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07.02.09 / Benedikts Gratwanderung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 07. Februar 2009

Benedikts Gratwanderung
von Konrad Badenheuer

Es war ein kühner Schritt, die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ durch den Vatikan. Dies aber nicht so sehr wegen der törichten Äußerungen eines der vier Betroffenen, die der Piusbruderschaft selbst ausgesprochen peinlich sind, sondern wegen der weitreichenden theologischen Folgen, die dieser Schritt hat.

Hätten die Vertreter der Piusbruderschaft erklärt, sie würden von nun an alle Lehren des Vatikanum II akzeptieren und die seit 1967 geltende Liturgie als zumindest gültig anerkennen, dann wäre die Aufhebung der Exkommunikation unproblematisch gewesen. Das aber scheint nicht geschehen zu sein – und hier beginnt die Gratwanderung, zu der Papst Benedikt aufgebrochen ist. Traditionell hat zwar nur das Bestreiten von Dogmen kirchentrennenden Charakter, und das Vatikanum II hat auf Dogmatisierungen verzichtet. Doch gerade von Bischöfen erwartet Rom seit jeher eine weitergehende Zustimmung zu seinen Lehren: Sie sind frei, auf Konzilien zu widersprechen. Doch nach vollzogener Entscheidung ist die unterlegene Minderheit zum Mittragen des Beschlossenen verpflichtet. Genau dazu aber ist die Piusbruderschaft – ob zu Recht oder zu Unrecht – weiterhin nicht bereit.

Benedikt XVI. hat damit, bei Licht besehen, ein Zeichen der Geistesfreiheit gegeben: Man kann offenbar katholischer Bischof sein, auch wenn man wichtige Lehren Roms – etwa in Sachen Religions- und Gewissensfreiheit – zurück-weist. Die Absurdität besteht im Falle der Traditionalisten darin, daß es gerade der von ihnen so heftig bekämpfte erweiterte Freiheitsgedanke ist, der es ihnen nun erlaubt, auch als vollberechtigter Teil der katholischen Kirche an ihrem Widerspruch festzuhalten.

Ein weiterer Punkt erscheint nicht weniger gravierend: Trotz aller Sympathien, die Benedikt XVI. seit langem für die überlieferte Liturgie zeigt, bleibt doch der neue Ritus der „ordentliche“ der katholischen Kirche. Diese Liturgie aber wird von der Piusbruderschaft abgelehnt. Nicht nur nach katholischer Lehre bildet die Liturgie die Herzmitte der Kirche. Vier katholische Bischöfe, die erklären, ihre rund 4800 Mitbrüder im Bischofsamt zelebrierten nicht richtig – das hat es in der an Irrungen und Wirrungen reichen Kirchengeschichte so noch nicht gegeben.

Dieser subtile Riß erscheint auf Dauer das größere Risiko des mutigen Schrittes Benedikts XVI., größer als alle kirchenpolitischen und dogmatischen Fragen zusammen, über die linksliberale Medien, die den Papst heute für „entrückt“ erklären, so oft jammern und stöhnen. Heilen ließe sich dieser Riß letztlich nur mit Korrekturen an der Reform von 1967. Wer die beachtliche geistliche Kraft und ethische Standfestigkeit der Piusbruderschaft kennt (die übrigens auch in Sachen Vertreibung anders als etwa die deutschen Kardinäle Lehmann und Sterzinsky nie von der Klarheit Pius’ XII. abgewichen ist) hat Grund, sie sich zu wünschen.

Foto: Die Piusbruderschaft: Weil Erzbischof Marcel Lefebvre mehrere Dokumente des II. Vatikanischen Konzils und die Liturgiereform von 1967 ablehnte, bildete sich eine Kluft zwischen seinen Anhängern und der katholischen Mehrheit. Zum Bruch kam es 1988 durch vier von Rom nicht genehmigte Bischofsweihen. Doch die Piusbruderschaft, die weit konservativer ist als das Opus Dei, blieb unbeugsam. Zu ihrem geistlichen Profil gehören öffentliche Gebete (s. Bild links) vor Abtreibungskliniken, gegen den „Christopher-Street-Day“ und gegen Moschee-Neubauten. Für sie genießt die Piusbruderschaft trotz aller Unterschiede auch unter konservativen Protestanten einigen Respekt.


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