25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.01.09 / Für Sie gelesen / Zur Debatte ums Berliner Schloß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Für Sie gelesen
Zur Debatte ums Berliner Schloß

Der Streit wird so oder so weitergehen – auch wenn nun der italienische Architekt Frances-co Stella am Berliner Humboldtforum an drei Seiten die barocken Fassaden des Stadtschlosses der Hohenzollern wiedererstehen lassen soll. Denn nach wie vor sagen die einen, daß das Schloß ein monarchistisches Symbol sei und sein Neubau heute als antidemokratisches Signal aufgefaßt werden könne. Aber genauso verstummen die anderen Stimmen nicht, die es als Mittelpunkt deutscher und preußischer Geschichte bezeichnen. Zu dieser weltanschaulichen Debatte hat nun die „Gesellschaft Berliner Schloß“ einen reich bebilderten Sammelband vorgelegt, in dem Architekten und Kunsthistoriker über ihre Erfahrungen bei der Rekonstruktion zerstörter Residenzschlösser nach 1945 berichten. Sein Fazit ist eindeutig: Die höchste gesellschaftliche Akzeptanz haben Bauten erfahren, deren Funktion und Innenraumdisposition ihrer äußeren Gestalt und historischen Bedeutung nicht widersprechen. Dirk Syndram weist darauf hin, daß das derzeit im Wiederaufbau befindliche Dresdner Residenzschloß künftig ausschließlich als Museum genutzt und so die sächsische Geschichte repräsentieren werde. Pjotr Majewski und Vydas Dolinskas können ähnliches aus polnischer und litauischer Sicht darstellen: In Warschau hatte man das 1944 gesprengte Königschloß ebenfalls komplett wieder errichtet, das gleiche gilt auch für Wilna, wo die letzten Mauern des großfürstlichen Palastes bereits 1801 abgetragen wurden. In beiden Fällen verstehen sich die heutigen Museen als Symbole nationaler Souveränität und Kultur. Der Band spricht jedoch auch die kunsthistorischen Probleme an, die derartige Rekonstruktionsprojekte mit sich bringen. Helmut-Eberhard Paulus sieht die europäischen Schlösser vor allem als Ausdruck höfischer Kunst, die sich mehr auf den jeweiligen Fürsten als auf dessen Amt

bezogen habe. Die Frage, auf welche Epoche oder auf welchen Regenten man sich bei einer originalgetreuen Rekonstruktion bezieht, hat hierin ihren Ursprung und genauso, ob es im massendemokratischen Zeitalter überhaupt zeitgemäß ist, an die „personalisierte“ Kunst des Hofes anzuknüpfen. Das höfische Erbe, so Paulus, sei nicht nur das Ergebnis einer vor mehr als einem Jahrhundert abgeschlossenen Epoche, es habe auch das abendländische Kulturgut überhaupt geprägt und ein sittliches System geschaffen, in dem menschliche Werke von dauerhaftem Wert entstehen konnten. Allein schon dieser Gedanke macht dieses Buch trotz seines zuweilen etwas ermüdenden Fachjargons zu einer lesenswerten Lektüre – und zu einem wichtigen Dokument in der Debatte. Michael Böhm

Guido Hinterkeuser (Hrsg.): „Wege für das Berliner Schloß/Humboldt-Forum – Wiederaufbau und Rekonstruktion zerstörter

Residenzschlösser in Deutschland und Europa (1945–2007)“.

Schnell+Steiner, Regensburg 2008. 280 Seiten, gebunden, 44,90 Euro.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren