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03.01.09 / Krisenmanager für Hessen gesucht / Hessens SPD droht am 18. Januar das schlechteste Ergebnis seit 1945

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Krisenmanager für Hessen gesucht
Hessens SPD droht am 18. Januar das schlechteste Ergebnis seit 1945

Momentan sieht in Hessen alles nach Schwarz-Gelb aus. Der in den nächsten zwei Wochen zu erwartende kurze, aber heftige Wahlkampf dürfte angesichts der Zerrissenheit der SPD kaum einen Stimmungsumschwung bringen.

„Wirklich wieder Koch?“ heißt es zaghaft auf den Wahlplakaten der SPD in Hessen. Das hatte vor gut einem Jahr noch energischer geklungen. Damals forderte die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti: Koch muß weg. Inzwischen sind aber immer mehr Hessen der Meinung, daß nicht Koch, sondern Ypsilanti weg müsse. Zwar hat sie die Spitzenkandidatur an Thorsten Schäfer-Gümbel abgeben müssen, aber sie ist immer noch Parteichefin.

Nach der letzten Forsa-Umfrage kann Roland Kochs CDU zusammen mit der FDP auf 55 Prozent hoffen. Die CDU hätte demnach seit ihrem Desaster im Januar 2008 fünf Prozentpunkte zugelegt, während der SPD am 18. Januar mit 23 Prozent das schlechteste Ergebnis seit Kriegsende vorausgesagt wird.

Doch bis dahin kann noch einiges passieren – hofft zumindest die SPD. „Die Zeit ruft nach sozialdemokratischen Antworten“, versucht Frank-Walter Steinmeier die Finanzkrise politisch zu nutzen. „Die Marktradikalen haben uns diese Krise eingebrockt, jetzt geht es um eine gerechte neue Wirtschaftsordnung, in der auch der Staat handlungsfähig ist und Sicherheit gibt.“ Mit dieser Überzeugung will der Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bundestagswahl im Herbst seinem Parteikollegen Thorsten Schäfer-Gümbel schon jetzt im hessischen Wahlkampf den Rücken stärken. Der Außenminister lobt das Engagement des Hessen, der bis vor wenigen Monaten selbst für die Bundes-SPD noch ein Unbekannter war. Doch selbst wenn Schäfer-Gümbels persönlicher Kampf um das von Andrea Ypsilanti mehrfach mißbrauchte Vertrauen der Wähler inzwischen mehr Beachtung findet, so ist eine Trendwende in weiter Ferne. Auch im direkten Vergleich der Spitzenkandidaten zieht er den kürzeren: In Umfragen stand er zuletzt bei 24 Prozent. Roland Koch hingegen erreichte 44 Prozent Zustimmung. Angesichts dieser Stimmungslage erscheint es von der SPD strategisch unklug, ihren Wahlkampf direkt gegen Koch auszurichten.

Bei der Wahl 2008 traf diese Ausrichtung noch auf breite Zustimmung: Nach über acht Jahren Roland Koch als Ministerpräsident gab es immer weniger, die die Politik des nicht gerade als Sympathieträger geltenden Hessen weiter mittragen wollten. Doch die „Degradierung“ zum geschäftsführenden Ministerpräsidenten hat den 50jährigen geläutert. Während sich die Hessen-SPD mit ihrer zweimal gescheiterten Regierungsübernahme mit Hilfe der Linkspartei selbst zerfleischte, goß der von Andrea Ypsilanti so oft persönlich Angegriffene kein Öl ins Feuer, sondern kümmerte sich darum, daß Hessen trotz aller Turbulenzen weiter regiert wurde. „Der unanständige Wahlkampfstil der SPD mit persönlichen Angriffen gegen Roland Koch zahlt sich nicht aus. Dieser Stil stößt die Menschen ab“, meint Christean Wagner, der Chef der hessischen CDU-Fraktion. Diese Erkenntnis hat die CDU verinnerlicht und hält sich deshalb ihrerseits mit Polemik gegen die sowieso schon am Boden liegende SPD zurück.

Angesichts der starken Personalisierung des Wahlkampfes sind die Programme in den Hintergrund gerückt. 2007 hatte die CDU-geführte Regierung unter www.hessen.de noch ihr Programm von der letzten Wahl ins Internet gestellt und farblich markiert, inwieweit die einzelnen Punkte umgesetzt wurden – ein bis dahin beispielloser Schritt gegen eine Politik des „Was-kümmert-mich-mein-Geschwätz-von-gestern?“. Nach der Wahl 2008 war das freilich nicht mehr möglich, da Koch keine Mehrheit mehr hatte, um seine Politik gegen SPD, Grüne und Linke durchzusetzen. Er mußte sogar hinnehmen, daß diese drei Parteien die von ihm eingeführten Studiengebühren wieder zurück-nahmen. Auch hat er erkannt, daß das Thema innere Sicherheit ihn 2008 Stimmen gekostet hat. „Im letzten Wahlkampf ist uns die Debatte über innere Sicherheit insbesondere über Jugendkriminalität emotional entglitten“, räumt er ein, betont aber: „Ich bleibe ein konservativer Reformer. Ich habe von meinen politischen Prinzipien nichts aufgegeben.“ Und obwohl Hessens Verschuldung auch unter der CDU-Regierung weiter gestiegen ist, profitiert Koch davon, daß man ihm am ehesten zutraut, die jetzige Krise zu überwinden. Zudem nutzt er die ihm von der SPD zugespielte Munition: „Es ist die alte SPD, die SPD des Wortbruchs, die bei der Wahl antritt. Dort, wo Thorsten Schäfer-Gümbel draufsteht, ist Andrea Ypsilanti drin.“

Auch Ypsilantis SPD-interner „Erzrivale“ Jürgen Walter ist überzeugt, daß Schäfer-Gümbel, der „mit dem alten rot-rot-grünen Bündnisprogramm in den Wahlkampf“ zieht und eine in sich tief gespaltene SPD führt, nur wenige Wähler überzeugen kann. Die Tatsache, daß die SPD an ihrem von der Wirtschaft scharf kristierten Nein zu neuen Kohlekraftwerken und zum Flughafenausbau festhält, nützt zudem der FDP, die stets klar zu Koch stand.

Rebecca Bellano

Wenig persönliche Angriffe: Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel Bild: ddp


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