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03.01.09 / US-Vize fürchtet totalen Absturz / Die finsteren Warnungen von Obamas Vize Joe Biden sind begründet – »Höllenfahrt« des Dollars absehbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

US-Vize fürchtet totalen Absturz
Die finsteren Warnungen von Obamas Vize Joe Biden sind begründet – »Höllenfahrt« des Dollars absehbar

Mit drastischen Worten über den Zustand der US-Wirtschaft hat der neue Vizepräsident Joe Biden die Welt aufgeschreckt. Zwar dienen die Unkenrufe offenbar auch dazu, einen möglichst großen Teil der Verantwortung für die Probleme noch der scheidenden Regierung von George Bush anzuhängen, doch die Lage der US-Wirtschaft ist tatsächlich katastrophal.

Joseph R. Biden ist ein erfahrener Mann. Schon seit 36 Jahren gehört er dem US-Senat an, viele Krisen hat der 66jährige Jurist kommen und wieder gehen sehen. Um so mehr verstört die drastische Wortwahl, mit der der designierte Vizepräsident der USA die Wirtschaftslage seines Landes beschrieben hat. „Die Wirtschaft ist in einer viel schlechteren Lage, als wir das bisher dachten“, erklärte er in einem Interview. Er fürchte deren „totalen Absturz“, es gelte, „das Bluten zu stoppen“. Dazu plane seine Regierung ein neuerliches gigantisches Programm. Zahlen wollte Biden nicht nennen, doch er erging sich in Andeutungen: „Es wird eine Zahl sein, die vor einem Jahr niemand für möglich gehalten hätte.“ US-Medien spekulieren nun über Beträge zwischen 675 und über 1000 Milliarden Dollar.

Dem irritierten Beobachter stellen sich mehrere Fragen: Sind diese finsteren Worte zum Nennwert zu nehmen? Wenn ja, worin besteht die neuerliche Verschlechterung? Und haben die USA nach den gewaltigen Schuldenprogrammen der zurückliegenden knapp vier Monate überhaupt noch die Bonität, um an den ausgetrockneten Kapitalmärkten weitere Hunderte Milliarden Dollar zu leihen?

Was die erste Frage angeht, so haben alle neu gewählten Regierungen der Welt die Tendenz, die Hinterlassenschaft ihrer Vorgängerin eher düster zu zeichnen: Je schlechter die Ausgangslage, um so positiver hebt sich die eigene Leistung später ab.

Doch dieses auch in Deutschland wohlbekannte Verhaltensschema kann die tief schwarze Tonlage Bidens nur zum Teil erklären. Würde der Absturz nicht tatsächlich drohen, so riskierte die Regierung Obama ja mit diesem Alarmismus, ihn durch Panikreaktionen von Verbrauchern, Unternehmen und Anlegern herbeizureden.

Außerdem gibt es genug harte Fakten für Bidens Schwarzseherei. Allein im Monat November sind in den USA etwas über 530000 Arbeitsplätze verlorengegangen. Jetzt sind bald sieben Prozent der Amerikaner erwerbslos, so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. Obamas Wirtschaftsberater rechnen mit dem Verlust von weiteren vier Millionen Stellen im Jahr 2009. Die Folge wäre ein zusätzlicher Nachfrageeinbruch, noch mehr Kredite würden platzen und die Banken in Mitleidenschaft ziehen.

Hier beginnt der wohl vertrackteste Punkt der aktuellen Krise: Obwohl Regierungen und Notenbanken den Kreditinstituten seit Monaten gigantische Beträge geradezu aufzwingen, kommt die Kreditvergabe nicht in Schwung – weder zwischen den Banken noch gegenüber den Unternehmen. Wenn sich private Banken aber bei der Notenbank zu Zinsen von nahe null Prozent Geld leihen können und dennoch ein Unternehmen wie Daimler Anfang Dezember volle neun Prozent bieten mußte, um eine Anleihe mit dreijähriger Laufzeit am Markt unterbringen zu können, dann zeigt das das ganze Ausmaß der Verwerfungen. Denn natürlich hätte der Konzern diesen enorm hohen Zinssatz nicht geboten, wenn er die offenbar dringend benötigten Mittel von den Banken günstiger bekommen hätte.

Fest steht, daß viele private Banken in ihrer Risikobereitschaft von einem Extrem ins andere gefallen sind: Gab es bis ins Jahr 2007 (zunächst in den USA, aber in Form der Milliardeninvestitionen deutscher Banken in sogenannten „strukturierte Finanzprodukte“ dann auch in Deutschland) eine an Naivität grenzende Risikobe-reitschaft, so dominiert nun eine überzogene Risikoscheu, die viele grundsolide mittelständische Unternehmen gefährdet.

Um die Kreditvergabe anzuregen, hat die US-Notenbank FED radikale Maßnahmen ergriffen. Zur Senkung des Leitzinses auf nahe null kommt das direkte Engagement der Zentralbank, die den Banken faule Kredite in großem Stil aus den Bilanzen herauskauft. Offenbar zahlt sie dabei Preise weit über Marktwert. Über Volumina und Begünstigte hält sich die Notenbank bedeckt, nur die explosionsartig wachsende Bilanz der FED zeigt, in welchem Umfang derzeit Geld geschöpft wird. Hier liegt auch der Grund dafür, warum Biden neue Konjunkturprogramme überhaupt ankündigen kann: Die US-Regierung ist – trotz bereits getrübter Kreditwürdigkeit – beim Schuldenmachen in einer besseren Lage als Daimler: Die Notenbank selbst übernimmt einen großen Teil der Staatsanleihen, mit anderen Worten: Sie druckt Geld.

Nach dem kleinen Einmaleins der Ökonomen muß diese Politik unweigerlich zu steigenden Preisen führen. Die zurückhaltende „Frankfurter Allgemeine“ gibt besorgt zu bedenken: „Das Risiko ist hoch. Rasch kann am Markt die Erwartung von der Deflationsfurcht hin zur Angst vor einer galoppierenden Inflation kippen.“ Erster Hinweis darauf wäre ein Absacken des Dollars, also eine Flucht in Euro, Yen und andere Währungen. Das hektische Auf und Ab der US-Währung in den letzten Tagen deutet an, daß die Akteure an den Finanzmärkten diese Sorge bereits umtreibt. Sobald sich hier die Pessimisten durchsetzen, droht dem Greenback eine Art Höllenfahrt.

Der Chef der US-Notenbank Ben Bernanke, der ein anerkannter Experte in Sachen Geldpolitik ist, hat offenbar bisher keine Sorgen, daß die derzeitige Deflationsfurcht in ihr Gegenteil umschlagen könnte. Oder er hat diese Sorge zwar, glaubt aber, sie als das kleinere Übel gegenüber einer drohenden Deflation in Kauf nehmen zu müssen. Wie kommentierte doch die „FAZ“ diese Politik vor wenigen Tagen: „Die Verzweiflung muß groß sein.“

Konrad Badenheuer

Am Abgrund: Den „nötigen Wechsel“ hatte Biden sich anders vorgestellt. Bild: pa


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