© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-08 vom 20. Dezember 2008

Vermessung einer Krise
Glos befürchtet minus drei Prozent – Flaute bis 2010?

Mit seiner jüngsten Warnung, die deutsche Wirtschaftsleistung könnte 2009 um drastische drei Prozent zurückgehen, hat sich das Haus von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos mit an die Spitze der Pessimisten gesetzt. Nur der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hatte zuvor eine Schrumpfung von vier Prozent angedeutet und damit alle übertroffen. Walter sagte jedoch, daß die Wahrscheinlichkeit für diesen Fall lediglich bei 30 Prozent liege.

Überhaupt mischten sich in den vergangenen Tagen differenziertere Betrachtungen in die ansonsten immer dunkler werdenden Vorhersagen. So gibt sich der deutsche Maschinenbau sogar vorsichtig optimistisch für 2009. Der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA, Hannes Hesse, sagte, derzeit verfügten die Betriebe noch über ein Auftragspolster von durchschnittlich 6,2 Monaten.

Hesses Prognose ist indes auch nicht ungetrübt. So seien die Auftragsbestände sehr unterschiedlich verteilt: Hersteller von Bau-, Druck-, Textil- und Werkzeugmaschinen sind laut Hesse bereits tief im Minus. Produzenten der Bereiche Verfahrenstechnik, Landmaschinen, Energietechnik und Walzwerke verbuchten hingegen Zuwachsraten im zweistelligen Bereich. Allerdings drohe die Gefahr, daß bereits eingegangenen Aufträge womöglich noch storniert würden, so Hesse.

In der Autoindustrie stehen alle Zeichen auf Talfahrt: Im Oktober und November verzeichneten die Kfz-Bauer teilweise heftige Einbrüche bei den Neuzulassungen in Deutschland. An der Spitze verlor Opel (27 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum), gefolgt von Porsche (-20), VW (-12), BMW (-11), Mercedes (-8), Ford und Audi (-1).

Die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro warnt, die Flaute werde länger anhalten als manche hoffen. Für Anfang 2009 rechnet sie mit weiteren schlechten Nachrichten, vor allem vom Export. Die Krise werde zwar nicht so tief, wie jetzt vom Wirtschaftsministerium prognostiziert. Aber sie werde sich vermutlich bis 2010 hinziehen.

Zunehmend Sorge bereitet den Unternehmen die Kreditklemme. Nach einer Umfrage des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) klagt bereits ein Drittel der Unternehmen über Schwierigkeiten, an Kredite zu kommen. Dies betrifft laut der Untersuchung vor allem größere Kredite ab 80 Millionen Euro. Kleine Unternehmen, die sich geringere Beträge bei der ihnen oft seit Jahrzehnten bekannten Sparkasse leihen, geben sich ganz überwiegend noch zufrieden mit der Kreditvergabe der Geldhäuser.

Eine Horrorzahl zur Arbeitslosigkeit warf der Chefvolkswirt der deutschen Goldman Sachs, Dirk Schumacher, in die Runde: Er hält die Zahl von drei Millionen zusätzlichen Erwerbslosen Ende 2010 für denkbar. Die OECD geht bislang von einem Zuwachs von 700000 aus. H.H.