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13.12.08 / Den Vertriebenen endlich ihren Wunsch erfüllt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-08 vom 13. Dezember 2008

Moment mal!
Den Vertriebenen endlich ihren Wunsch erfüllt
von Klaus Rainer Röhl

Advent, Advent. Große Bescherung. In der letzten Woche wurden sie gleich dreifach beschert: die Deutschen, die es auch für selbstverständlich halten, zu besonderen Anlässen die deutsche Fahne Schwarz-Rot-Gold zu zeigen, die einst von den deutschen Burschenschaften öffentlich getragen wurde als Symbol für die Einheit Deutschlands, die Konservativen, die es für selbstverständlich halten, daß die Sprache in Deutschland Deutsch ist, und auch die deutschen Vertriebenen. In Bonn wurde im „Haus der Geschichte“ eine Ausstellung vom Bundespräsidenten eröffnet, die die selbstgestellte Frage „Flagge zeigen?“entschieden bejaht. In der CDU fand der Antrag (entgegen dem Votum der Parteivorsitzenden) mehrheitliche Zustimmung, ins Grundgesetz, Artikel 22, neben der Beschreibung der Fahne auch den Satz „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch“ aufzunehmen, und der Bundestag bewilligte eine Dauerausstellung zur Vertreibung. „Endlich“, wie die „Welt“ diese Meldung auf der Titelseite ankündigt. „Ein Erkenntnisgewinn auf Umwegen“ schnörkelt die „FAZ“. Tatsache ist, daß es der zähen und zugleich geschickten Diplomatie der CDU-Abgeordneten und Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, Frau Steinbach, gelungen ist, das Selbstverständliche am Ende durchzusetzen, gegen den Widerstand der Linken im Land, darunter ein nicht unerheblicher Teil der SPD, und einer erbitterten Kampagne in Polen und Tschechien und den von diesen Seiten vorgebrachten Ablenkungsmanövern und Verwässerungsversuchen (alles ins Reine, alles ins Allgemeine: Gedenkstätte in Danzig, Krakau oder sogar in Straßburg) zum Trotz. Auch, damit die Versprechen der Bundeskanzlerin an die vertriebenen Deutschen (Wähler) nicht gebrochen werden, ein sichtbares Zeichen zu setzen, und zwar in Berlin!

Selbstverständlich war das nicht. Bis vor kurzem mußte man bezweifeln ob der Deutsche Bundestag je die Errichtung einer Gedenkstätte für die ermordeten Vertriebenen beschließen würde. Fast die gesamte politische Linke und ein großer Teil der deutschen Publizistik wollten es verhindern. In einer Fernsehdiskussion des Bayerischen Rundfunks stellte ich der Journalistin Lea Rosh einmal die Frage: „Würden Sie auch ein Mahnmal für die mehr als zwei Millionen toten Vertriebenen unterstützen?“ Die Antwort war kurz und kam wie aus der Pistole geschossen: „Nein.“

Glücklicherweise gab es noch andere Positionen. Unter dem Eindruck der massenhaften ethnischen Vertreibung der Kosovo-Albaner war auch bei Sozialdemokraten das Verständnis für das millionenfache Unrecht gewachsen, das die deutschen Vertriebenen erlitten haben. So erklärte Innenminister Otto Schily sich schon vor Jahren bereit, den Plan zu unterstützen, in Berlin ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ zu errichten, für das die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach kämpfte, und der verstorbene SPD Politiker Peter Glotz trat dem Kuratorium der gleichnamigen Stiftung bei. „Nehmen wir ihn jetzt beim Wort“, schrieb ich an dieser Stelle. Ich habe nachgezählt: Achtmal habe ich in dieser Zeitung die CDU und die Kanzlerin an ihr gegebenes Wort erinnert. Ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ in Berlin wäre zugleich eine Gedenkstätte für über zwei Millionen ermordete deutsche Flüchtlinge, die meisten erst nach dem Ende des Krieges bei der Vertreibung umgebracht oder an deren Folgen umgekommen. Wenigstens das. Nicht etwa noch eine gigantomanische Bebauung auf dem Reichstagsgelände. Keine Aufrechnung von Toten gegen andere Tote, unschuldig Ermordeter gegen andere unschuldig Ermordete. Aber ein Beitrag gegen das Vergessen. Eine würdige Stätte der Erinnerung, des Gedenkens – und der Forschung – als die bessere Alternative zu den steinernen und stählernen Monstern, Mahnmalen und „Brandmalen“ (Augstein).

Ganze 63 Jahre lang haben wir die Massenaustreibung der Deutschen aus über einem Viertel ihres Landes kaum thematisieren dürfen, die Trauer über Millionen tote Vertriebene, meist Frauen, Kinder und Greise. Das Erinnern an die deutschen Ostprovinzen war im kommunistischen Osten verboten – in der Bundesrepublik verpönt. Seit 1968 nannte man die Vertriebenen allzu oft Ewiggestrige, wenn nicht Schlimmeres. Über ihre Wünsche nach einer Gedenkstätte und einem „Zentrum gegen die Vertreibung“ glaubte man sich hinwegsetzen zu können.

Nun hat die Kanzlerin den Millionen konservativen, vorwiegend älteren Wählern der Vertriebenen diesen Wunsch erfüllt. Die ständige Ausstellung zum Gedenken an Flucht und Vertreibung im Deutschland-Haus in Berlin wurde am Donnerstagabend im Bundestag beschlossen. Gegen die Stimmen der Linkspartei. Frau Merkel hat Wort gehalten. Sicher nicht uneigennützig, das hat auch niemand von ihr erwartet. Die Vertriebenen sind ja verläßliche Wähler der Union und ein Bollwerk gegen die so gefürchteten „Sonstigen“.

Die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin wird an die politische Macht der CDU/CSU und ihrer möglichen Koalitionspartner gebunden bleiben.

Von den 13 Mitgliedern des Kuratoriums werden drei (darunter Frau Steinbach) Vertriebene sein und außerdem zwei Vertreter der großen Parteien. Sie dürften in naher Zukunft aus Union und SPD stammen. Einen Vertreter schickt das Außenministerium, das Innenministerium, der Kulturstaatsminister, drei weitere die Kirchen und Religionsgemeinschaften, darunter die vergleichsweise winzige jüdische Gemeinde.

Die Gedenkstätte, wie Frau Steinbach und wir Vertriebenen sie wünschen und erkämpft haben, ist also, wenn nicht in ihrem Bestand, dann jedenfalls in ihrem inhaltlichen Profil an die Wiederwahl Frau Merkels beziehungsweise einer anderen Regierung demokratischer Parteien gebunden. Daß es nicht zu der rot-roten Front mit türkischem Grünstich kommt, liegt an uns. Politikern wie dem Grünen-Abgeordneten Christian Stroebele allerdings ist schon die deutsche Nationalflagge zu viel. Die Beflaggung anläßlich der Fußballweltmeisterschaft und anderer Sportereignisse erinnere ihn an „nationale Überbetonung, an nationalistische Tendenzen“. CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder gab seinem Kollegen am Freitag die einzig richtige Antwort: „Herr Stroebele muß sich fragen, warum er in Deutschland im Parlament sitzt und nicht anderswo.“

Wenn es nach Politikern wie Christian Stroebele oder dem Grünenvorsitzenden Cem Özdemir ginge, könnte eines Tages im Grundgesetz stehen: „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch und Türkisch.“ Schon einmal wurde die „deutsche Zunge“ (seit den Zeiten Walthers von der Vogelweide, also 1220, „tiutsche zunge“ gebräuchlich für: „die deutsche Sprache“, in der Verfassung hervorgehoben: Der Zeitpunkt ist bemerkenswert: 1453 wurde das seit Otto dem Großen bestehende „Heilige Römische Reich“ umbenannt in das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“. Bemerkenswert ist der Grund der Umbenennung: Die seit der Eroberung Konstantinopels akut werdende Gefahr einer Eroberung Resteuropas durch die mächtig vordringenden Türken! Ein Schelm, wer dabei an den Ministerpräsidenten Erdogan denkt, der in Köln seine in Deutschland lebenden Landsleute aufrief, sich auf keinen Fall assimilieren zu lassen, weil Assimilierung ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei! Im Februar war das. Vergessen wir das nicht.

Klaus Rainer Röhls Buch „Die verbotene Trauer“ erschien 1998 (3. Auflage) und wird zur Zeit nachgedruckt.


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