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20.12.08 / Warten auf Obama / Angela Merkel hat mit einem zweiten Konjunkturpaket immer noch keine Eile – Tauziehen in der Union

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-08 vom 20. Dezember 2008

Warten auf Obama
Angela Merkel hat mit einem zweiten Konjunkturpaket immer noch keine Eile – Tauziehen in der Union

Die Große Koalition schlingert auf ein zweites Konjunkturpaket zu, das allerdings noch mindestens bis zum 20. Januar auf sich warten läßt. Da tritt Barack Obama sein Amt als US-Präsident an – und die Bundesregierung läßt dem neuen Mann am Potomac den Vortritt. Es sei wichtig zu wissen, wie die größte Volkswirtschaft der Welt die Krise bekämpft.

Eckpunkte könnten allerdings schon beim sogannten „Punschplausch“ der Koalitionsrunde am 5. Januar festgezurrt werden. Zwei oder drei Tage zuvor wollen die Finanz-, Haushalts- und Spitzenpolitiker der Union eine gemeinsame Linie finden, damit man sich nicht vor den Augen der SPD streiten muß. Die CSU hatte eine solche Einigung im Vorfeld zur Bedingung dafür gemacht, daß ihre Vertreter am 5. Januar überhaupt erscheinen. Beim Expertengipfel im Kanzleramt kam indes nur eine vage Zusage heraus, daß die Firmen ihr Bestes tun werden, das Krisenjahr 2009 ohne betriebsbedingte Kündigungen zu überstehen.

Dabei ist auffällig, wie alle Beteiligten in Berlin weiterhin das Wort „Konjunkturprogramm“ meiden – wie schon beim ersten Paket im Umfang von rechnerisch 32 Milliarden Euro, bei dem aber viele ältere Maßnahmen wie das höhere Kindergeld nochmals mit eingerechnet wurden.

Das neue Paket zu Beginn des Wahljahres 2009 könnte ein buntes Wünsch-dir-was der drei Koalitionsparteien werden. So sollen voraussichtlich die Konsumgutscheine der SPD-Linken in abgespeckter Form genauso drin sein – nämlich nur für Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener – wie längst überfällige Investitionen in die Infrastruktur: Von maroden Schulhäusern, in denen es teilweise durchs Dach regnet, und die wegen undichter Fenster vor allem die Atmosphäre beheizen, bis zu nötigen Straßen und Schienenwegen. Hier dürfte es Transferzahlungen vom Bund an Länder und Kommunen geben; aber auch die Bundesverkehrswege sind seit Jahren unterfinanziert.

Als kleines Zuckerl an die bayerische Unionsschwester CSU dürfte auch eine Steuererleichterung drin sein – und zwar geht es um den steuerlichen „Mittelstandsbauch“, was den Kabarettisten mit Blick auf die Weihnachts- und Sylvesterzeit willkommene Vorlagen für Pointen liefern dürfte. In der Tat schultern die mittleren Einkommen – die Leistungsträger der Volkswirtschaft – gewaltige Steuerlasten: Ein Arbeit-nehmer mit 52152 Euro Bruttojahresverdienst – bei 13 Monatsgehältern sind das gut 4000 Euro – zahlt heute bereits den Spitzensteuersatz (!) von 42 Prozent. Diese bürgerliche Mittelschicht war bei allen Steuermaßnahmen seit dem Amtsantritt von Rot-Grün 1998 der Verlierer. Hier sind Entlastungen überfällig, und wären darüberhinaus ein guter Konjunkturanreiz.

Auf Wunsch des Duos Mer-kel/Steinbrück kommt es aber nicht zu einer umfassenden und allseits spürbaren Steuerreform – nach dem CDU-Parteitagsbeschluß von Stuttgart dürfen die jetzigen Erleichterungen nur ein Appetithappen sein für eine Steuerreform nach der Bundestagswahl, also praktisch erst 2010. Geradezu widersinnig ist das, wenn der Schwerpunkt der Krise 2009 stattfindet: Nach allen Konjunkturprognosen kommt es zum schlimmsten Abschwung seit dem Zweiten Weltkrieg, und die CDU bittet um Geduld bis nach der Wahl. Sogar das Wirtschaftsministerium rechnet nun mit drei Prozent Minus und einer halben Million mehr Arbeitslosen.

Ein weiterer Gedanke ist interessant: Diese kleine Steuererleichterung ist nach Überzeugung ihrer Befürworter die einzige derzeit diskutierte Maßnahme, die ordnungspolitisch sinnvoll ist, weil sie die bürgerliche Freiheit stärkt und den Menschen mehr von ihrem Erarbeiteten in der Tasche läßt. Alle anderen Pläne, vor allem die Konsumschecks, sind im Effekt staatlich finanzierte Strohfeuer, müssen in Form von Staatsschulden finanziert werden, blähen den Haushalt auf, erhöhen die Staatsquote und fallen den Bürgern und der Wirtschaft in Form von höheren Steuern bald wieder auf die Füße.

Weitere Maßnahmen, die eher liberale Wirtschaftsexperten fordern und die teilweise in anderen EU-Ländern umgesetzt werden – etwa eine spürbare Mehrwertsteuersenkung oder die Abschaffung des Solidaritätszuschlages – werden von Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück kategorisch ins Reich der Träume verwiesen.

Wahltaktisch kommt die Krise der Regierung sogar einigermaßen zupaß: In der Krise schauen die Menschen auf die Regierung, diese kann durch Handeln brillieren, und selbst zurückhaltende Schritte sind immerhin etwas. Die Menschen neigen in der Krise außerdem zu rationalem Wahlverhalten – Protest-Experimente leistet man sich kaum, wenn der eigene Arbeitsplatz auf dem Spiel steht. Die Opposition kann nur mäkeln und im Idealfall eigene Konzepte dagegenstellen. Allzu ätzende Kritik könnte indes als defätistisch aufgefaßt werden.

Das ist einer der Gründe dafür, daß sich die sozialistischen Chef-Agitatoren Gregor Gysi und

Oskar Lafontaine derzeit auffällig zurückhalten. Interessante Umfrage-Zahlen widerlegen dabei eindrucksvoll die marxistische Verelendungstheorie: Entgegen der Erwartungen der Linksromantiker radikalisiert sich die in ihrem Wohlstand gefährdete Masse der Werktätigen derzeit gerade nicht. Laut Forschungsgruppe Wahlen rutschte die Linkspartei bundesweit zuletzt auf zehn Prozent ab, noch im Sommer lagen die SED-Nachfolger bundesweit bei 14 Prozent: ein kleiner Hoffnungsschimmer in diesem Winter der schlechten Nachrichten.

Anton Heinrich

Foto: Die USA sollen voranschreiten: Merkel setzt auf neue Ideen von Barack Obama.


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