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06.12.08 / »Knusper, knusper knäuschen ...« / Eine Ausstellung zeigt die uralte und vielseitige Tradition des Lebkuchenbackens in Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 06. Dezember 2008

»Knusper, knusper knäuschen ...«
Eine Ausstellung zeigt die uralte und vielseitige Tradition des Lebkuchenbackens in Europa

Lebkuchen gehören zum Weih-nachtsfest wie der geschmückte Tannenbaum. Eine Ausstellung in Hamburg zeigt die Vielfalt der Formen und Farben dieses traditionellen Gebäcks.

Ungewohnte Düfte ziehen durch die Räume des Museums, Düfte, die man sonst nur auf Jahrmärkten und zur Weihnachtszeit riechen kann. Lebkuchen haben in diesen Wochen das Altonaer Museum in Hamburg erobert. Eine Ausstellung ist diesem Thema gewidmet und präsentiert dem Besucher Köstlichkeiten aus ganz Europa. Regina Meinecke vom Museum hat bei ihren Recherchen Frankreich, Belgien, die Schweiz, Polen, Ungarn, die Slowakei und Österreich bereist, um Informationen und Gebäcke für Ausstellung und Verkauf zu sammeln.

Lebkuchen sind ein Phänomen, das die kulturelle Vielfalt der europäischen Länder zeigt. Und so hat fast jedes Land Europas diese Süßigkeiten in ganz eigenem Stil erzeugt, darunter sind richtige Kunstwerke, die fast zu schade zum Essen sind. Der Museumsbesucher allerdings muß auf das Naschen verzichten, sind doch die Lebkuchen in Vitrinen gut gesichert, „Nur zum Angucken“, bedauert eine kleine Naschkatze. Aber auch das ist ein Erlebnis.

Knusperhäuser und Lebkuchen in jeder Größe und Form lassen staunen. Illustrationen zu dem Märchen „Hänsel und Gretel“, in dem ein Knusperhäuschen eine bedeutende Rolle spielt, aber auch Oblaten, die oftmals zur Verzierung auf Lebkuchen geklebt wurden, erfreuen das Auge.

Große Fotografien verdeutlichen die Herstellung des Gebäcks und seine sorgfältige Verzierung per Hand. Alte Modeln aus Holz und modernere Stechformen aus Blech zeigen, wie die Lebkuchen zu ihrer Form kamen. Auf Schrifttafeln erfährt der Besucher schließlich allerlei Wissenswertes über die regionalen Besonderheiten.

Die farbige Vielfalt ist beeindruckend, aber auch die Kunstfertigkeit, mit der Zuckerguß auf die Herzen und Taler gespritzt wur-de. In der Slowakei sehen die Lebkuchen aus, als wären sie in ein Spitzentüchlein gehüllt – es ist jedoch reinster und feinster Zucker, der sich über das Gebäck zieht. In Ungarn und Kroatien bestechen die Lebkuchen durch ihre knallrote Glasur, während man in Frankreich und den böhmischen Ländern eher schrille, bunte Farben bevorzugt. Im schlesischen Liegnitz beschränkte man sich nicht allein auf Lebkuchenteig. Dort wurde er angereichert mit Marzipan sowie mit kandierten Kirschen und zum Schluß mit einer Schokoladenglasur überzogen. Das Ganze nannte man „Liegnitzer Bombe“, weil es einer Bombe ähnlich sah; heute würde man eher an eine Kalorienbombe denken. Spartanischer muten da schon die Thorner Katharinchen an, die im Geschmack vor allem durch die Gewürze bestechen.

Bei den Formen scheinen der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Herzen stehen ganz oben auf der Hitliste, aber auch Wickelkinder, der Nikolaus und Spielzeug wie Autos, Pferdchen und Kutschen sind zu entdecken. Kein Wunder, denn einerseits wurden die gebackenen Bilder oft über lange Zeit aufbewahrt oder von Kindern als Spielzeug genutzt, andererseits verschenkte man einst nicht nur zur Weihnachtszeit solche Lebkuchen, sondern auch zu besonderen Ereignissen wie etwa zur Hochzeit. Auch heute beschränken sich die Formen nicht allein auf Herzen in allen Größen. Das moderne Design hat selbst vor den Lebkuchen nicht halt gemacht. So sind in der Ausstellung sogar ein Fußballer im Trikot der deutschen Nationalmannschaft zu entdecken oder Pferdeköpfe mit der Aufschrift „CHIO 2008“. Selbst ein Hamburger wurde täuschend echt aus Lebkuchenteig geformt.

In dem ansprechend gestalteten Begleitbuch zur Ausstellung weist Torkild Hinrichsen, Direktor des Altonaer Museums, darauf hin, daß Leb- oder Pfefferkuchen, wie man im Osten Deutschlands sagte, eine der ältesten bis heute hergestellten Gebäcksorten ist. „Ihr europäischer Ursprung liegt ohne Zweifel in der Weitergabe antiker Traditionen an die Kloster- und Burgküchen, die über die nötigen Vorräte an Honig und den zahlreichen verschiedenen Gewürzen verfügten.“ Dennoch seien die Lebkuchen immer noch aktuell, was man zum Beispiel in den USA gut beobachten könne. Dort gebe es sogar Kurse und Wettbewerbe im Erbauen von Knusperhäuschen.        Silke Osman

Die Ausstellung „Im Knusperhaus – Lebkuchen aus ganz Europa“ ist im Altonaer Museum, Museumsstraße, bis 4. Januar von dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 3,50 Euro. Das Begleitbuch zur Ausstellung ist im Husum Verlag erschienen (96 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, brosch., 11, 95 Euro).

Foto: Gebackenes Spielzeug: Verkaufsstand für Lebkuchen aus Lebkuchen


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