24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.02.09 / Marathon statt Mission / Marburger will Südafrikanern helfen, doch die dortigen Eigenheiten verwirren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 07. Februar 2009

Marathon statt Mission
Marburger will Südafrikanern helfen, doch die dortigen Eigenheiten verwirren

Etwas verrückt muß man schon sein, wenn man mit 33 Jahren, samt hübscher Ehefrau und Tochter, aus dem beschaulichen Marburg nach Johannesburg/Südafrika umzieht, um dort aidsgefährdeten Menschen zu helfen. Daher also der Titel des Buches „… zwischen den Welten“. Das ist beileibe nicht nur geographisch gemeint, sondern vor allen Dingen kulturell. Die Welten zwischen weißen und schwarzen, zwischen reichen und armen Menschen, zwischen Europäern und Afrikanern sind anscheinend grundverschieden. Auch die zwischen Christen, Atheisten und Andersgläubigen, denn der Autor ist von einer freikirchlichen Organisation als „Missionar“ nach Afrika geschickt worden.

Immer wieder schildert Dichristin eine Art Kulturschock. So fremd ist die Welt, in die er mit seiner Familie gekommen ist. Eigentlich gekommen um zu helfen, benötigt er selbst vielleicht am meisten Hilfe. Wie es ihm zwischen Juli 2007 und März 2008 in Südafrika ergangen ist, das ist indem Büchlein nachzulesen.

Der junge Mann fühlt sich am Ende des Jahres 2007 „ausgepowert“, das Leben in einer fremden Kultur ist für ihn überaus anstrengend. Alles ist fremd – nicht nur die Sprache, die Gewohnheiten, die Bräuche.

Ein Missionar braucht in der Regel mehrere Jahre, um sich zu „inkulturieren“, wie das die Fachleute nennen. Erst dann kann er wirklich den Menschen helfen. Vorher ist er selbst ein Lernender.

Davon handelt das Buch in großer persönlicher Offenheit. Verblüffend ehrlich fragt der Autor am Anfang des Buches, wen sein Tagebuch eigentlich interessieren könnte – und antwortet: „Das Buch interessiert mich. Ich interessiere mich für mein Leben.“ Das klingt ziemlich egozentrisch, ist sein Aufenthalt also ein Selbsterfahrungstrip? Ziemlich verblüffend ist dieser Ansatz auch für einen Missionar, der eigentlich gekommen ist, um anderen Menschen zu helfen.

Von dieser wichtigen Arbeit, immerhin hat Südafrika eine der höchsten Aids-Raten der Welt, findet der Leser leider viel zu wenig in Matthias Dichristins Buch. Dafür um so mehr von der Lauf-leidenschaft des Autors. Daher auch der Anfang des Buchtitels „Mein Lauf …“.

Der Autor ist also tatsächlich zuerst einen Halbmarathon und dann einen ganzen Marathon gelaufen. Damit endet im zehnten Kapitel dann auch das Tagebuch. In übertragenem Sinne meint der Autor damit auch die notwendige Anpassung und Flexibilität, die von ihm alltäglich gefordert wird. Beim Laufen kommt er der afrikanischen Mentalität näher, den laufbegeisterten Menschen, egal ob sie reich oder arm, schwarz oder weiß sind.

Davon berichtet Dichristin auf eine schlichte und ehrliche Weise. Er redet seine Erfahrungen nicht schön. Zusammen mit den biblischen Denkanstößen und Impulsen von Tobias Faix erhält der Leser auch wichtige Anstöße, über sein eigenes Leben, seinen Glauben und sein Hoffen, den eigenen „Lauf zwischen den Welten“ nachzudenken.    Hinrich E. Bues

Matthias Dichristin: „Mein Lauf zwischen den Welten“, Hänssler Verlag 2008, broschiert, 112 Seiten, 9,95 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren