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24.01.09 / Schottlands Seele in Versen / Vor 250 wurde der Nationaldichter Robert Burns geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Schottlands Seele in Versen
Vor 250 wurde der Nationaldichter Robert Burns geboren

Welcher tote Dichter kann sich rühmen, daß sein Geburtstag alljährlich seit Jahrhunderten überall in seiner Heimat feierlich begangen wird? Kein Goethe, kein Shakespeare, kein Molière – diese Ehrung widerfährt so wohl nur dem schottischen Nationaldichter Robert Burns.

Am 25. Januar 2009 jährt sich sein Geburtstag zum 250. Mal. In der „Burns’ Night“ werden seine Gedichte rezitiert und gesungen, dazu fließen Unmengen von Bier und Whisky, auf die er einst Loblieder verfaßte. Als „Burns’ Supper“ wird das Nationalgericht Haggis serviert, das von Burns ebenfalls mit einem langen und hymnischen Gedicht besungen wurde.

Woran liegt es, daß dieser Dichter, der nicht älter wurde als 37 Jahre, in seiner Heimat bis heute wirkungsmächtiger ist als jeder andere? Um das zu verstehen, muß Burns im Zusammenhang mit der Geschichte Schottlands gesehen werden. Als er 1759 in Alloway als Sohn eines Landwirts geboren wurde, befanden sich die Geschicke des Landes auf dem Tiefpunkt. Alle Hoffnungen auf nationale Unabhängigkeit hatten sich 1746 mit der Niederlage von Culloden zerschlagen. Zur politischen kam die kulturelle Unterdrückung durch die siegreichen Engländer. Den Schotten war es beispielsweise untersagt, ihren Kilt zu tragen, und auch das Musizieren auf dem Dudelsack war bei Strafe verboten.

In dieser hoffnungslosen Lage waren es Dichter wie Walter Scott, Robert Louis Stevenson und Burns, die dem untergegangenen Schottland ein Ruhmeslied sangen. Die Poesie gab den Schotten ihre Identität zurück, indem sie der verlorenen Sache huldigte und sie so zur siegreichen machte. Während Scott und Stevenson als Epiker den Helden Schottlands ein romantisch-fiktionales Denkmal setzten, goß Burns als Lyriker die schottische Seele in Verse. 

Ein weiterer Grund, weshalb Burns in seiner Heimat geradezu kultisch verehrt wird, er aber außerhalb Schottlands relativ wenig bekannt ist, liegt darin, daß er seine Lyrik nicht in englischer Sprache, sondern im angelsächsisch-keltischen „Scots“ verfaßte. Das zuvor als „Bauernsprache“ verachtete Scots wurde dadurch literarisch geadelt. Aus Sicht der Schotten ist Burns „ihr Nationaldichter“, der in ihrer Sprache geschrieben und gesprochen hat, dessen Geist noch immer lebendig ist und dessen Werk bis heute rezitiert und gesungen wird.

Last, but not least, hat Burns in seiner wohl berühmtesten Ballade „Tam O’Shanter“ dem schottischen Charakter in unvergleichlich humorvoller Weise Gesicht und Gestalt verliehen. Während zeitgleiche deutsche Balladen-Helden ein Ideal verkörpern, ist der schottische „Held“ ein ganz anderer: ein trinkfester Weiberheld und „ganzer Kerl“, dazu gerissen und mit allen Wassern gewaschen, so daß am Ende stets ein anderer die Zeche zu zahlen hat. Kein Schotte, der sich nicht gern ein Stück weit als Tam O’Shanter sieht!

Leider gilt das auch für Robert Burns: Von Alkoholexzessen und ausschweifendem Leben gezeichnet, starb er 1796 im Alter von nur 37 Jahren. Er hinterließ eine Frau, vier eheliche Kinder, eine größere Zahl unehelicher, kein Vermögen, aber auch keine Schulden, und ein dichterisches Werk, das seiner Witwe ein Auskommen sicherte und ihn selbst unsterblich machte.            Angelika Fischer


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