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31.01.09 / Tempelhof-Schließung wird Millionengrab / Blumenwiese? Rotlichtbezirk? Suche nach Alternativ-Nutzung des riesigen Flughafengeländes gerät zur Farce

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 31. Januar 2009

Tempelhof-Schließung wird Millionengrab
Blumenwiese? Rotlichtbezirk? Suche nach Alternativ-Nutzung des riesigen Flughafengeländes gerät zur Farce

Ende Januar sollten sie stehen, die Vorschläge für eine Neunutzung des Tempelhofer Flughafengeländes, so die forsche Ankündigung von Berlins rot-roter Landesregierung. Ohne jede Not hatte der Senat vor einem Vierteljahr die Schließung des Flughafens Tempelhof (THF) verfügt.

Kleinlaut wurde die Präsentation einer Nachnutzung nun auf Mai vertagt. Denn mittlerweile wird auch für die, die es bislang nicht glauben wollten, zunehmend deutlich, daß zu einem Weiterbetrieb des weltweit einmaligen „Zentralflughafens“ keine vernünftige und erst recht keine wirtschaftliche Alternative erkennbar ist. Nichts demonstriert dies sichtbarer als die vergangene Woche für drei Tage der Öffentlichkeit vorgestellten ersten Ideen, die Ergebnisse eines sogenannten „Call for Ideas“ (Ideenwettbewerbs). Diese wurden von den Verantwortlichen – in erster Linie dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (beide SPD) und ihrer Senatsbaudirektorin Regula Lüscher – in hohen Tönen gepriesen: als Beispiele für die potentielle „Entwicklung“ Tempelhofs. 

Die Wahrheit sieht jedoch traurig aus: Von den 80 eingereichten Entwürfen hatte eine von der Stadtbaudirektorin betreute Jury zwölf ausgewählt, die in den kommenden Monaten weiterentwickelt werden sollen. Dazu zählen einmal mehr die fruchtlosen Ideen weiterer Wohnquartiere, für die es gar keine relevante Nachfrage gibt. Vorgestellt wurde auch eine Blumenwiese oder der besonders pikante Plan eines Rotlichtviertels. Die hektische Suche nach ebenso abenteuerlich wie deplaciert wirkenden Vorschlägen ist auch ein Ergebnis der roten Zahlen, die seit der Schließung Tempelhofs dramatisch in die Höhe schnellen.

Alle Fachleute hatten das Finanzdesaster vorausgesagt, doch der rot-rote Senat wollte nicht hören. So hatte er seinerzeit den Schließungsbescheid des Flughafens Tempelhof mit jährlichen Betriebsverlusten in Höhe von zehn Millionen Euro zu rechtfertigen versucht. In Wirklichkeit aber, schätzen Experten, beliefen sich diese nur auf etwa fünf Millionen,

Zudem hatten Kenner der Materie mehrfach dargelegt, daß der Flugbetrieb selbst gar keinen Verlust verursachte, sondern die Defizite ausschließlich auf die zu 50 bis 80 Prozent unvermieteten Gebäudeflächen zurückzuführen seien. Die aber hätten, da das Gebäude unter Denkmalschutz steht und von daher so oder so erhalten werden muß, bereits damals intensiv vermarktet werden können. Doch der Senat hatte entsprechenden Angeboten hochmütig eine Absage erteilt.

Inzwischen hat der Fraktionschef der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus, Martin Lindner, gedroht, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Er hegt den Verdacht, daß das Parlament über die zu erwartenden Kosten getäuscht worden ist. Erste Bestandsaufnahmen scheinen dies zu bestätigen. So erklärte Sven Lemiss von der BIM (Berliner Immobilien-Management GmbH), der seit dem 1. November vergangenen Jahres die Verwaltung des Gebäudekomplexes obliegt, daß sich der Jahresverlust bei geschlossenem Flughafen sogar auf 14 Millionen Euro belaufen könnte. Und selbst das scheint noch gering angesetzt. Auf Grundlage der vom Bund prognostizierten monatlichen Kosten von einer Millionen Euro und weiteren sieben bis acht Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen geht ein neugegründeter Verein mit dem Namen „Das Thema Tempelhof“ von insgesamt mindestens 20 Millionen jährlicher Kosten aus.

Nicht eingerechnet in diese Bilanz sind die horrenden Ausbaukosten für den Flughafen Tegel. Denn da die von Tempelhof bislang aufgefangenen Flugbewegungen nunmehr von Tegel mitgetragen werden, wird hier die Kapazität erweitert. Die dafür anfallenden Ausbaukosten beziffern sich auf 50 Millionen Euro. Verlorenes Geld, denn: Tegel soll nach Eröffnung des neuen Großflughafens bei Schönefeld in jedem Falle dichtgemacht werden. Hinzu treten die bislang unbekannten Sozialplankosten für entlassene Mitarbeiter. So hatte Wowereit in bezug auf den Flughafen Tempelhof noch im Jahr 2004 von 32 Millionen Euro Schließungskosten gesprochen.              Christian Dorn


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