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24.01.09 / Liebe, die nie endet / Ehefrau bleibt ihrem verschollenen Mann treu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Liebe, die nie endet
Ehefrau bleibt ihrem verschollenen Mann treu

Mit „Diese Liebe“ meldet sich Roberto Controneo, eine der wichtigsten literarischen Stimmen Italiens, zurück. Und wie auch in seinem Romanerstling „Die verlorene Partitur“ spielen in „Diese Liebe“ die Schlagwörter Erinnerung, Romantik, Lyrik und Verlust eine entscheidende Rolle.

Anna und ihr Mann Edo führen mit ihren zwei Töchtern Margherita und Laura und ihrer eigenen kleinen Buchhandlung ein harmonisches Leben. Doch durch einen Schicksalsschlag wird das Familienglück über Nacht unwiederbringlich zerstört.

„Seine Worte am Abend davor, im Dunkel unseres Schlafzimmers, im schwachen Lichtstrahl eines Rolladens. ,Morgen, morgen sehen wir weiter.‘ Sie waren nicht so wichtig. Dann träumte ich. Und dann diese Augen, die mich anschauten, ohne mich zu erkennen. Wo wohnt die Liebe, wenn man nicht mehr weiß, wen man vor sich hat? In welcher Welt hat sie sich versteckt? In welches Schicksal ist sie entschwunden, um zu verblassen? Ich ging zu ihm. ,Edo, geht es dir nicht gut?‘ Er hatte auch seinen Namen vergessen, in einem Gedächtnis, das versteinert zu sein schien, vor der Welt verborgen, doch besonders vor mir. Er antwortete: ,Edo? Wer ist Edo?‘“

Verzweifelt über die plötzliche Amnesie ihres Mannes, bemüht Anna sich um einen Termin bei einem Spezialisten in Rom. Doch bevor dieser eine Diagnose stellen kann, verschwindet Edo spurlos.

Nachdem alles Suchen sich als vergebens erwiesen hat und Edo immer noch wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheint, beginnen sich alle mit Edos Verschwinden abzufinden, … alle außer Anna.

Controneo beschreibt Annas Gedanken, jeder Ort, jede Alltagsszene, die sich in ihrem Leben abspielt, weckt vergessen geglaubte Erinnerungen an Edo. Mit poetischen Worten erschafft der Autor eine melancholische und zugleich zeitlose Atmosphäre. „Das Warten war ein Atem in mir, der nach einem Ort suchte, um nicht zu vergehen … Die Liebe beginnt im Körper, sagt ein Dichter. Und wo kommt sie an? Wenn sie im Körper beginnt, wo endet sie? Kann sie außerhalb des Körpers verschwinden, oder soll sie ja gerade außerhalb des Körpers ankommen? Welches ist der Gedanke der Liebe?“

Zeitlos ist Annas Liebe, doch ticken die Uhren im realen Leben für sie weiter. Und so vergehen die Jahre, in denen sie die Erinnerungen an Edo wieder und wieder  aufbereitet, zum Sommer hin seine Sommer- und zum Winter hin seine Winterkleidung wäscht. Stets in der Hoffnung, daß Edo eines Tages an der Tür klopfen und mit wiedergewonnenem Gedächtnis seine saubere Kleidung einfordern könnte.

Doch eines Tages: „An der Tür, an der ich vorübergehe, ohne es zu wollen, höre ich Margherita mit Laura sprechen … ,Sie sucht in der Erinnerung noch immer nach ihm.‘ ,Man kann nicht von Erinnerungen leben, Margherita.‘ ,Laura, sie lebt nicht von Erinnerungen, sondern die Erinnerungen leben durch sie wieder auf.‘ ,Na, ich weiß nicht.‘ ,Verstehst du denn nicht, daß das eine Art zu lieben ist? Ihre Art zu lieben. Eine Art, die wir nicht kennen.‘ Gerne hätte ich die Tür geöffnet. Ich hätte Margheritas Blick auffangen wollen.“

Zum Ende nimmt der Roman eine überraschende Wendung. Roberto Controneo läßt durch seinen Roman „Diese Liebe“ den Leser nach 158 Seiten grübelnd mit seinen Gedanken allein. Man mag über das Ende streiten, aber darüber nachdenken, wird der Leser in jedem Fall!             A. Ney

Roberto Controneo: „Diese Liebe“, Insel Verlag, Leipzig 2008, geb., 158 Seiten, 17,80 Euro


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