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31.01.09 / Deutschlands erster Bundespräsident / Vor 125 Jahren kam Theodor Heuss im schwäbischen Brackenheim zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 31. Januar 2009

Deutschlands erster Bundespräsident
Vor 125 Jahren kam Theodor Heuss im schwäbischen Brackenheim zur Welt

Viele Westdeutsche haben als das erste Staatsoberhaupt „Papa Heuss“ in Erinnerung. Aber das Klischee des gemüt- und verständnisvollen Landesvaters wird der vielschichtigen Persönlichkeit des ersten Bundespräsidenten nicht gerecht.

Theodor Heuss war in vielerlei Hinsicht ein typischer Repräsentant des von Frankreich geprägten und liberalen deutschen Südwestens. Am 31. Januar 1884 kam er im schwäbischen Brackenheim als jüngster von drei Söhnen eines späteren Leiters des Heilbronner Tiefbauamtes zur Welt. In Heilbronn besuchte er bis zum Abitur ein humanistisches Gymnasium. Es folgte ein Studium der Volkswirtschaftslehre, aber auch der Kunstgeschichte, hatte Heuss doch durchaus Sinn für das Schöne. Das Studium schloß er in München mit einer Doktorarbeit über ein typisch südwestdeutsches Thema ab: Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn.

Schon in diesen Jahren der Ausbildung und Persönlichkeitsreifung schloß sich Heuss dem Nationalsozialen Verein des Liberalen Friedrich Naumann an. Naumann war es denn auch, der den Schwaben im Jahre 1905 in die Reichshauptstadt holte. Heuss hatte zu diesem Zeitpunkt bereits sein Herz für den Journalismus entdeckt und betreute nun in Berlin als Redakteur den kulturell-literarischen Teil der „Hilfe“. Später brachte er sich dann auch in den politischen Teil von Naumanns Zeitschrift ein. 1912 zog es ihn als Chefredakteur der „Neckarzeitung“ kurz in seine Heimat, nach Heilbronn, aber bereits sechs Jahre später kehrte er in die Hauptstadt zurück, wo er in die Geschäftsführung des Deutschen Werkbundes eintrat, einer wirtschaftskulturellen Vereinigung vor allem von Künstlern, Architekten und Unternehmern, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten um eine Verschönerung von Industrieprodukten im Stile der Neuen Sachlichkeit bemühte. Ab 1920 war Heuss zusätzlich als Studienleiter und Dozent an der Hochschule für Politik tätig. Daneben betätigte sich Heuss in Berlin wieder journalistisch. Er redigierte bis 1922 die Wochenzeitschrift „Deutsche Politik“, gab von 1923 bis 1926 die Zeitschrift „Die Deutsche Nation“ heraus und arbeitete anderen Presseorganen des In- und Auslandes regelmäßig zu.

In all dieser Zeit wich Heuss Naumann politisch nicht von der Seite. So war er dabei, als Linksliberale nach der Novemberrevolution die Deutsche Demokratische Partei (DDP) gründeten, deren erster Vorsitzender Naumann wurde. Für die DDP saß Heuss erst in der Schöneberger Bezirks- und später auch in der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Von 1924 bis 1928 und dann wieder ab 1930 gehörte er dem Reichstag an.

Diesem politischen Engagement bereiteten die Nationalsozialisten nach ihrer „Machtergreifung“ schnell ein Ende. Wie seine Parteifreunde stimmte Heuss zwar für das Ermächtigungsgesetz, doch verlor er wie seine Parteifreunde noch im selben Jahr sein Reichstagsmandat. In jenem Schicksalsjahr enthoben die Nationalsozialisten Heuss auch seiner Funktionen beim Deutschen Werkbund und bei der Deutschen Hochschule für Politik. Ein Publikationsverbot zwang ihn 1936, aus der Redaktion und Herausgeberschaft der „Hilfe“ auszuscheiden. Fünf Jahre später fand Heuss jedoch eine feste Beschäftigung bei der „Frankfurter Zeitung“. In dieser liberalen Zeitung fand er mit vorwiegend historischen und kulturpolitischen Beiträgen seine Nische. Auf Anweisung Adolf Hitlers wurde den deutschen Zeitungen allerdings bereits schon im darauffolgenden Jahr verboten, Texte von Heuss abzudrucken. Unter dem Pseudonym „Thomas Brackheim“ und dem Kürzel „r.s.“ veröffentlichte er jedoch weiter in der Presse. Darüber hinaus verfaßte er – diesmal unter eigenem Namen – Biographien, unter anderem über Justus von Liebig und Robert Bosch. Politisch und größtenteils auch journalistisch kaltgestellt, übersiedelte er 1943 aus der Hauptstadt in die Provinz nach Heidelberg.

Nach der Kapitulation der Wehrmacht erhielt Heuss zusammen mit Rudolf Agricola und Hermann Knorr von der US-Besatzungsmacht die Lizenz, mit der heute noch bestehenden „Rhein-Neckar-Zeitung“ eine der ersten Nachkriegszeitungen herauszugeben. Des weiteren ernannten die US-Amerikaner den Journalisten zum ersten „Kultminister“ des neugeschaffenen Landes Württemberg-Baden, ein Amt, das er bis 1946 bekleidete. Mit anderen Liberalen gründete er 1946 die Demokratische Volkspartei (DVP) für die er erst in der Verfassungsgebenden Landesversammlung und dann bis 1949 im Landtag Württemberg-Badens saß.

Wenige Monate nach ihrer Gründung wurde Heuss noch im Jahre 1946 Vorsitzender der DVP in der US-Zone. Heuss’ politische Karriere nahm Konturen an. Als 1947 die gesamtdeutsche Demokratische Partei Deutschlands (DPD) gegründet wurde, wurden Heuss und der Vorsitzende der ostzonalen Liberal-Demokratischen Partei (LDP), Wilhelm Külz, deren Vorsitzende. Als das gesamtdeutsche Projekt DPD im Zuge der deutschen Spaltung scheiterte, wurde 1948 als liberale Partei der drei Westzonen die Freie Demokratische Partei (FDP) gegründet. Erster Vorsitzender der Partei und auch ihrer Fraktion im Parlamentarischen Rat wurde Heuss.

Nach der ersten Bundestagswahl und der Bildung einer bürgerlichen Koalition wurde der Vorsitzende der größten Koalitionspartei, der Union, zum Kanzler- und der Vorsitzende der zweitstärksten Kraft, der FDP, zum Präsidentschaftskandidaten. Beide setzten sich mit der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition durch. Es spricht für die Beliebtheit von „Papa Heuss“, daß er bei der Wiederwahl 1954 anders als 1949 bereits im ersten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Mit 85,6 Prozent erzielte er das beste Ergebnis, mit dem je ein Bundespräsident aus einer Wahl der Bundesversammlung hervorgegangen ist. Es wurde sogar erwogen, das Grundgesetz zu ändern, um Heuss eine dritte Amtszeit zu ermöglichen, aber der Liberale wollte nach der zwölfjährigen Herrschaft Adolf Hitlers keinen Präzedenzfall schaffen. Nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit 1959 zog er sich in die Heimat und ins Privatleben zurück. Seinen Lebens­abend verbrachte Theodor Heuss in einem als Altersruhesitz gebauten Haus in Stuttgart, wo er am 12. Dezember 1963 verstarb.           M. R. / C. W.

Foto: Theodor Heuss mit dem Ehepaar Churchill – eines der wenigen Farbbilder des ersten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland


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