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24.01.09 / Bohrende Fragen zum Massengrab / Aufklärung steht noch am Anfang – Erst vage Hinweise auf mögliche Tätergruppen – Heimatkreisvertreter Rückert vor Ort

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Bohrende Fragen zum Massengrab
Aufklärung steht noch am Anfang – Erst vage Hinweise auf mögliche Tätergruppen – Heimatkreisvertreter Rückert vor Ort

Immer mehr Tote werden auf einem Baugelände nahe der Marienburg in Westpreußen gefunden. Endlich berichten auch große deutsche Zeitungen über den beispiellosen Fund. Ein Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen“ hat sich an die Preußische Allgemeine gewandt und lange mit uns gesprochen. Weiterhin erweist sich der in Posen von einer internationalen Redaktion erstellte Internetdienst „Polskaweb“ als sehr gut informiert. Nachfolgend dessen Bericht vom 14. Januar (Rechtschreibung angepaßt, Ortsnamen übersetzt):

„Nachdem die Temperaturen in Marienburg wieder etwas gestiegen waren, gingen die Ausgrabungen an dem vor zwei Monaten entdeckten Massengrab, aus welchem nach unterschiedlichen polnischen Quellen bisher zwischen 1750 und 2034 Schädel geborgen wurden, am Dienstag vormittag weiter. Der hierfür eingesetzte Bagger mußte nicht lange graben, und schon in der ersten Stunde erhöhten sich hierbei die Opferzahlen um einige Dutzend.

Fast tagtäglich waren zuletzt Vertreter der internationalen Presse vor Ort, um sich vom Ausmaß der Tragödie selbst zu überzeugen. Der Schock saß tief beim Anblick dieses riesigen Erdloches in dem erstmals in der neuzeitlichen Historie ein Bagger die Feinarbeit von Spezialisten ersetzte, was den Respekt der Malborker Stadtverwaltung für das Leid der Opfer und deren Ehre eindeutig belegt.

In Polen hat inzwischen der Fund dieser Masse von zivilen Opfern im Zentrum einer ehemals deutschen Stadt große kontroverse Diskussionen ausgelöst. Überwiegend heftig werden der Bürgermeister von Marienburg, das Institut der nationalen Erinnerung (IPN) und die Staatsanwaltschaft, welche die Ermittlungen in der Sache führt, in den Medien und Foren im polnischen Internet kritisiert.

Man hat offensichtlich klare Anlässe hierzu und bringt die Verantwortlichen in Erklärungsnot. Bei ,Polskaweb News‘ sind derweil viele, oft anonyme, Hinweise auf etwaige Täter eines nicht unwahrscheinlichen, gigantischen Verbrechens eingegangen.

,Die Zweigstelle des Institutes der nationalen Erinnerung (IPN) in Danzig, verantwortlich u.a. für die Aufklärung von Kriegsverbrechen, ist nicht interessiert an einem mysteriösen Grab mit 2000 Toten aus dem Jahre 1945‘ – kritisieren mehrere große polnische Zeitungen am Mittwoch [14. Januar] das unglaubliche Verhalten des staatlichen Institutes in dieser Sache. Nach Angaben des Marienburger Staatsanwaltes Jarosław Kembłowski, dem von besorgten Bürgern Marienburgs vorgeworfen wird, das Massengrab unter den Teppich kehren zu wollen, sei das IPN bereits kurz nach Bekanntwerden von der Fundstelle unterichtet worden. Das IPN in Danzig behauptet dagegen, daß es eine solche Mitteilung zwar gebe, diese sei allerdings erst drei Wochen nach dem von Kembłowski angegebenen Absendedatum in Danzig eingegangen. Staatsanwalt K. hatte bereits nach drei Tagen die Akte ,Massengrab Zentrum‘ geschlossen. Nach seiner Aussage habe er ,keine Hinweise auf ein Verbrechen‘ finden können. Zu diesem Zeitpunkt waren ihm allerdings bereits Einschußlöcher in den Schädeln der ersten gefundenen Opfer bekannt. Ebenso beklagt man sich über die Art und Weise der Bergung der menschlichen Überreste, denen bei der Ausgrabung mit einem Schaufelbagger die Füße abgerissen, Knochen gebrochen oder der Schädel zertrümmert wurde. ,Dies ist eine wenig würdevolle Behandlung ermordeter unschuldiger Zivilisten‘, heißt es durchweg.

Die bei uns eingegangenen Hinweise zu dem Drama von Marienburg beinhalten meist Namen von Personen und Organisationen, welche im Zeitraum 1945/46 im Großraum Marienburg ein mörderisches Unwesen getrieben haben sollen. Eine dieser genannten Organisationen und Namen in Verbindung mit Morden wiederholt sich hierbei in mehreren Hinweisen: Die ,Wileska Brygada‘, auch ,Todesbrigade‘ genannt, unter der Führung von. ,Wileska Brygada‘ war ein Arm der polnischen Heimatarmee. Zygmunt Szendzielarz führte diese Truppe streng militärisch in Uniformen der polnischen Armee. Diese Brigade war während des Zweiten Weltkrieges im Raume Wilna in Litauen entstanden und soll dort vor allen Dingen gegen deutsche – und russische Besatzungstruppen vorgegangen sein. Nach dem Ende des Krieges operierte die ,Wileska Brygada‘ vor allen Dingen im Raume Pommern, Westpommern und Masowien. Hier töteten sie nicht nur russische Soldaten, sondern auch polnische Beamte und Zivilisten, denen man ,Verrat‘ nachsagte. Gleichzeitig lieferte man sich auch Gefechte mit anderen Gruppierungen, wie zum Beispiel diversen Räuberbanden, die sich in den ehemals deutschen Gebieten dem Raub und Mord widmeten. Daß sich die Wileska Brygada hierbei im Kampf um den Schutz der noch in diesen Regionen verbliebenen deutschen Restbevölkerung bemühte, ist unwahrscheinlich.

Nach den uns zugegangenen Hinweisen sollen sich Mitglieder der ,Wileska Brygada‘ in großer Zahl ab dem Spätherbst 1945 in Marienburg aufgehalten haben und von dort aus ihr ,Unwesen‘ getrieben haben. Diesbezüglich sind wir auch beim IPN, das angeblich schon lange wisse, wer Opfer und Täter waren, in Danzig fündig geworden. Demnach hatte tatsächlich ihr Kommandant Zygmunt Szendzielarz eine Postkarte im Oktober 1945 aus Marienburg abgesandt. Anfang 1946 hatte man laut IPN dann auch damit begonnen, ein umfangreiches Waffenlager in der Stadt anzulegen, was vor allen Dingen aus Handgranaten und deutschen Maschinenpistolen MP43 bestanden haben soll. Ob eventuell noch lebende Mitglieder der ,Wileska Brygada‘ etwas über das mysteriöse Massengrab sagen könnten, ist unklar. Es gibt auch keinen konkreten Hinweis, ob diese ,Truppe‘ etwas mit dem Tod dieser fast 2000 Menschen zu tun hatte. Eine Verbindung stützt sich bisher nur auf Vermutungen von teilweise anonymen Schreiben in polnischer und deutscher Sprache, die man mit Vorsicht behandeln sollte.“

Polskaweb berichtet im Folgenden über Anfeindungen in Form von Briefen und Medienberichten, denen es ausgesetzt sei, wobei letzteres auch die „Bild“-Zeitung betreffe. Ein Schweizer Internetportal habe Polskaweb unterstellt, daß es einseitig polnische Milizen für das oder die Verbrechen verantwortlich mache. Das aber stimme nachweislich nicht, während umgekehrt dieses Portal namens www.20min.ch meint, eine polnische Beteiligung ausschließen zu können. Polskaweb bittet seine Leser ferner, zur Aufklärung beizutragen, da eben nach wie vor unklar sei, wer Täter und Opfer sind. und stellt dann folgende Fragen:

– Warum hat sich bis heute das Institut der nationalen Erinnerung zuständigkeitshalber nicht in diese Sache eingeschaltet?

– Warum hat die zuständige Staatsanwaltschaft die Akten schon nach drei Tagen geschlossen?

– Warum gibt es keinerlei Unterlagen in den Archiven über diese gigantische Grabstätte?

– Warum wurden alle Opfer nackt begraben und keine Munition oder Zahnspangen, Goldzähne gefunden?

– Warum hat der Marienburger Bürgermeister schon kurz nach dem Fund der ersten Opfer die Anordnung herausgegeben, die Überreste mit einem Schaufelbagger zu bergen und dann auf dem Grundstück einer deutschen Kirche zu begraben, obwohl er zu jenem Zeitpunkt angeblich noch lange nicht wußte, daß es Deutsche waren?

– Warum sind diese Arbeiten mit äußerster Schnelligkeit vonstatten gegangen?

– Warum wird bei den Behörden nicht diskutiert, ob die Täter eventuell keine Russen waren?

Polskaweb hat erstmals Anfang Dezember 2008 von dem Massengrab berichtet. Inzwischen ist auch das deutsche BKA nach einem ,Gong‘ aus Berlin wach geworden und hat Experten zur Unterstützung der Polen bei der Zuordnung der Überreste der Opfer gesandt. Gleichzeitig soll auch die Todesursache der einzelnen festgestellt werden. Wir hoffen, egal wie die Ermittlungen in dieser grauenhaften Sache einmal ausgehen, daß auch dies eine Warnung für die nachkommenden Generationen sein wird. Die Helden dieser Aufdeckung eines wahrscheinlichen Massenmordes sitzen in Marienburg, denn sie haben die Medien und Behörden in Deutschland und Polen alarmiert und zeigen damit ganz klar, daß sie eine ehrliche deutsch-polnische Freundschaft wollen und keine Vertuschungen, Verschleierungen und Lügen. Solchen Leuten steht eigentlich ein Bundesverdienstkreuz zu ...“ Soweit der Bericht von Polskaweb.

Der Heimatkreisvertreter von Marienburg, Bodo Rückert, hat in dieser Woche Marienburg bereist, um sich vor Ort ein Bild zu verschaffen und um Gespräche mit Vertretern der Stadt und mit der Presse zu führen. Dabei hat Rückert Verantworliche und Öffentlichkeit eingehend über die Sicht des Heimatkreises informiert. PAZ

 

Bestattung in Danzig?

Als mögliche Alternative zu einer endgültigen Beisetzung der in Marienburg gefundenen Toten bei Stettin oder in Marienburg selbst ist nun Danzig ins Blickfeld gerückt. Danzig ist nur rund 40 Kilometer von Marienburg entfernt, so daß das Anliegen einer heimatnahen Beisetzung der Toten erfüllt wäre. Dies um so mehr, als vermutlich etliche der Marienburger Toten aus der Umgebung kamen. Eine Beisetzung auf einem Soldatenfriedhof wäre nach Einschätzung des Sprechers der Landsmannschaft Ostpreußen vertretbar, wenn Gräber von Zivilisten hinreichend deutlich als solche erkennbar sind und bestattete Frauen und Kinder nicht mit Kombattanten verwechselt werden können. „Dann hat ein Soldatenfriedhof sogar den Vorteil, daß den Getöteten das ewige Ruherecht garantiert ist“, erklärt v. Gotttberg. Entscheidend sei aus seiner Sicht, daß von allen Umgekommenen genetische Proben entnommen werden, so daß sie mit Hilfe der Angehörigen nach und nach identifiziert werden können.


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