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20.12.08 / Ihr fremdes Herz / Mädchen will überleben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-08 vom 20. Dezember 2008

Ihr fremdes Herz
Mädchen will überleben

Was tut eigentlich unser Herz? Alberne Frage werden Sie jetzt vielleicht denken – es schlägt, und das jeden Tag, jede Stunde, jede Minute ohne Unterlaß unser Leben lang. Ein gesundes starkes Herz ist der Grundstein für ein langes gesundes Leben.

Die Französin Aline Feuvrier-Boulanger berichtet in ihrem Buch „Mein Herz, das schlägt, gehört nicht mir“ von ihrem Schicksal, das sie aufgrund einer Erbkrankheit eben nicht mit einem gesunden Herzen gesegnet war. Sie litt an einer Vergrößerung der linken Herzkammer, welche aufgrund der sichtbaren Deformierung des Herzens im Volksmund auch als „Holzschuhherz“ bekannt ist.

Mit voranschreitendem Alter lasteten jedoch nicht nur die immer gravierenderen gesundheitlichen Einschränkungen, sondern auch das Wissen, daß ihr Vater und Großvater an besagtem „Holzschuhherzen“ gestorben sind, schwer auf ihren jungen Schultern.

„Mein Vater war Angestellter in einem großen Kaufhaus, wo er für eine Abteilung zuständig war – bis zu jenem Tag im Jahr 1989, als die Krankheit mit einem Schlag ausbrach … Die Untersuchung seines Herzens führte dazu, daß er ins Krankenhaus kam. Nachdem man verschiedene medikamentöse Behandlungen ausprobiert hatte, ohne irgendein Ergebnis zu erzielen, befiel meine Mutter der Verdacht, daß ihr Ehemann als Versuchskaninchen dienen könnte, und sie wollte ihn nach Paris verlegen lassen … Leider war es da schon zu spät. … Am Ende sollte mein Vater zwar noch transplantiert werden, aber da war es zu spät: Die lebenswichtigen Organe waren schon zu sehr geschwächt. Er lag mit geöffneter Brust in seinem Bett, aber dieses künstliche Herz konnte ihm nicht mehr helfen. Sein Organismus hatte sich im Kampf gegen den unbekannten Feind verbraucht. Nach vier qualvollen Monaten ist er gestorben. Da war ich drei Jahre alt.“

Wie es in Aline ausgesehen haben mag in Anbetracht des Wissens um das Schicksal ihres Vaters und der Tatsache, an der selben Krankheit zu leiden, sowie des sicheren Gefühls, körperlich immer schwächer und schwächer zu werden, kann wohl niemand nachempfinden. Die zahllosen durchwachten Nächte, immer in der Angst, nach dem Einschlafen nie wieder aufzuwachen, das ängstliche Hineinhorchen in sich selbst, ob das Herz noch schlägt, welche Worte können dieser Angst und diesem Grauen gerecht werden?

Als Aline 18 Jahre alt war, hörte ihr krankes, schwaches Herz eines Tages tatsächlich auf zu schlagen. Zum Glück geschah dies in einem Krankenhaus und nicht irgendwo auf der Straße, wo niemand dem Mädchen sofort hätte zu Hilfe eilen können. Durch eine Not-OP an ein Kunstherz angeschlossen, ereilte sie nach nur einer Nacht die frohe Botschaft, daß ein Spenderherz zur Transplantation bereitstehe.

Heute ist Aline 21, ihr neues Herz leistet hervorragenden Dienst, und dank dieses neuen Herzens kann sie uns ihre tief erschütternde und berührende Geschichte erzählen. Und auch wenn die stark emotionsgeprägte Erzählung zu Beginn zum Teil sehr beklemmend ist, um so mehr erleichtert den Leser das glückliche Ende. „Mein Herz, das schlägt, gehört mir nicht“ ist ein bewegendes Buch, das den Leser auch für das Thema Organspende sensibilisiert, für das sich Aline Feuvrier-Boulanger heute so überzeugt einsetzt.   A. Ney

Aline Feuvrier-Boulanger: „Mein Herz, das schlägt, gehört mir nicht“, Ehrenwirth, Bergisch Gladbach 2008, geb, 173 Seiten, 14,95 Euro


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