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24.01.09 / Gescheiterter Versuch einer Ehrenrettung / Rudolf von Ribbentrop über seinen Vater und dessen Politik im Dritten Reich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-09 vom 24. Januar 2009

Gescheiterter Versuch einer Ehrenrettung
Rudolf von Ribbentrop über seinen Vater und dessen Politik im Dritten Reich

Im hohen Alter unternimmt Rudolf von Ribbentrop, Sohn des als einer der Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg 1946 zum Tode verurteilten und am 16. Oktober 1946 hingerichteten Reichsaußenministers Joachim von Ribbentrop, den Versuch, der Nachwelt eine positivere Sicht auf seinen Vater und dessen Rolle im sogenannten Dritten Reich zu vermitteln. Joachim von Ribbentrop gehört zu den am negativsten beleumundeten Persönlichkeiten aus Hitlers Machtapparat.

Der Tenor des Buches „Mein Vater Joachim von Ribbentrop – Erlebnisse und Erinnerungen“ lautet: Bei Hitlers Forderungen nach Expansion im Osten, nach Revision der Grenzen von 1919 und Wiederaufrüstung des Reichs habe es sich um maßvolle und zu rechtfertigende Vorschläge gehandelt, und der Reichsaußenminister habe in diesem Sinne mit seinen Verhandlungen im Ausland Deutschland dienen wollen. Hitler sei seit 1938 zwar risikoreich vorgegangen, habe sich aber bis in die letzten Tage des August 1939 nicht mit eindeutigen Kriegsabsichten getragen. Er sei während der Polen-Krise wegen der Frage des „Korridors“ bis zuletzt an einer Übereinkunft mit England interessiert gewesen. Doch England, wie zuvor Frankreich, hätte seine Offerten zurückgewiesen und damit das Geheimbündnis zwischen Hitler und Stalin vom 23. August 1939 provoziert sowie letztlich den deutschen Angriff auf Polen.

Neben dieser eigenwilligen Sicht auf die Geschichte läßt der Autor auch die Ursache des Endes von Englands Appeasement-Politik außer Acht: Kein Staatslenker der Welt wollte mit einem Diktator paktieren, dessen Ideologie unabänderlich auf Rassenhaß sowie generell auf blindwütigem Haß beruhte – keiner außer Stalin. Dementsprechend gelingt es Rudolf von Ribbentrop, der im Zweiten Weltkrieg als SS-Offizier unter anderem im Osten eingesetzt war, auch nicht, ein anderes und positiveres Bild seines Vaters, der Hitlers Politik und Weltanschauung nach außen hin vertrat, zu entwerfen.

Der Verfasser schildert seinen Vater teilweise aus eigenem Erleben und zitiert aus dessen 1953 veröffentlichten Memoiren. Auch beruft er sich auf häusliche Gespräche vor allem mit seiner Mutter Anneliese geb. Henkell. Geboren 1893 in Wesel (Niederrhein) als Sohn eines Offiziers ohne Adelsprädikat, gründete Joachim von Ribbentrop nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin eine Weinhandelsfirma. Bereits damals verkehrte er in Kreisen der Prominenz aus Kunst und Politik. Einige Jahre später ermöglichte ihm die Adoption durch einen Verwandten das Führen des Adelsprädikats „von“. Seit 1932 war er NSDAP-Mitglied. Er war noch nicht 40 Jahre alt, „als die Politik nach ihm griff“, so sein Sohn. Eingangs seines Buchs beschreibt er die geheimen „schick-salhaften Verhandlungen“, die im Januar 1933 in seinem Elternhaus zwischen Hitler und Göring sowie von Papen und Oskar von Hindenburg, dem Sohn des Reichspräsidenten, stattfanden. Das Ergebnis war die „Beschlußfassung über eine nationale Front“. Damit verhalf der Privatmann Ribbentrop dem von ihm verehrten Demagogen Hitler zum erklärten Ziel, Reichskanzler zu werden.

Rudolf von Ribbentrop, der angibt, bereits als Elfjähriger die politischen Veränderungen in Deutschland gespannt verfolgt zu haben, versucht im ersten Teil seines Werkes nachzuweisen, daß Hitler von 1933 bis 1939 den Wehrwillen Deutschlands lediglich aufgrund der bedrohten Lage des Reichs, das ein Machtvakuum in Mitteleuropa darstellte, herausgestellt, militante Formen demonstriert und dadurch eine noch nicht vorhandene Stärke Deutschlands suggeriert habe. Vermutlich sei allein aus diesem Grund kein Angriff des bolschewistischen Rußlands auf das Reich erfolgt.

Der Verfasser schreibt „gegen einen Nebel von Verleumdungen“ seines Vaters an, aber ebenfalls gegen manche gängigen Auffassungen von Hitler, den er im übrigen für „Deutschlands größte Katastrophe seit dem Dreißigjährigen Krieg“ verantwortlich macht. Er möchte seine Leser jedoch davon überzeugen, daß Hitler sein „negatives Image“ erst 1942/43 selbst kreierte hätte! Nachdem er mit dem Überfall auf Rußland 1941 „den entscheidenden Fehler“ begangen hatte, was ihm selbst frühzeitig aufgegangen sei, verrannte er sich, wurde er unzugänglich gegenüber der Beratung durch seinen Außenminister und die zur Verhandlung mit Rußland drängenden Generäle, wurde in jeder Beziehung immer unberechenbarer. Ribbentrops Bedeutung nahm während des Krieges zunehmend ab. Ein gewichtiger Vorwurf gegen ihn lautete später, er habe sich kaum mit den innenpolitischen Vorgängen in Deutschland beschäftigt. Diesen Vorwurf kann sein Sohn keinesfalls entkräften.             Dagmar Jestrzemski

Rudolf von Ribbentrop: „Mein Vater Joachim von Ribbentrop – Erlebnisse und Erinnerungen“, Ares Verlag, Graz 2008, geb., 496 Seiten, 29,90 Euro


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