28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.01.09 / Mit Preußenflagge in den Urwald / »Im Rausch der Ferne« läßt Auswanderer von früher zu Wort kommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Mit Preußenflagge in den Urwald
»Im Rausch der Ferne« läßt Auswanderer von früher zu Wort kommen

Als es noch kein Fernsehen gab, mußte sich der Betreffende zumeist selbst auf den Weg machen, um ein Bild von der Fremde zu erhaschen. Wer gar ein „neues Leben XXL“ wagen wollte, konnte auch keinen „Auswanderer-Coach“ bemühen – um nur zwei der TV-Formate zu zitieren, die sich dem Thema Auswanderung widmen. Wer hier in der Regel ins Bild gerät, zeigt sich von seinem Rausch der Fremde sehr schnell ernüchtert. Vor Jahrhunderten war die Ausdauer derer, die auszogen, länger. Nachzulesen ist dies in der vom Völkerkundler Ralf Küttelwesch herausgegebenen Anthologie des „Konservativen Rausches“, deren erster Teil dem „Abenteuer Alkohol“ gewidmet war. Zwar fehlt letzterer auch diesmal nicht, doch widmet sich die Fortsetzung vornehmlich dem „Rausch der Ferne“. Einen nicht unbeträchtlichen Teil nimmt dabei das studentische Korporationsmilieu ein sowie das sich im „Blutrausch“ vollziehende Erleben, oder genauer: Sterben des Frontsoldaten.

Doch nota bene finden sich in der Sammlung Anekdoten und Historien. So beispielsweise jene von der Festungsgründung Großfried-richsburg. Sie erinnert daran, daß Brandenburg-Preußen lange vor den – erst Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden – Kolonialbestrebungen Deutschlands entsprechenden Wagemut zeigte: Im Auftrag des Großen Kurfürsten Fried-rich Wilhelm I. von Brandenburg landete der Major Otto-Friedrich von der Groeben 1682 vor der Küste des heutigen Ghana, verhandelte mit den Häuptlingen der Eingeborenen und legte den Grundstein für die erste deutsche Kolonie in Afrika. Da aber der Große Kurfürst die „krämerhaften, kurzsichtigen Königsberger Kaufleute“ nicht von der Aufnahme überseeischen Handels überzeugen konnte, mußte die „Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie“ drei Jahrzehnte später die Segel streichen. Friedrich Wilhelm I. von Preußen verkaufte die Kolonie 1717 an die Niederlande, und der letzte deutsche Generaldirektor übergab die Festung Großfriedrichsburg dem schwarzen Häuptling Jan Cunny. Der verweigerte den Niederländern die Übergabe unter Verweis auf seinen Eid dem König in Preußen gegen-über. Bis zum Jahr 1724 schlug er die wiederholten Angriffe der holländischen Flotte zurück. Er flüchtete schließlich „unter Mitnahme der Brandenburgischen Flagge“ in den Urwald.

Lesenswert sind auch die unterhaltsamen Beobachtungen und Berichte von Richard Katz. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war er der meistgelesene deutschsprachige Reiseschriftsteller: „Wer sich mit seinem Deutschsein im Auslande brüstet, ist ebenso schädlich wie der, der es verleugnet (die letztere Sorte ist häufiger).“ Katz weiß aber auch: „Gründlich sehen ist besser als vieles sehen.“ Seine Erkenntnis berührt das berühmte Diktum des Forschungsreisenden Alexander von Humboldt. Der wußte bereits: „Die gefährlichste Weltanschauung ist die Anschauung derjenigen, die die Welt nicht angeschaut haben.“ Peter Westphal

Ralf Küttelwesch (Hrsg.): „Der konservative Rausch – Im Rausch der Ferne und andere Geschichten. Zweite Anthologie“, factum coloniae, Köln, geb., 305 Seiten, 24,95 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren