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13.12.08 / Das Ende des Shogunats / Historischer Roman über den Untergang des alten japanischen Herrschaftssystems

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-08 vom 13. Dezember 2008

Das Ende des Shogunats
Historischer Roman über den Untergang des alten japanischen Herrschaftssystems

Die englische Journalistin und Autorin Leslie Downer widmete sich bisher als ausgewiesene Japan-Kennerin mit ihren Büchern der Kultur des fernöstlichen Landes. Insgesamt 15 Jahre hat sie in Japan gelebt. Kürzlich ist ihr erster Unterhaltungsroman mit dem Titel „Die letzte Konkubine“ erschienen. Die Handlung hat die Autorin, wie sollte es anders sein, in das alte Japan verlegt. Sie beginnt kurz vor dem Ende des Shogunats und spielt sich vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen der 1860er Jahre ab. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Japan noch weitgehend seine Abschottung von der übrigen Welt aufrechterhalten. Der Kaiser war nach wie vor machtlos; die Regierungsgewalt wurde vom Militär, genauer vom Shogun als Anführer der Samurai ausgeübt. 1861 wurden auf dessen Veranlassung die ersten Freundschaftsverträge mit Nordamerika und einigen europäischen Mächten geschlossen, darunter Preußen. In den darauf folgenden Jahren, als Hungersnöte und Mißernten grassierten, kam es zu Aufständen gegen die regierende Tokugawa-Familie, angeführt von gegnerischen Territorialfürsten. Nur vordergründig ging es dabei um die Frage der Öffnung zum Westen. Der Bürgerkrieg hatte 1867 den Umsturz des Shogunats zur Folge. Die politische Gewalt gelangte wieder in die Hände des Kaisers. Bereits in den 1870er Jahren begann der Umbau des japanischen Staates nach abendländischem Vorbild.

Sachi, ein zwölfjähriges Mädchen von rätselhafter Herkunft und fremdartiger Schönheit, lebt bei seinen Adoptiveltern in einem Dorf an der Durchgangsstraße, die von Kyoto, der Kaiserresidenz, nach Edo führt, wie Tokio einst hieß. Auf dieser Straße ist Prinzessin Kazu, die Braut des Shoguns Iemochi, mit ihrem Gefolge unterwegs. Sie wird auf Sachi aufmerksam und nimmt das Mädchen mit nach Edo, wo es fortan als rangniedere Hofdame der Prinzessin im Frauenpalast der Burg lebt. Die Frauen sind dort eingeschlossen; Männer haben keinen Zutritt. Wie alle anderen der rund tausend Hofdamen und Kammerfrauen ist Sachi starren Verhaltensregeln unterworfen, die auf einer uralten Hierarchie beruhen. Gemäß der Samuraitradition werden die Frauen in der Kunst des Schwertkampfs unterrichtet. Ihre Aufgabe ist es, den Shogun im Falle eines Angriffs auf den Palast zu verteidigen.

Da die Prinzessin kinderlos bleibt, wird Sachi zur Konkubine für den jungen Shogun ausgewählt. Sie soll den Thronfolger der Tokugawa-Dynastie gebären. Die meisten Frauen aus dem Umkreis der Prinzessin haben den Shogun noch nie zu Gesicht bekommen; für sie ist er eine Art Halbgott.

Doch Sachis Aufstieg zur Ersten Konkubine trägt ihr viel Neid und die erbitterte Feindschaft einiger Burgbewohnerinnen ein. So gerät sie in Gefahr, als der Shogun den Palast verläßt, um sein Heer in die Schlacht zu führen. Nach seiner Rückkehr erkrankt er und stirbt.

Das Shogunat ist zu diesem Zeitpunkt bereits dem Untergang geweiht, das Land in Aufruhr. Für die Frauen in der Burg Edo besteht Lebensgefahr; sie versuchen, sich in Sicherheit bringen. Sachi flüchtet mit ihrer Gefährtin und muß sich in einer Umwelt bewähren, die im Umbruch begriffen ist. Später wird sie auch dem Geheimnis ihrer Herkunft auf die Spur kommen.

Leslie Downers spannendem Roman eilt viel Lob voraus. Der Bertelsmann Verlag hebt ihn als seinen Haupttitel des Herbst / Winter 2008 hervor. Die Autorin räumt in ihrem Buch auf mit der Vorstellung, die sogenannte Meiji-Restauration sei unblutig verlaufen. Sie schreibt: „Ich habe versucht mir vorzustellen, wie es wohl sein mußte, einer der Hunderttausenden auf der Verliererseite gewesen zu sein, und vor allem, was mit den Frauen aus der Burg Edo geschah, nachdem der Frauenpalast aufgelöst wurde.“          Dagmar Jestrzemski

Leslie Downer: „Die letzte Konkubine“, C. Bertelsmann, München 2008, geb., 502 Seiten, 19,95 Euro


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