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13.12.08 / Jedes Jahr aufs neue eine Überraschung / In Ostpreußen ist der Winter ausgebrochen – Königsbergs Verwaltung tut sich schwer mit den Folgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-08 vom 13. Dezember 2008

Jedes Jahr aufs neue eine Überraschung
In Ostpreußen ist der Winter ausgebrochen – Königsbergs Verwaltung tut sich schwer mit den Folgen

Jahr für Jahr sorgt der Wintereinbruch im Königsberger Gebiet für katastrophale Verhältnisse. Meist kommen Schnee und Kälte früh und überraschend – jedenfalls behaupten dies die Verantwortlichen des städtischen Räum- und Streudienstes.

Auch in diesem Jahr kam der Wintereinbruch im Königsberger Gebiet unerwartet. Die Streudienste zeigten sich völlig unvorbereitet, obwohl die Meteorologen bereits über eine Woche zuvor Schneefall angekündigt hatten. Infolgedessen waren sie in den ersten Stunden nach dem Schneefall auch nicht ausgerückt, was zu zahlreichen Verkehrsunfällen führte. Zwar müssen laut städtischer Verordnung alle wichtigen Straßen innerhalb von sechs Stunden geräumt sein, aber in der Realität dauert es oft bis zu 24 Stunden, ehe der Winterdienst überhaupt ausrückt. Nicht einmal der Gouverneur gelangte unbehindert zur Arbeit.

In einem Gespräch mit dem Minister für die Entwicklung der Infrastruktur im Königsberger Gebiet, Alexander Rolbinow, stellte sich heraus, daß die zuständigen Firmen gar nicht über die notwendige technische Ausrüstung verfügen. Gouverneur Georgij Boos ordnete an, Firmen, die ihrer Räumpflicht nicht nachkommen, mit Geldstrafen zu belegen. Allerdings stellt sich die Frage, warum überhaupt Verträge mit Unternehmen geschlossen wurden, denen die erforderliche Ausrüstung fehlt.

Der Chef der Königsberger Stadtverwaltung Felix Lapin versicherte den Bürgern am ersten Chaoswochenende in diesem Jahr, daß die Wege umgehend kontrolliert und die Straßen gereinigt würden, so daß der Verkehr wieder normal fließen könne. Doch bis zum darauffolgenden Wochenende hatte sich die Lage sogar noch verschlimmert: Der Novemberschnee, den die Räumdienste noch nicht entfernt hatten, war inzwischen überfroren, es hatte sich dickes Glatteis gebildet, das wohl erst im Frühjahr wieder taut. Schneepflüge waren nirgends zu sehen, Salz und Sand wurden nur an wenigen Orten der Stadt gestreut. Mitarbeiter der kommunalen Räumdienste gaben an, daß sie mit aller Macht an der Schneebeseitigung arbeiteten. In Königsberg seien 118 Maschinen und 250 Mitarbeiter der städtischen Firma „Tschistota“ (Sauberkeit) im Einsatz; sie räumten jedoch ein, daß Technik und Personal bei weitem nicht ausreichen.

Doch nicht nur in Königsberg sorgte der Wintereinbruch für Chaos. Im Nationalpark Kurische Nehrung brachte der Schnee den Verkehr zwischen dem russischen und dem litauischen Teil Ostpreußens zeitweise ganz zum Erliegen. Auf dem Straßenabschnitt zwischen Pillkoppen und der litauischen Grenze lag etwa ein halber Meter Schnee. In einigen Orten stürmte es so heftig, daß Bäume auf die Straße stürzten. Die Linienbusse zwischen Memel und Königsberg steckten stundenlang im Schnee­inferno fest.

Diese Szenarien wiederholen sich Jahr für Jahr. Die Menschen sind von der Unfähigkeit der Stadtreinigung entnervt. Anstatt Schnee und Schmutz zu räumen, wird ein Salz-Sand-Gemisch auf den Schnee gestreut. Wenn der Schnee wieder schmilzt, führt dies zu häßlichen Sand- und Schmutzhaufen in den Straßen der Stadt. Schneeberge, die die Räumfahrzeuge auf die Bürgersteige schieben, bleiben dort für lange Zeit liegen. Die Fußgänger haben sich längst daran gewöhnt, durch Schnee- und Dreck­haufen staken zu müssen. Daß dies nicht immer gelingt, beweisen Knochenbrüche und Gehirnerschütterungen, die im Winter doppelt so häufig vorkommen wie zu anderen Jahreszeiten. Allein am ersten Winterwochenende wurden in den Krankenhäusern des Gebiets einige Dutzend Menschen eingeliefert. Eine Besserung ist bislang nicht in Sicht.    Jurij Tschernyschew

Foto: Eiskalt erwischt: Insbesondere die Fußgänger leiden unter den Folgen des Wintereinbruchs.


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