26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.12.08 / Ein untergegangenes Paradies der Pferde / Preußens Hauptgestüt Trakehnen war eine Hochburg der Zucht edler Militär-und Reitrosse

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-08 vom 20. Dezember 2008

Ein untergegangenes Paradies der Pferde
Preußens Hauptgestüt Trakehnen war eine Hochburg der Zucht edler Militär-und Reitrosse

Jeder Pferdeliebhaber und Naturfreund hat schon einmal etwas von dem ruhmreichen preußischen Hauptgestüt Trakehnen und seinen edlen Pferden mit der Elchschaufel gehört. Trakehnen entwickelte sich zu einer Hochburg der Zucht edler Militär- und Reitpferde, die hohe Wertschätzung genossen.

Am Anfang Trakehnens stand eine mutige Vision. König Friedrich Wilhelm I. faßte den Entschluß, in dem kleinen Ort Trakehnen und der damals nur schwer zugänglichen Wildnis ein Zentrum der Pferdezucht gänzlich neu einzurichten. Hier sollte der Grundstock für die fortan im eigenen Land zu züchtenden Soldatenpferde gelegt werden. Gleichzeitig wurden Neuansiedler aus Mitteleuropa, vor allen die Salzburger Protestanten, in Ostpreußen willkommen geheißen. Die umfangreichen Entwässerungs- und Rodungsarbeiten, an denen 600 Soldaten beteiligt waren, nahmen mehr als sieben Jahre in Anspruch. Im Jahr 1732 – diese Jahreszahl ziert heute noch als Gründungsjahr den Torbogen des Trakehner Tores – konnten die preußischen Gestütsabteilungen in dem „Stutamte Trakehnen“ zusammengeführt werden.

Was macht den Mythos Trakehnens aus?

Diejenigen, die sich besonders von dem reinen Naturerlebnis Trakehnens angezogen fühlten, haben Bilder wie diese vor Augen: die kilometerlangen Eichenalleen, die friedlich grasenden Stutenherden mit ihren Fohlen auf den riesigen Weideflächen der einzelnen Vorwerke, die prächtigen Parkanlagen mit den gepflegten Hecken und Wegen oder die Sommerresidenzen (Paddocks) der Hauptbeschäler (Vatertiere).

Menschen, die sich der Hippologie verschrieben haben, bekommen immer noch glänzende Augen, wenn solche namhaften Hauptbeschäler, wie Morgenstrahl, Dampfroß, Tempelhüter und Pythagoras genannt werden. Sie verkörperten schon damals den Prototyp des modernen und edelsten Reitpferdes weltweit.

Züchterische Selektion nach Leistung: Hier wurden die jungen Hengste und Stuten erstmalig im Jagdfeld hinter der Meute auf Herz und Nieren geprüft. Es war der Jagdstall, der den Trakehnern den Weltruf als harte Leistungspferde verschafft hat. Nur Pferde mit hoher Leistungsbereitschaft und gutem Charakter wurden zur Zucht zugelassen. Diese Art der Selektion war für die deutsche Pferdezucht revolutionär.

Trakehnen war wirklich das Paradies der Pferde – ein optimales Zusammenwirken von anrührender und zugleich fruchtbarer Landschaft, Großzügigkeit der Gestütsanlage, hohem züchterischen Können und perfekter Harmonie von Pferd und Gestütspersonal. Trakehnen hatte Vorbildfunktion, von dort gingen entscheidende Impulse für die gesamte Pferdezucht in Ostpreußen aus.

Am 17. Oktober 1944, als 800 Trakehner Pferde, ihre Betreuer und die örtliche Bevölkerung sich vor der immer näher herankommenden Kriegsfront auf die Flucht ins Ungewisse, gen Westen, begaben, fand die glor- und traditionsreiche Pferdezucht in Trakehnen und in Ostpreußen ein jähes Ende. Gottlob hat das Pferd Trakehner Abstammung, obgleich es kriegsbedingt in viele Länder verstreut worden war, durch das züchterische Engagement seiner Liebhaber wieder vielerorts Fuß fassen können.

Trakehnen liegt heute im unter russischer Souveränität stehenden Teil Ostpreußens und trägt die offizielle Ortsbezeichnung „Jasnaja Poljana“ – so hieß auch das Landgut des großen russischen Schriftstellers Leo Tolstoi. Auf den weitläufigen Wiesen und Weiden Trakehnens grasen heute keine Pferde mehr. Kriegsbedingt ist nur wenig von dem, was die Größe, den Glanz und die Einmaligkeit jenes Paradestücks der Preußischen Gestütsverwaltung ausmachte, übriggeblieben. Aus der ehemaligen Sowchose in Jasnaja Poljana war nach der politischen Wende eine Agrargenossenschaft entstanden. Deren Rindviehbestände waren in den noch teilweise vorhandenen, aber baufälligen ehemaligen Stuten- und Fohlenställen untergebracht. Die nicht mehr intakten Dränagen und Grabensysteme haben im Zeitablauf aus den ehemaligen fruchtbaren Weiden, Wiesen und Äckern großflächige Feuchtbiotope und Brachflächen entstehen lassen. Die am Bahnhof Trakehnen beginnende fast sechs Kilometer lange und mit alten knorrigen Eichen be­stück­te Allee hat die Zeit überdauert.

Welch’ Wunder: Der legendäre Gasthof Elch war als Lagergebäude unversehrt geblieben, ebenso die ehemalige Apotheke, die später zum Gasthaus umfunktioniert worden war. Auch das Trakehner Tor und das Trakehner Schloß, deutlich gezeichnet durch den Zahn der Zeit, waren heil geblieben.

Im Trakehner Schloß – es war bereits 1790 erbaut worden - haben zwölf Landstallmeister residiert. Von dort aus haben sie die Geschicke jenes Paradieses der Pferde geleitet. Nun ist schon seit einigen Jahrzehnten in diesem Gebäude sowie dem ehemaligen Reitburschenhaus eine russische Grund- und Realschule beheimatet.

Im April 1993 kam es auf Initiative des in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Trakehner Verbandes sowie der Kreisgemeinschaft Ebenrode/Stallupönen zur Gründung des Vereins der Freunde und Förderer des ehemaligen Hauptgestüts Trakehnen e. V. Die maßgeblichen Initiatoren waren Dietrich v. Lenski und Klaus Hagen, beide stammen aus Ostpreußen. Den Gründungsmitgliedern ging es nicht nur um die bauliche Restaurierung des ehemaligen Trakehner Schlosses und des Reitburschenhauses, sondern auch um humanitäre Unterstützung für die in Trakehnen lebenden Menschen. Einen guten Ansatzpunkt hierfür bot die regionale Haupt- und Mittelschule mit ihren etwa 200 Schülern.

Sehr schnell entwickelte sich zwischen der russischen Seite und dem Trakehnenverein ein vertrauensvolles Klima guter Zusammenarbeit.

So konnte der Förderverein unter Einsatz von Spendengeldern seiner Mitglieder gemeinsam mit der Schulleitung wichtige bauliche Sanierungsarbeiten durchführen. Zunächst wurden die Grundmauern trockengelegt, neue Fenster eingesetzt, die Fassaden restauriert und die Toiletten modernisiert. In den letzten drei Jahren konnten die Dächer auf dem Landstallmeisterhaus und dessen beiden Seitenflügel total erneuert werden. In ähnlicher Weise wurde bei der Sanierung des Reitburschenhauses vorgegangen. Die Identifikation des Lehrerkollegiums und der Schülerschaft mit dem historischen Erbe ist bewundernswert. So ist auf Anregung und mit Unterstützung des Trakehnenvereins ein kleines Museum im Hauptgebäude entstanden, das den Besuchern Ausblicke in die ruhmreiche Vergangenheit gewährt. Das Trakehner Schloß erscheint wieder in neuem Glanz. Dafür sind das Lehrerkollegium, die Schüler und deren Eltern dem Trakehnenverein überaus dankbar. Sie möchten die guten Kontakte zu den Deutschen nicht mehr missen.

Auch hat bereits zehnmal ein deutsch-russischer Schüleraustausch stattgefunden. Partnerschule in der Bundesrepublik Deutschland ist die Realschule in Walsrode. Uneigennützige Hilfe zugunsten der in Trakehnen lebenden Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ist das Hauptanliegen des Fördervereins. Erfreulich ist, daß an der dortigen russischen Schule auch Deutschunterricht erteilt wird.

Im Jahr 2007 wurde auf Einladung der Schulleitung und unter Beteiligung des Trakehnenvereins in Trakehnen erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg wieder das Gründungsjubiläum des ehemaligen ruhmreichen Hauptgestüts gefeiert. Zur Festveranstaltung waren mehr als 120 Gäste aus ganz Europa gekommen.

Ein erstes Fazit: In einem ersten Schritt dürfte es gelungen sein, zwei symbolträchtige Gebäude der traditionsreichen Gestütsanlage Trakehnens, das Landstallmeisterhaus und das Reitburschenhaus, der Nachwelt zu erhalten. Ohne großzügige Einzelspenden und Zuwendungen wäre jener bauliche Kraftakt nicht möglich gewesen. Dennoch sind im Inneren der Gebäude noch umfangreiche Reparaturen durchzuführen. Weitere lohnende Ziele sind der Ausbau des Museums, die Wiedererrichtung des Turms auf dem Trakehner Schloß und die Rückführug und Wiederaufstellung des Tempelhüterstandbildes vor dem Trakehner Schloß. Schon heute ist Trakehnen wieder eine Reise wert!     Horst Willer

Interessierte an weiteren Informationen zur Bewahrung des hippologischen Kulturerbes Trakehnens und zur Fortsetzung des Schulbetriebes in seinen Mauern wenden sich an den Schatzmeister des Vereins der Freunde und Förderer des ehemaligen Hauptgestüts Trakehnen e. V., Bernd Klausing, Bahnhofstrasse 5, 31832 Springe, Telefon (05041) 5052, Fax (05041) 1330. Der Förderverein hat auch eine Homepage: www.trakehnenverein.de.

Foto: Trakehner Schloß: Mitte des 19. Jahrhunderts von der Hofseite her gesehen


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren