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03.01.09 / Siegeszug um die Welt / Berta Hummel schuf nicht nur die Vorlagen für die berühmten Figuren, sondern auch Gemälde und Zeichnungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-09 vom 03. Januar 2009

Siegeszug um die Welt
Berta Hummel schuf nicht nur die Vorlagen für die berühmten Figuren, sondern auch Gemälde und Zeichnungen

Vor 100 Jahren wurde die durch ihre Kinderzeichnungen weltbekannte Künstlerin Berta Hummel geboren. In ihrem Geburtsort Massing ehrt man die Malerin mit einem kleinen Museum und einer neuen Ausstellung.

So mancher Sammler wird sich gefreut haben, als unter dem Weihnachtsbaum eine der beliebten Hummel-Figuren stand. Leider ist die Produktion der Figuren von der Firma Goebel eingestellt worden. Was nicht zuletzt auch die Preise hochgetrieben hat. Ein günstiges Vergnügen war es noch nie, die putzigen kleinen Porzellanfiguren zu sammeln. Dabei hat ihre Schöpferin Berta Hummel es zunächst gar nicht im Sinn gehabt, Kunstgewerbe dieser Art zu schaffen. Sie wollte einfach das zeichnen, was sie sah: Kinder in ihrem Umfeld, beim Spielen, beim Verkleiden.

Als Franz Goebel 1934 bei ihr um die Lizenz bat, ihre Zeichnungen in Figurinen umzusetzen, sagte sie nur zögerlich zu. Sie erkannte genau die Gefahren der gnadenlosen Gesetze industrieller Vermarktung. Im Laufe der Jahre entstanden über 400 verschiedene Figuren, darunter auch Neuschöpfungen in ihrem Stil.

In Deutschland soll inzwischen jeder zweite Haushalt eine Hummel-Figur besitzen. Die Figuren fanden aber auch weltweit eine große Anhängerschaft, insbesondere in den USA, nachdem amerikanische Soldaten die Figuren nach 1945 als Mitbringsel aus Deutschland nach Hause gebracht hatten. Der 1977 gegründete Goebel Collectors’ Club, heute M. I. Hummel Club, hat in den USA über 200000 Mitglieder (in Europa zirka 60000), und sogar die amerikanische ehemalige First Lady Betty Ford besaß eine ansehnliche Sammlung.

Ebenso erstaunlich wie der Erfolg der Hummel-Figuren ist der Lebensweg ihrer Schöpferin. Berta Hummel wurde als drittes von sieben Kindern eines Kaufmanns am 21. Mai 1909 in Massing an der Rott geboren. Schon früh interessierte sie sich für Kunst. Mit 15 erhielt sie von den Eltern einen ersten Malkasten mit Ölfarben. Von 1927 bis 1931 studierte sie an der Staatsschule für Angewandte Kunst in München bei den Professoren Maximilian Dasio und Else Brauneis und schloß als Klassenbeste mit der Lehramtsprüfung für Zeichenlehrerinnen ab. In der Studienzeit entstanden Porträts, Karikaturen, Stadtansichten, Stillleben und Selbstporträts in expressionistischem Stil. Nach ihrem Studium trat sie 1931 zunächst als Kandidatin in das Kloster der Franziskanerinnen von Sießen in Oberschwaben ein, das sie durch zwei mit ihr in München studierende Franzis-kanerinnen kennengelernt hatte.

Mit der Einkleidung nahm sie den Ordensnamen Maria Innocentia an. Ab 1931 arbeitete sie als Zeichenlehrerin im Kloster Sießen und in einer vom Kloster betreuten katholischen Schule im nahen Saulgau; ab 1931 war sie auch künstlerische Leiterin der klostereigenen Paramentenherstellung (die im Kirchenraum und in der Liturgie verwendeten Tücher).

Erste Ausstellungen und erste Buchveröffentlichungen in katholischen Verlagen waren sehr erfolgreich. Neben den Kinderbildern schuf Berta Hummel auch religiöse Bilder in allen Formaten, darunter ein Altarblatt in Massing, eine Pietà in Tuttlingen, ein Bild des Heiligen Konrad von Parzham in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Bad Kötzting sowie Altarbilder in Tuttlingen und Rathmannsdorf. Auch Landschaftsmalereien und ein unvollendeter, expressionistischer Kreuzweg-Zyklus im Kloster Sießen sind erhalten.

1944 erkrankte die stets gesundheitlich angegriffene Ordensschwester an einer Rippenfellentzündung, von der sie sich nie ganz erholte. Eine Tuberkulose war die Folge. Berta Hummel starb im November 1946 im Alter von nur 37 Jahren im Mutterhaus in Sießen, auf dessen Friedhof sie begraben ist.

Die Künstlerin Berta Hummel zu ehren ist Hintergrund einer Ausstellung, die noch bis in den Mai hinein im Berta-Hummel-Museum in Massing zu sehen ist. Unter dem Titel „Seelenlandschaften“ werden Werke von Hummel denen von Lovis Corinth (1858–1925) und Peter Wittmann, geboren 1951, gegenübergestellt.

Von Berta Hummel sind vorrangig Landschaftsbilder und Stadtansichten ihrer bayerischen Heimat zu sehen, die während ihrer Münchener Studienjahre entstanden sind. Eine Reihe von Bildern aus ihrer späteren Schaffensperiode, als Franziskanerin im Kloster Sießen, zeigen Landschaften zusammen mit ihren „Hummelkindern“ wie auch Landschaften mit religiösen Motiven, wie das Bild „Hirten auf dem Weg nach Bethlehem“.

Von dem im ostpreußischen Tapiau geborenen Lovis Corinth sind die berühmten Walchenseebilder zu sehen, während der Regensburger Maler und Gartenkünstler Wittmann Landschaften zeigt, die von 1984 bis 1989 anläßlich seines ausgedehnten Hima-layaaufenthalts entstanden sind.

Außer den Werken der drei Künstler werden im Eingangsbereich des Museums alte HummelFiguren sowie Hummel-Puppen gezeigt. Eine kleine Auswahl interessanter Stücke aus der weltweit größten Hummelfigurensammlung, die sich ebenfalls im Besitz des Museums befindet.

In der ständigen Ausstellung gibt es darüber hinaus einen Überblick über das gesamte umfangreiche Schaffen der Künstlerin. Die Fülle der Arbeiten läßt sich in acht Themenkreise gliedern. Zeitlich sind sie den Jahren des Studiums und ihrem späteren Schaffen zuzuordnen: Porträts, Blumenstücke und Stilleben, Kinder, religiöse Themen, Landschaften und Stadtansichten, Karikaturen, Aktzeichnungen, angewandte Kunst, darunter Entwürfe für Textilbearbeitung von Tischleinen bis zu Kinderhandschuhen. Alle Arbeiten zeichnen sich durch die genaue Beobachtungsgabe der Künstlerin aus. Ihr gelang es, mit leichtem Strich das Wesentliche einzufangen.

Das Berta-Hummel-Museum im Hummelhaus, Marktplatz 32, Massing, ist Montag bis Sonnabend von 9 bis 17 Uhr, Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet, Eintritt 4 / 2 Euro. Seit kurzem steht an der Autobahnausfahrt Mühldorf Nord (A94) auch ein Hinweisschild auf das Berta-Hummel-Museum im Hummelhaus sowie auf das Niederbayerische Freilichtmuseum Massing. Von der Ausfahrt sind es noch 22 Kilometer nach Massing.

Berta Hummel: Über den Dächern (1928/30, Aquarell)    Bild: Berta-Hummel-Museum

Gänseliesel nach einem Entwurf von Berta Hummel    Bild: Berta-Hummel-Museum


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