollte mit einer Veranstaltung – wie groß oder klein sie auch immer sein mag – hier in das Ostheim kommen. Damit deutlich wird, was ich meine, es kommen insgesamt nur zehn Kreisgemeinschaften mit einer oder zwei Veranstaltungen hier in das Haus, bei den Landesgruppen sieht es noch schlechter aus. Eigentlich ist nur in unregelmäßigen Abständen die Landesgruppe Niedersachsen hier präsent. Als Vorstand von Ostheim e. V. habe ich mich außerordentlich gefreut, daß die Arbeitsgemeinschaft der Memellandkreise (AdM) am letzten Wochenende mit einer guten Präsenz hier im Ostheim ihren Vertretertag abgehalten hat. Die Sommer-, Herbst-, und Weihnachtsfreizeiten werden leider nur noch begrenzt angenommen. Die früheren Ostheimbesucher gehen aus der Welt oder sind gebrechlich und nicht mehr in der Lage, an einer Freizeit des Hauses teilzunehmen. Ein nicht unbedeutender Grund, mit steigender Tendenz, ist leider auch das fehlende Geld. Örtliche Gruppen bekommen wir nur noch in das Ostheim, wenn den Teilnehmern, abgesehen von den Fahrtkosten, nur geringe weitere Kosten entstehen. Sie sehen, liebe Landsleute, wenn es uns nicht gelingt, in 2009 und 2010 sechs bis acht zusätzliche gewinnbringende Veranstaltungen im Ostheim durchzuführen, wird die Landsmannschaft Ostpreußen um schmerzliche Entscheidungen hinsichtlich der Zukunft vom Ostheim nicht herumkommen. Das Thema bleibt auf der Tagesordnung der OLV.

Die Kreisgemeinschaft Gerdauen war im Oktober mit 80 Personen zu Gast im Ostheim. Anlaß war das zusammengelegte Treffen zweier Kirchspiele. Ich will an dieser Stelle der Kreisgemeinschaft Gerdauen namens des Bundesvorstandes herzlich dafür danken. Dieser Dank gilt auch der AdM für die Ausrichtung ihres Vertretertages, hier im Ostheim am letzten Wochenende.

Die Ostpreußische Kulturstiftung, OKS, mit den beiden Einrichtungen Landesmuseum in Lüneburg und Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen ist hinsichtlich des Lüneburger Teils eine große Baustelle. Ein Papier folgt dem anderen. Termine, Sitzungen, Gespräche, Briefe, Telefonate, liebe Landsleute, entschuldigen Sie, das ist nur schwer zu ertragen! Nur die Einigkeit der Ostpreußen im Stiftungsrat, die Bayern an unserer Seite und unsere Eigentumsrechte haben bisher verhindern können, daß unser Einfluß auf die Geschicke des Ostpreußischen Landesmuseums geschmälert wurde.

In einem nicht zu beanstandenden Auswahlverfahren wurde ein Bewerber für die vakante Leiterfunktion des Ostpreußischen Landesmuseums gefunden. Der Bund und das Land Niedersachen hatten zunächst keine Einwände. Der Arbeitsvertrag wurde genehmigt und unterschrieben. Einen Tag vor Aushändigung des Arbeitsvertrages stoppte der Bund das Verfahren und verlangte wegen vermeintlicher Formfehler beim Auswahlverfahren die Aufhebung der Entscheidung und eine Neuausschreibung der Stelle. Hintergrund ist ein Beschwerdebrief eines unterlegenen Bewerbers, dessen, für uns nicht nachvollziehbare, Argumente plötzlich von Bund und dem Land Niedersachsen als gewichtig angesehen wurden. So wird es wahrscheinlich in Kürze zu einer Neuausschreibung der Stelle kommen.

Der Stiftungsrat hat in seiner Sitzung am 24. Oktober in Ellingen für die nächsten fünf Jahre einen Vorstand für die OKS bestellt, von dem wir sicher sein können, daß er die ostpreußischen Interessen vertritt. Vorsitzender des Vorstandes ist weiterhin der frühere Bundesgeschäftsführer der LO, Wolf Dieter Carl.

Das Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen sorgt glücklicherweise für positive Schlagzeilen. Im Juni hatten wir eine Gesprächsrunde mit bayrischen Behördenvertretern über den Ausbau des Schlosses, um das Kulturzentrum zu erweitern und repräsentativer zu gestalten. Das wurde zugesagt. Am Gespräch haben teilgenommen: Vertreter der Staatskanzlei, des bayrischen Finanzministeriums, des Arbeits- und Sozialministeriums und der bayrischen Verwaltung für Schlösser und Seen. Die ostpreußischen Interessen wurden durch Herrn Freyberg, Herrn Böld und mich eingebracht. In Herrn Freyberg haben wir in seiner Funktion als Leiter des Kulturzentrums einen exzellenten und bewährten Vertreter ostpreußischer Interessen. Seine grenzüberschreitende Kulturarbeit ist, dank der Bereitstellung von Mitteln durch Bayern, beachtlich. Freyberg ist gleichermaßen mit dem Kulturzentrum Ostpreußen in Allenstein, Memel und Königsberg präsent. In Thüringen, nicht weit von der bayrischen Grenze, gibt es den Altvaterturm. Er ist zu einem Mahnmal gegen die Vertreibung der Ost- und Sudetendeutschen entwickelt worden. Da er in der Nähe des Rennsteiges steht, ist die Besucherzahl des Altvaterturmes hoch. Die Landsmannschaft Ostpreußen hat für 5000 Euro im Turm einen Raum für zehn Jahre gemietet und als Erinnerungsstätte an Ostpreußen und Flucht und Vertreibung hergerichtet. Das hatte dankenswerterweise Herr Freyberg übernommen. Im Frühsommer nächsten Jahres wird dort an einem Wochenendtag ein Tag der Ostpreußen stattfinden, an dem ich meine Teilnahme zugesagt habe.

Meine Damen und Herren, der Bundesvorstand hat auf den zunehmenden Kostendruck für die Landsmannschaft Ostpreußen zeitgerecht und angemessen reagiert. Wir haben in den vergangenen Jahren einige Mitarbeiterstellen sozialverträglich abgebaut. Dabei sind wir wohl etwas zu radikal vorgegangen. Wir werden in naher Zukunft eine neue Mitarbeiterin/Mitarbeiter einstellen, damit die Arbeit in der Bundesgeschäftsstelle vernünftig erledigt werden kann. Unabhängig davon ist es unser Ziel, in Ostpreußen ein Büro für die LO zu eröffnen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür sind vorhanden.

Mit einem Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LO und an Sie, verehrte Landsleute, für Ihre Aufmerksamkeit soll dieser Lagebericht enden.

Foto: Ignoriert historische Fakten: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg


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