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24.01.09 / Ein Lichtbild wird zum Holzschnitt / Moderne Fototechnik trifft auf alte Drucktechnik – Die Ergebnisse sind sehenswert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Ein Lichtbild wird zum Holzschnitt
Moderne Fototechnik trifft auf alte Drucktechnik – Die Ergebnisse sind sehenswert

Die kleine, aber feine Kunstdruckerei von Martin Kätelhön liegt etwas versteckt in einem Kölner Gewerbegebiet. Wer die ehemalige Fabrikhalle betritt, glaubt sich zunächst in einem Industriemuseum. Großflächige und ziemlich betagte Maschinen mit mannshohen Schwungrädern stehen im Raum. Es riecht nach Farbe, genauer gesagt: nach Druckerschwärze. Untrüglicher Hinweis, daß hier das Druckerhandwerk noch ausgeübt wird.

Seit drei Generationen verbindet sich mit dem Namen Kätelhön Zeichnung und künstlerische Druckgraphik. Seit ebenfalls drei Generationen werden Künstler und ihre Arbeit intensiv betreut. Martin Kätelhön, Enkel des Malers, Zeichners, Radierers und Kunstdruckers Hermann Kätelhön (1884–1940): „Die aus der ersten Generation stammende Krausepresse (Sternpresse) steht in meiner Kölner Werkstatt und arbeitet präzise wie schon seit 100 Jahren.“

Diese Erfahrung und das Können des Kunstdruckers machte sich der Kölner Fotograf Jürgen Christ jetzt zunutze. Seine Idee: Fotos aus seinem umfangreichen Archiv in Holzschnitt-Technik wiedergeben. Er tüftelte und probierte einige Zeit und fand schließlich einen Weg, aus einer Bildvorlage einen Holzdruckstock zu erstellen. Dabei werden in aufwendiger Handarbeit Teile der Holzoberfläche einer Pappelholzplatte mit dem Stechbeitel entfernt. So entstehen – ähnlich wie bei einem Stempel – erhabene Flächen, welche die Bildfarbflächen nach Einfärbung mit einer Öldruckfarbe als typischen Holzschnitt-Druck wiedergeben. Moderne Fototechnik trifft hier mit altehrwürdiger Drucktechnik zusammen.

Für die Präsentation seiner Fotoholzschnitt-Technik wählte der Kölner Fotograf ein spektakuläres und zugleich auch schwieriges Motiv: Den Sprung von Deutschlands bekanntester Stuntfrau Tanja de Wendt vom Düsseldorfer Fernsehturm. 1992 ließ sich die damals 25jährige aus 180 Meter Höhe vom TV-Turm fallen. Gesichert nur mit einem dünnen Stahlseil und fotografiert von Jürgen Christ. Jetzt wurde das damalige Medienereignis wiederbelebt – und Tanja, mittlerweile 41 Jahre alt, ließ es sich nicht nehmen, bei der „Neuauflage“ des Sprungs dabei zu sein.

„Der Sprung dauerte damals neun Sekunden, die Belichtungszeit für das Foto 1/2000 Sekunde, und für den Holzschnitt brauchte ich drei Monate“, zählt Fotograf Jürgen Christ nüchtern Zeit und Zeiten auf. Kein Wunder, mißt der Druckstock doch das stolze Maß von 1,05 Meter mal 1,50 Meter – also gut und gern eineinhalb Quadratmeter Fläche.

Kunstdrucker Martin Kätelhön legt ein schweres Papier mit Baumwollanteilen auf die geschwärzte Oberfläche des

Druckstocks. Dann kurbelt er mit einem großen Rad die zentnerschwere Walze über das Papier.

Der Druckvorgang muß bei Gu-tenberg vor über 500 Jahren ähnlich ausgesehen haben. Vorsichtig hebt Kätelhön nach dem Walzendurchlauf den Druckbogen vom hölzernen Druckstock.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Old-Tech meets High-Tech“, faßt Fotograf Jürgen Christ den ersten Moment der Inaugenscheinnahme zusammen. Er ist, ebenso wie Kunstdrucker Kätelhön, zufrieden mit dem Ergebnis.

Vorlagen hat der Kölner Fotograf zuhauf. In seinem Archiv befinden sich Fotos von Böll und Beuys, Küche und Kochen, Adenauer und anderen Politikern. Doch kann jeder, der einen Fotoholzschnitt in Auftrag geben möchte, auch sein eigenes Lieblingsfoto mitbringen.

Siegfried Schmidtke

Foto: Angetan vom Ergebnis: Martin Kätelhön (Mitte) mit Tanja de Wendt und Fotograf Jürgen Christ


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