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24.01.09 / Bescherung für die Königsberger / Russische Monographie zur Geschichte des Schlosses erschienen – 1968 von den Sowjets gesprengt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Bescherung für die Königsberger
Russische Monographie zur Geschichte des Schlosses erschienen – 1968 von den Sowjets gesprengt

Zur „Geschichte des Königsberger Schlosses“ ist in der Pregelstadt die erste Monographie in russischer Sprache erschienen.

Bei Russen ist traditionell Neujahr die Zeit der Bescherungen und Geschenke. Ein besonders schönes bekamen dieser Tage die Königsberger von Wladimir Kulakow, seit 1974 Leiter der „Baltischen Expedition des Archäologie-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften“, die bereits 400 Objekte in der Region konserviert und erkundet hat. Seine „Geschichte des Königsberger Schlosses“, ein Büchlein von 130 Seiten, ist geschrieben für die Bürger, „die sich schon seit Jahrzehnten für eine Wiedergeburt des Königsschlosses interessieren“.

„Eine wissenschaftliche Arbeit ist das nicht, eher historische Prosa“, erklärte der Autor bei der Präsentation. Wenn man das Wort Prosa mit „Klartext“ übersetzt, erschließt sich die zweifache Absicht des Autors: Einerseits erzählt er spannend die Geschichte des Schlosses seit dem 13. Jahrhundert – andererseits redet er Klartext mit den Sowjet-Barbaren, die diesen „ältesten nordeuropäischen Komplex von militärischer, administrativer und kultureller Bedeutung“ erst plünderten und dann zerstörten. Oder er läßt Dokumente sprechen, etwa in Faksimile die arrogante Antwort der Stadtverwaltung an „Bürgerin Malda“ von 1967, daß man „Bauarbeiten am Schloß für unzweckmäßig“ hielte.

Am 25. April 1945, „knapp zwei Wochen nach der Kapitulation der Festung Königsberg“, brach in der Schloßruine eine „fieberhafte Suche“ nach „verborgenen Schätzen“ aus. Dabei fand man ein Inventarverzeichnis, in welchem unter dem 5. Dezember 1941 auch das legendäre „Bernsteinzimmer“ vermerkt war. Das vor allem interessierte die „Schatzsucher“ vom Typ des „Genossen S., Akademiemitglied, vormals Kolchos-Chef und Autodidakt“. In dem „Beuteland Ostpreußen“ wollten sie möglichst viel Beute machen, ohne sich um archäologische oder konservatorische Grundregeln zu kümmern. Als „Kulturdenkmal“ galt das Schloß nicht, es wurde nicht bewacht, war dem Wüten von Ignoranten preisgegeben, die nicht einmal merkten, daß sie in einem Schloßflügel Reste der berühmten „Prussia“-Sammlung prähistorischer Altertümer fanden. 60 Kisten füllten ihre zusammengerafften Funde, die im Nirgendwo lan­deten.

Nicht wenige Seiten füllt Kulakow mit den Namen derer, die lange Jahre Soldaten und Bagger abordneten, um das Schloß, „Wespennest des preußischen Militarismus“, endgültig zu zerstören und seine Reste 1968 zu sprengen. Im selben Jahr entstand die „Baltische Expedition“, die das Chaos vollendete: Bis 1973 stocherte sie im Schloßboden herum, der immer mehr von Bauarbeiten für das neue „Haus der Sowjets“ zerwühlt wurde. Kulakow erinnert sich, daß Jugendliche zum jüdischen Chanukka-Fest, das regelmäßig in die christliche Advents- und Weihnachtszeit fällt, achtarmige Menorah-Leuchter an die Schloßreste stellten, die eine Parallele zum Tempel von Jerusalem symbolisierten.

Erst mit dem Sturz des Kommunismus begann für das „Königsberger Schloß ein Leben nach dem Tode“. Die Bürger der Stadt wollten ihr „Korolevskij Zamok“ (Königsschloß) immer erhalten, jetzt stimmte auch die Stadtverwaltung zu, nicht zuletzt mit Blick auf deutsche Förderer, die immer mehr Interesse bekundeten. Viel war von dem Schloß nicht mehr vorhanden, aber ein Neubau im Zustand von 1938, „aus welcher Zeit wir die besten Unterlagen haben“, wurde vor allem von dem energischen Stadtarchitekten Alexander Baschin favorisiert. Baschin ist inzwischen entlassen, und so wird wohl Plan B umgesetzt werden: Ein „Touristisches Informationszentrum“ rund um erhaltene Reste von Gräben, Gängen und Mauern, dazu Bilder und Dokumente in Fülle. Viel ist das nicht, aber doch eine Hommage an einen Ort, „wo jeder Stein und jeder Ziegel den Charme der Historie atmet“. Wolf Oschlies

Foto: Wladimir Kulakow bei einer Autogrammstunde: Der Leiter der „Baltischen Expedition des Archäologie-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften“ stößt mit seinem Buch auf großes Interesse.


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