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03.01.09 / Juden in Ellingen / Ausstellung beschäftigt sich mit der kulturellen Vielfalt vor 1938

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Juden in Ellingen
Ausstellung beschäftigt sich mit der kulturellen Vielfalt vor 1938

Das Schicksal der jüdischen Einwohner behandelt derzeit eine Ausstellung im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen. Die in Zusammenarbeit mit dem „Freundeskreis Barockstadt“ gestaltete Sonderschau fand bei ihrer Eröffnung, die mit jüdischer Klezmer-Musik umrahmt wurde, mit über 200 Besuchern großes Interesse.

Das Kulturzentrum Ostpreußen stellt derzeit einen Teil seiner Räume für die Geschichte Ellingens zur Verfügung. „Juden in Ellingen 1540 bis 1938“ heißt die Sonderschau, die nun zur Erinnerung an die Reichspogromnacht eröffnet wurde. Auch die Juden der Barockstadt Ellingen, in der das Kulturzentrum seine Heimat hat, waren von der Verfolgung betroffen. Zur Eröffnung des geschichtlichen Überblicks stellte der Ellinger Hermann Seis ein Buch vor, das die Probleme der Juden im genannten Zeitraum beschreibt. Diese beginnen nach den Ausführungen von Seis 1540 mit dem „Scharfen Mandat“ des Deutschen Ordens, das den „Judenwucher“ auch der Ellinger Juden geißelte und erläutert die Schutzbriefe der Barockzeit. Das Druckwerk führt die Ellinger Polizeiverordnung von 1685 auf, mit der die Juden den übrigen Bürgern nahezu gleichgestellt wurden. Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 genossen die Juden das volle Bürgerrecht, bis die Nationalsozialisten diesem um etwa 1934 ein Ende setzten. „Bis vor einem Jahr habe ich geglaubt, daß alle Ellinger Juden die NS-Zeit überlebt haben. Im Laufe meiner Recherchen für das Buch mußte ich feststellen, daß 18 umgekommen sind“, so Seis abschließend.

Bei der Ausstellungseröffnung erzählte auch der Vorsitzende des Freundeskreises Barockstadt, der 72jährige Manfred Specht, über seine Erinnerungen. Die NS-Zeit hatte er nicht mehr bewußt erlebt, aber durch Gespräche mit vielen Nachfahren der ehemaligen Ellinger Juden bei deren Besuchen in der Stadt ihrer Vorfahren habe er von deren Geschichte erfahren.

Der ehemalige bayerische Landtagsabgeordnete und Altlandrat Georg Rosenbauer, ein Kenner der jüdischen Geschichte, kritisierte, daß viele Menschen nichts von den Ausschreitungen gewußt haben wollen. Als Nachweis, daß dem nicht so sein könne, zitierte er aus einem Zeitungsartikel des Altmühboten vom 5. November 1935, in dem über die Sitzung des Marktgemeinderates in Markt Berolzheim berichtet wird. Der Artikel beschreibt in allen Details den Erlaß einer Satzung, nach der unter anderem die Zusammenarbeit mit Juden untersagt wurde und die den Juden das Betreten von „öffentlichen Anstalten sowie des Friedhofes“ verbot.

mef

Die Ausstellung „Juden in Ellingen 1540–1938“ im Kulturzentrum Ellingen ist bis zum 1. Februar 2009 Dienstag bis Sonntag von 10 bis 12 und von 14 bis 16 geöffnet.

Seis bei seiner Buchvorstellung. Bild: mef


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