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20.12.08 / Im Spiegel der Medien / Adventsseminar der Ostpreußischen Familie im Zeichen von »Flucht und Vertreibung«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-08 vom 20. Dezember 2008

Im Spiegel der Medien
Adventsseminar der Ostpreußischen Familie im Zeichen von »Flucht und Vertreibung«

Es schien eine unendliche Geschichte zu werden, aber dann fand sie doch ein glückliches Ende: das Advents-Seminar der Ostpreußischen Familie „Flucht und Vertreibung im Spiegel der Medien“ konnte trotz anfänglicher Schwierigkeiten realisiert werden.

Die waren auch während der weiteren Planung immer wieder aufgetaucht und machten die Programmgestaltung schwer, weil sich vor allem durch neue, das Kernthema betreffende Fernsehsendungen laufend Terminänderungen ergaben. Da es ein viertägiges Symposium sein sollte, um die Fülle von historischem und aktuellem Stoff bewältigen zu können, zeigte sich dann Ende November endlich Licht im Tunnel: Im voll belegten Ostheim in Bad Pyrmont fanden sich alte und neue Freunde der Ostpreußischen Familie zusammen, um unter der Leitung von Ruth Geede das Ergebnis der langen Vorbereitung erleben zu können. Und das war erfreulich und mündete in dem schriftlichen Bekenntnis eines Teilnehmers: Es war ein wunderbares Seminar!

Genau ein Jahr zuvor hatte es ein „Zwischenseminar“ gegeben, da der Fernseh-Zweiteiler „Die Flucht“, der alle Zuhörerrekorde gebrochen hatte, den Einstieg in das Thema bot und gerade die Vertriebenen zur Diskussion und Aufarbeitung des eigenen Erlebens angeregt hatte. So brauchte der Film diesmal nicht in seiner vollen Länge gezeigt zu werden, lediglich ein Ausschnitt, der zur TV-Dokumentation „Die Flucht der Frauen“ überleitete, in dem Anita Motzkus ihre Erlebnisse schildert. Sie hatte schon bei dem Spielfilm während der Aufnahmen in Litauen beratend mitgewirkt, konnte so über die Dreharbeiten an beiden Produktionen berichten. Und nicht nur das: Da Anita Motzkus als Fünfjährige mit ihrer kleinen Schwester auf dem elterlichen Hof in Schönlinde, Kreis Gerdauen, allein zurückgeblieben und drei Jahre lang bettelnd durch Litauen gezogen war, konnte sie sich in ein weiteres Thema des Symposium einbringen, „Die Wolfskinder“. Diese gravierendsten Eindrücke ihrer Kindheit bewegen sie heute, den noch in Litauen verbliebenen, als elternlose Kinder aus ihrer ostpreußischen Heimat dorthin geflüchteten Landsleuten zu helfen. Anita Motzkus betreut mit ihrem Heimatkreis Gerdauen 20 der noch etwa 95 lebenden „Wolfskinder“, die –  als nachgewiesene ehemalige Waisen! – endlich vom litauischen Staat eine Minimalrente von knapp 70 Euro bekommen. Aber auch die litauischen Medien nehmen sich jetzt dieses Problems an. Auf dem kürzlich in Berlin stattgefundenen Treffen in der litauischen Botschaft las der Schauspieler Herbert Tennigkeit einige packende Sequenzen aus dem Drehbuch zu einem Spielfilm über die „Wolfskinder“,  der in Litauen gedreht wird. Diese Originalpassagen konnte er nun auf unserem Symposium vortragen. Und es herrschte auch hier im Saal die „lautlose Stille“, die dem Schauspieler in einem persönlichen Dankesschreiben des Botschafters bescheinigt wird.

„Im Spiegel der Medien“ lautete ja der Titel des Symposiums. Und so durften auch in dem Programmteil „Die Flucht über See“ Ausschnitte aus dem ZDF-Zweiteiler „Die Gustloff“ nicht fehlen, zu dem Ruth Geede als Moderatorin eigene Erfahrungen mit einbrachte. Sie hatte den Schauspieler Detlev Buck, der den memelländischen Funker spielte, beraten und wirkte auch in einem Spiegel-TV-Special „Flucht über die Ostsee“ mit, das weitaus realistischer und sensibler dieses Thema behandelte. Das machte dieses Symposium so lebendig: Daß Mitwirkende, die in den Filmen zu sehen waren, ihre Eindrücke und Erfahrungen anschließend persönlich vermitteln konnten. Wie auch Hans Graf zu Dohnau, der in der kürzlich gesendeten Dokumentation „Damals in Ostpreußen“ mitwirkte und nun auf dem Symposium über die Geschichte des ostpreußischen Adels und dessen Bedeutung in der deutschen und europäischen Geschichte sprach. Daß er auch liebevolle Erinnerungen an sein Elternhaus, das Schloß Waldburg bei Königsberg, einbrachte, beeindruckte besonders seine Zuhörer.

Der Tierfilmer und Buchautor Henry Makowsky hatte zwar keinen seiner Filme – für die er schon früh die Goldene Kamera bekam – mitgebracht, aber Dias in solcher Fülle, daß er mühelos ein ganzes Abendprogramm gestalten konnte. Mit dem Vortrag über seinen alten Freund und Weggefährten aus den ersten Nachkriegsjahren in der Lüneburger Heide, den ostpreußischen Tiermaler Jürgen Freiherr von Wolff, fächerte er das künstlerische Schaffen des „Elchbarons“ auf, wie der sensible Künstler wegen seiner unzähligen Elchbilder genannt wurde. Als er dann den Ruf an den Hof des Kaisers Haile Selass in Addis Abeba bekam, malte er fast nur noch Löwen, denn der Negus nannte sich ja „Löwe von Juda“. Ein Abend, der ein fast unbekanntes Kulturschaffen so eingehend und lebendig beleuchtete, daß es kein Ende zu geben schien Und das kann auch für den zweiten Abend gelten, der in den Advent einführte. Ingrid Labuhn, die als Sängerin schon viele Veranstaltungen im Ostheim bereicherte, hatte weitere Mitwirkende vom Chemnitzer „Kulturkreis Simon Dach“ mitgebracht. Ein kleines Kammerorchester und Solisten hoben diesen Abend kulturell weit über ein adventliches Beisammensein hinaus, es wurde eine künstlerisch gestaltete Feier, zu der Ruth Geede und Herbert Tennigkeit mit heimatlichen Weihnachtsgeschichten beitrugen. Und daß es dann doch „froh ostpreußisch“ – wie Ringelnatz einmal die ostpreußische Lust am Feiern apostrophierte – wurde, lag nicht zuletzt an der liebevollen Betreuung durch das Ehepaar Winkler, die während des viertägigen Symposiums immer spürbar war. Den Abschluß  am Sonntag bestritt der ehemalige Chefredakteur der PAZ / Das Ostpreußenblatt, Klaus D. Voss, der eigentliche „Urvater“ dieses Symposiums, der über „Flucht und Vertreibung“ in der heutigen Medienlandschaft und die Auflösung von Dogmen in der europäische Wissenschaft sprach, die hoffen läßt. Er wies auf den „Appell von Blois“ hin, in dem Freiheit für die Wissenschaft und damit Freiheit für die Historie gefordert wird. Damit endlich der Rahmen gesprengt wird, der bestimmt, an was man sich erinnern darf und an was nicht! So ähnlich hatte es auch Horst Potz, der in seinen auf eigener Erfahrung basierenden Vorträgen in Schulen mit so großem Erfolg spricht, daß er jetzt mit dem Niedersächsischen Verdienstorden geehrt wurde, in seinem Referat ausgeführt: „Wir sind aus unserer eigenen Geschichte vertrieben. Die Zeit ist reif, daß sich das ändert!“

Foto: Zogen die „Familie“ in ihren Bann: Ruth Geede und Herbert Tennigkeit


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