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03.01.09 / Ost-Deutsch (98): Landschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Ost-Deutsch (98):
Landschaft
von Wolf Oschlies

Wie die PAZ berichtete, erschien Ende November 2008 in Königsberg die Enzyklopädie „Kurische Nehrung – eine Kulturlandschaft“. Im russischen Original hieß es „kulturnyj land-saft“ (kyrillisch geschrieben und „sch“ gesprochen), was ganz normal ist. Die althochdeutsche „lantscaft“ bezeichnete ein überschaubares Naturgebiet, und dieser Wortsinn ist seit Peter dem Großen (1672–1725) auch gut russischer Sprachgebrauch. Kanzler Kohls Wort von den „blühenden Landschaften“ fand umgehend als „cvetuscie landsafty“ Eingang in russische Texte, da der Begriff allen Russen vertraut ist: „Zamok vpisetsja v okruzajuscij landsaft“ (das Schloß schmiegt sich in die umliegende Landschaft), „geopoliticeskij landsaft“ (geopolitische Landschaft), „otecestvennyj landsaft“ (vaterländische Landschaft) etc. Daneben das Adjektiv „landsaftnyj“, das kaum adäquat übersetzbar ist. Ein „prirodno-landsaftnyj muzej“ ist etwas mehr als ein „Natur- und Landschaftsmuseum“, nämlich ein Art Heimatmuseum. Nicht zu vergessen neue Witze und Wortspiele, wenn etwa ein Baggerfahrer als „landsaftnyj architekt“ auftritt.

Ähnlich klingt es bei den Ukrainern: „Landsafti zacarovujut“ – die Landschaften verzaubern, die des „Karpaten Natur- und Nationalparks“ nämlich. Bei Polen und Tschechen besteht das Wort auch, jedoch in lokalen Mundarten wie der „jynzyk slónski“, der „schlesischen Sprache“, die ob ihres polnisch-deutschen Mischcharakters lange Jahrzehnte verpönt war. Seit kurzem hat sie erneute Hochkonjunktur in der grauen, aber eigenwilligen „landszaft miolych hasiok“ (Landschaft kleiner Häuschen) Oberschlesiens. Das verbindet sie mit der „Brnenska hantyrka“, der Mundart von Brünn, die seit Jahren in witziger Gegnerschaft zum Prager Hochtschechisch steht. Tja, Brünn und Mähren sind eben von eigener Art, und wenn ein Brünner schwärmt, „to jsou barvy, to je landsaft“ (das sind Farben, das ist eine Landschaft), dann versteht ihn der Prager, und sei’s zähneknirschend. Den Brünnern ist es egal, denn „taky uz aj silbrujo landsaft“ (nur so versilbert sich die Landschaft). Und sie machen sich lustig, zeigen eine böhmische Gegend und „böhmakeln“ dazu: „vundersene cesise landsaft“ – wunderschöne tschechische Landschaft.


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