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03.01.09 / KP fürchtet um ihre Macht / 2,7 Millionen Chinesen haben in den letzten Wochen ihre Arbeit verloren – erste Unruhen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

KP fürchtet um ihre Macht
2,7 Millionen Chinesen haben in den letzten Wochen ihre Arbeit verloren – erste Unruhen

Um die 70 Prozent ist die chinesische Börse seit ihrem Höchststand Oktober 2007 bislang gefallen. Im Sommer, noch vor dem olympischen Spielen, begannen die spekulativ überhöhten Immobilienpreise in Peking und Schanghai zu fallen. Das boomende Baugewerbe brach ein. Ihm folgte die Zement- und die Stahlindustrie. Mit der von den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise gerät jetzt mit der rapide rückläufigen Nachfrage aus den rezessionsgeplagten Hauptabnehmerregionen USA, Europa und Japan die an der Küste angesiedelte Exportindustrie ins Straucheln.

Zwei Drittel der Spielzeughersteller, etwa 2000 Firmen, alle in und um Dongguan in der Provinz Kwangtung angesiedelt, gingen mit ihren Überkapazitäten und unverkauften Beständen bereits pleite. Ähnlich, wenngleich noch nicht ganz so dramatisch, ist die Lage bei Fahrrädern, Mikrowellengeräten, Kleidung und Schuhen, bei denen China Weltmarktanteile von 50 bis 60 Prozent hat. Meist sind die Fertigungen massiv in bestimmten Städten konzentriert. Nachfrageeinbrüche sind dann sofort ein örtlicher Notstand.

Neue Auslandsinvestitionen gibt es kaum noch, zumal die neuen Arbeitnehmer- und Umweltschutzgesetze die Produktionskosten in die Höhe getrieben haben. Die höheren Arbeitskosten und der um 20 Prozent gestiegene Kurs des Yuan lassen internationale Anleger nach Vietnam, Kambodscha und Mexiko ziehen. Seit Oktober haben 2,7 Millionen Arbeiter im Delta des Perlenflusses, dem Zentrum der Exportindustrie in Südchina, ihre Arbeit verloren. Die meisten sind Wanderarbeiter, die in ihre Dörfer zurückkehren und in keiner Statistik auftauchen. Deswegen liegt die Arbeitslosigkeit bei den registrierten städtischen Arbeitern offiziell noch bei vier Prozent. Bei Entlassungen steht Arbeitnehmern pro Arbeitsjahr ein Monatsgehalt als Arbeitslosengeld zu. Doch die meisten – mehrheitlich aus Hongkong und Taiwan stammenden – Eigner und Manager

setzen sich vor dem Konkurs unter Mitnahme der Firmenkasse ins Ausland ab. Arbeiter und Gläubiger bleiben dann auf ihren Forderungen sitzen und verlangen in Demonstrationen vom Rathaus und der Partei, die sich für alles zuständig erklärt hat, ihr Geld. Hunderte solcher Proteste gegen Werkschließungen gibt es alltäglich in China. Die KP-Führung ist wegen der neuen Welle an – bislang örtlich isolierten – Revolten hypernervös geworden, zumal die Legitimität ihrer diktatorischen Herrschaft nach einer 30jährigen Reformphase auf der Erfüllung ihrer Wachstums- und Wohlstandsversprechen beruht. Dazu wird von der Regierung erwartet, für die 25 Millionen jährlich auf den Arbeitsmarkt strömenden Berufsanfänger Arbeitsplätze zu schaffen.

Ob das 460 Milliarden Euro umfassende Konjunkturprogramm Wirkung zeigt, kann bei der in China üblichen Veruntreuung öffentlicher Mittel und den hohen Sparquoten der Chinesen bezweifelt werden. Weiter wurde den Staatsbanken befohlen, eine lockere Kreditpolitik zu fahren, und den Staatskonzernen angeordnet, mehr zu investieren. Gleichzeitig begann die Zentralbank, den Yuan wieder abzuwerten.

Das rief prompt die Amerikaner auf den Plan. US-Finanzminister Henk Poulson wurde Anfang Dezember in Peking vorstellig, um für den konjunkturstützenden Einsatz des 2000-Milliarden-US-Dollar-Devisenschatzes der Chinesen zu werben und sie vor der Abwertung des Yuan zu warnen. Stattdessen entgegnete Vizepremier Wang kühl, China benötige als Hauptgläubiger der USA keine Lektionen aus Amerika. Die USA sollten ihre Wirtschaft durch eine erhöhte Sparquote und durch verminderte Handels- und Haushaltsdefizite selbst stabilisieren und dabei die großen chinesischen Investitionen in die Kreditkartenfirma Visa, den Investitionsfonds Blackstone und die Investitionsbank Morgan Stanley schützen.

Mit ihrer Nullzinspolitik und dem von Obama angekündigten Schuldenprogramm von 800 Milliarden US-Dollar tun die Amerikaner das genaue Gegenteil der chinesischen Empfehlungen: Sie fluten die US-Wirtschaft mit billiger Liquidität. Nicht nur aus chinesischer Sicht kann das nicht gut gehen. Bei der wahrscheinlichen weiteren Schwächung der US-Konjunktur werden protektionistische Importsperren der USA befürchtet. Und Li Fan, der Chef der Denkfabrik „Welt- und Chinainstitut“ in Peking, befürchtet gar einen neuen Weltkrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt. Auch der Zweite Weltkrieg sei durch die Große Depression der USA entstanden, meint er. Albrecht Rothacher


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