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20.12.08 / Hoffnung für den Irak / Das neue Sicherheitsabkommen mit den USA eröffnet Chancen – Gewalt hat deutlich abgenommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-08 vom 20. Dezember 2008

Hoffnung für den Irak
Das neue Sicherheitsabkommen mit den USA eröffnet Chancen – Gewalt hat deutlich abgenommen

Vom Irak-Besuch des scheidenden US-Präsidenten George Bush ist vielen nur der spektakuläre Schuhwurf eines irakischen Journalisten in Erinnerung geblieben. Tatsächlich wurde in Bagdad ein Vertrag unterzeichnet, der zur Beendigung des seit nunmehr über fünf Jahren dauernden zweiten Irak-Krieges führen könnte.

Bush selbst verbucht das kürzlich mit der irakischen Regierung abgeschlossene Sicherheitsabkommen als einen späten und erstaunlichen Erfolg seiner Amtszeit. Bei seinem Abschiedsbesuch in Bagdad am vergangenen Sonntag hat der US-Präsident mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri-al-Maliki einen 23seitigen Vertrag unterzeichnet, der den Rück-zug aller ausländischen Kampftruppen bis Ende 2011 vorsieht. Die Lufthoheit soll schon ab Anfang 2009 auf die irakischen Streitkräfte übergehen. Damit würde spätestens in drei Jahren ein militärisches Engagement der USA und ihrer „Koalition der Willigen“ enden, das zuletzt in der amerikanischen und irakischen Bevölkerung gleichermaßen unpopulär war.

Mehrere Länder wie Großbritannien hatten bereits ihre Rückzugspläne angekündigt oder vollzogen. Die Amerikaner hatten ihre Truppenpräsenz dagegen seit dem Januar 2007 um weitere 20000 Soldaten auf zuletzt 150000 erhöht. Diese Strategie hat aber zusammen  mit diplomatischen Anstrengungen zu einer spürbaren Beruhigung im irakischen Bürgerkrieg und Widerstandskampf geführt. Die Zahl der Angriffe auf US-Truppen verringerte sich laut US-Medien von 1500 pro Woche im Juni 2007 auf unter 300. Auch das Ausbleiben von (schlechten) Nachrichten aus dem Irakkrieg in deutschen Medien belegt die deutliche Verbesserung der Sicherheitslage.

Ursache dieses Erfolges ist vor allem die geänderte Strategie des neuen US-Verteidigungsministers Robert Gates. Der Nachfolger des glücklosen Donald Rumsfeld, der Präsident Bush bei seinem Irak-Besuch begleitete, erklärte: „Was unseren Einsatz im Irak angeht, so befinden wir uns, glaube ich, im Endspiel.“ Wie lange dieses Endspiel dauern wird, weiß derzeit aber noch keiner. Fest steht, daß Gates auch unter dem neuen Präsidenten Barack Obama Verteidigungsminister bleibt. Das gilt auch als Anerkennung seiner Strategie im Irak und generell im Nahen Osten.

Zu dieser Strategie gehört eine differenzierte Betrachtung der Konfliktlage im Irak. In dieser traditionellen Stammesgesellschaft mit ihren hierarchischen Strukturen und miteinander konkurrierenden Gruppen und Stämmen wurden Konflikte in der Geschichte oft gewalttätig ausgetragen. Nur grausame Diktatoren wie zuletzt Saddam Hussein scheinen dieses Gewaltpotential in Schach halten zu können. Zu dieser ohenhin schwierigen Ausgangslage gesellten sich in den letzten Jahren ausländische Al-Kaida-Terroristen, Widerstandsgruppen gegen die Amerikaner, Anhänger des vormaligen Diktators und der sozialistischen Baath-Partei sowie religiöse Sekten wie die um den Schiitenführer Muqtada-al-Sadr. Den Amerikanern gelang es erst in den letzten zwei Jahren, zusammen mit dem irakischen Militär und zivilen Behörden gezielt auf diese verschiedenen Konfliktgruppen einzuwirken und Gewaltkriminalität, Terroranschläge sowie Widerstands- und Kriegshandlungen effektiver zu bekämpfen. Zu diesem Paket gehörten auch diplomatische Anstrengungen im Hintergrund – in diesem Jahr am Rückgang der Explosionen der vom Iran gelieferten Bodenminen zu erkennen.

Bei den zähen Verhandlungen um das Sicherheitsabkommen im irakischen Parlament, bei denen es teilweise zuging wie auf einem Basar, votierten zuletzt nur noch die 33 Abgeordneten des Schiitenführers al-Sadr gegen den Vertrag. Dem irakischen und schiitischen Ministerpräsidenten Al-Maliki gelang es, auch den sunnitischen Block zu einer Ja-Stimme zu bewegen. Die Sunniten setzten sich mit ihrer Forderung nach einer Volksabstimmung über das Sicherheitsabkommen im Juli 2009 durch. Bis dahin sollen sich alle ausländischen Kampftruppen aus den Städten zurückgezogen haben.

Mit dem Sicherheits- und Abzugsabkommen ist schon vor Antritt des neuen US-Präsidenten eine wesentliche Forderung aus dessen Wahlkampf erfüllt. Der scheidende Regent im Weißen Haus und Oberbefehlshaber der US-Truppen, der wegen der letzten Monate seiner Amtszeit gerne als lahme Ente („lame duck“) tituliert wird, hinterläßt seinem Nachfolger im Irak keinesfalls ein Chaos, wie viele politische Beobachter es prophezeit hatten.

Auch wenn ein Reporter des Fernsehsenders Al Baghadija bei der Pressekonferenz in Bagdad als Zeichen seiner Verachtung einen Schuh nach Präsident Bush warf, ändert dies nichts an der nunmehr bestehenden Perspektive. Die designierte amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hatte im Wahlkampf erklärt: „Den Krieg im Irak zu beenden ist der erste Schritt, um die Führungsrolle Amerikas in der Welt wiederherzustellen.“

Bis es soweit ist, dürfte allerdings noch viel Wasser den Euphrat und Tigris hinunterfließen. Schon jetzt sorgen Details, wie die Besetzung der amerikanisch-irakischen Kommission, die Truppeneinsätze koordinieren soll, und die konkrete Definition der Rückzugsmodalitäten für neue Diskussionen. Gewonnen an Autorität und Zustimmung in der Bevölkerung haben in dem Verhandlungsmarathon der vergangenen Monate das irakische Parlament und Ministerpräsident Al-Maliki.          H. E. Bues

Foto: Schadenfreude in der arabischen Welt: Der Schuhwurf auf Bush traf im Irak auf große Zustimmung.


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