16.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.01.09 / Kampf gegen die Medizinmänner / In Afrika läßt Aberglaube die Aidsrate explodieren und bedroht seltene Tierarten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-09 vom 10. Januar 2009

Kampf gegen die Medizinmänner
In Afrika läßt Aberglaube die Aidsrate explodieren und bedroht seltene Tierarten

Furchtbar ist Schwarzafrika von der Aids-Epidemie betroffen. Im Jahre 2007 lebten dort rund 22 Millionen HIV-Infizierte, zwei Millionen Todesfälle waren zu beklagen. Der Umgang mit der Krankheit treibt dort bizarre Blüten. Seit Wunderheiler und Quacksalber Männern als probates Mittel gegen die Immunschwächekrankheit empfehlen, zur Heilung mit Babys und kleinen Kindern ohne Kondom Verkehr zu haben, versucht Namibias Regierung, die Notbremse bei den Europäern gegenüber schamvoll verschwiegenen Auswüchsen zu ziehen. Neue Gesetze sollen solchen in ganz Zentral-, Südost- und Südwestafrika üblichen Mißbrauch unterbinden, die Medizinmänner sollen erfaßt und aufgelistet werden – ein schier aussichtsloser Kampf gegen die vor allem in ländlichen Gebieten allmächtigen „Sangorma“, die Zauberdoktoren und ihre zweifelhaften „Ramli“, die Weissagungen.

Frauenorganisationen wie das „Women’s Leadership Center“ in Windhuk flankieren diesen Kampf durch Aufklärungskampagnen. Schockierende Berichte sollen dabei helfen. Elisabeth Khaxas, eine der Vorkämpferinnen und Chefin der Institution, listet neben dem Kindsmißbrauch weitere zweifelhafte Praxen auf: Schmerzhafte Schamlippenverlängerung, Austrocknung der Vagina durch Wurzeln, sexueller Mißbrauch von Kindern auch durch Verwandte, Töten von Albinos und alten Frauen (Ruanda, Uganda und Tansania), um aus deren Haut und Knochen „Medizinen“ herzustellen. Auch Behinderte sind nach Berichten aufgeklärter afrikanischer Politiker in Gefahr. Sie würden Probleme in die Familien tragen und sind nach Ansicht vieler Zauberdoktoren zu töten. Seit die tansanische Regierung das „Abschlachten“ von Albinos verboten hat, scheinen die Medizinmänner in andere, noch mehr dem Aberglauben verfallene Länder Afrikas auszuweichen, um sich dort die verbotenen Grundstoffe für ihre Pülverchen zu besorgen. Seit 2007 bis heute wurden in Tansania etwa 30 Morde an Albinos registriert, 47 Beteiligte verhaftet. Früher wurde ein Albinobaby traditionell sofort nach der Geburt erwürgt.

Der in fast ganz Afrika tief in der Kultur verwurzelte Aberglaube und seine kulturellen Riten gehen davon aus, daß Albinos aus dem Geschlechtsverkehr mit einem Weißen stammen, andere Stämme wiederum halten sie für direkt aus Europa kommende Geister, die die traditionelle afrikanische Lebensart vernichten wollen. Ihre Verfolgung ist grenzüberschreitend.

„Wir haben lange auf die ABC-Methode der Aids-Bekämpfung (Enthaltsamkeit, Treue, Kondome) gesetzt, doch die Erkrankungsrate nimmt besonders bei Frauen ständig zu, nur vermehrte Aufklärung kann helfen“, postuliert Elisabeth Khsaxas. Zudem werde nach dem Verständnis der meisten Schwarzen die Frau ausschließlich als Objekt zur Befriedigung des Mannes gesehen und habe sich deswegen dem kondomlosen Verkehr zu unterwerfen. Vor allem der Mißbrauch von Kindern gebe die Seuche bereits an die dritte Generation weiter – ein Flächenbrand. Nur eine Stärkung der Stellung der Frau könne da Abhilfe schaffen.

Ein weiteres Problem stellt die fortschreitende Ausrottung geschützter Tier- und Pflanzenarten dar. So sind beispielsweise in Namibia bestimmte Geier- und Adlerarten bedroht, deren Organe zu Gesundheitsmittelchen verarbeitet werden. Auch aus angrenzenden Ländern fallen Medizinmänner ins Land ein, um die begehrten Tiere zu jagen. Das Verspeisen des immer selteneren Schreiadlers – so der Glaube – etwa mache aus dem Esser einen besseren Fischer, Geieraugen seien wichtig, um in die Zukunft blicken zu können.  

Nach einem Aufruf des Gesundheitsministeriums meldeten sich 2003 in Windhuk rund 1500 Medizinmänner. Ihre Erfassung soll weitergehen, wobei Minister Richard Kamwi Wert auf eine Unterscheidung zwischen seriösen Naturheilern und Scharlatanen legt und nur jenen zu Leibe rücken will, die ganz offensichtlich ihren Status als Heiler mißbrauchen oder verbotene Methoden anwenden.     

Aber gerade die sind schwierig ausfindig zu machen, genießt doch ihr dunkles Treiben bei der einfachen Bevölkerung aus Tradition viel Rückendeckung. Und freiwillig melden sie sich gewiß nicht auf dem Amt. Joachim Feyerabend


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren