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14.02.09 / Grundsatzfragen warten auf Klärung / Die Piusbruderschaft hat Williamson abgesetzt – Rom muß eigene Mehrdeutigkeiten klären

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-09 vom 14. Februar 2009

Grundsatzfragen warten auf Klärung
Die Piusbruderschaft hat Williamson abgesetzt – Rom muß eigene Mehrdeutigkeiten klären

Mehr als nur geduldig ging die Piusbrüder mit ihrem eben erst von der Exkommunikation befreiten Weihbischof Richard Williamson um. Obwohl dieser nach seiner unsäglichen Holocaust-Leugnung weder in der Sache selbst noch hinsichtlich des für den Papst und die katholische Kirche angerichteten Schadens Einsicht zeigte, blieben tagelang Konsequenzen aus. Die Rede war von einem „britischen Exzentriker“, der als Nichtdeutscher in Sachen Holocaust eine Art Narrenfreiheit haben sollte.

Mit solchen Einlassungen wurde deutlich, daß die an sich glaubensstarke und mutige Gemeinschaft nach der auch für sie selbst überraschenden Aufhebung der Exkommunikation ihrer vier Bischöfe noch nicht wirklich in der Kirche angekommen war – sosehr sie diese Wiederaufnahme auch selbst erbeten und im wahrsten Sinne des Worte erbetet hatte.

Es vergingen Tage, bis die Gemeinschaft von rund einer halben Million Katholiken nach zunächst nur verbalen Distanzierungen die unvermeidliche Konsequenz zog und bekanntgab, daß Williamson die bisherige Leitung eines Priesterseminars bei Buenos Aires verlieren würde.

Dieser Schritt ist tatsächlich das Mindeste, um gravierenden Schaden von der katholischen Kirche, ja der ganzen Christenheit, abzuwenden. Ein in voller Gemeinschaft mit Rom stehender Bischof – auch wenn er kein Bistum hat und sogar weiterhin suspendiert ist – kann solche Positionen schlechterdings nicht vertreten.

Ähnliche Korrekturen waren auch in Deutschland nötig und sind inzwischen vollzogen worden. Pater Franz Schmidberger, seines Zeichens Distriktoberer der deutschen Piusbruderschaft, nahm Begriffe wie „Kinderschänder“ für den islamischen Propheten Mohammed und „Gottesmörder“ für die Juden ganz zurück bzw. schwächte sie weitgehend ab. Diese Korrekturen, die vielen Katholiken noch nicht ausreichen werden, waren bitter notwendig, um nicht die gesamte theologische Argumentation der Piusbruderschaft über das Verhältnis Roms zu den Nichtchristen gründlich zu diskreditieren.

An solchen Schritten wird deutlich, daß die Piusbruderschaft, die doch in einem zentralen Anliegen, der Rehabilitierung der überlieferten Liturgie, ihre Vorstellung weitgehend durchsetzen konnte, auch nicht gerade ein Lehramt jenseits des Papstes für sich beanspruchen kann. Die Gemeinschaft hat eben jahrelang in einer Art Wagenburg gelebt, in der Fortschritte, die es in einem weiten Umfeld des religiösen Niedergangs trotz allem auch gegeben hat, nicht mehr bis zu ihr durchgedrungen sind.

Der Dialog mit den übrigen 99,995 Prozent der katholischen Kirche war Sache sehr weniger Repräsentanten dieser Gemeinschaft und hatte nicht die Breite, die zur gegenseitigen Befruchtung notwendig gewesen wäre. Nur dieser Flaschenhals in der Kommunikation erklärt auch, warum der Kurie in Rom die unhaltbaren Positionen eines der vier Exkommunizierten entgehen konnten. Wie es heißt, habe der zuständige Kardinal Darío Castrillón Hoyos, das Gespräch überwiegend nur mit dem eher gemäßigten Oberhaupt der Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay, geführt. Ob der konservative Hoyos die Ansichten Williamsons – zu denen massive Angriffe gegen den Papst hinzukommen – tatsächlich unbekannt waren oder ob er diese Tatsachen bewußt in Kauf nahm, ist heute Gegenstand vieler Spekulationen unter Katholiken. Manche halten jedenfalls für möglich, daß dem Kardinal, der im 80. Lebensjahr steht, der Begriff „Google-Suche“ ein Fremdwort sein könnte.

Einer derer, die im begrifflichen und inhaltlichen Durcheinander um die Rehabilitierung der vier Bischöfe den Überblick behielten, war übrigens der 23jährige Student Nathanael Liminski. Er schlug vor, wenn der Vatikan das nächste Mal eine Exkommunikation aufhebe, solle er mit Rücksicht auf die Gesetze der Mediengesellschaft eine Erklärung mitveröffentlichen, was eine Exkommunikation und deren Aufhebung überhaupt ist. Tatsächlich handelt es sich um einen vergleichsweise geringen Schritt, weil die vier Bischöfe der Piusbruderschaft als Bischöfe weiterhin suspendiert sind, während umgekehrt selbst die Exkommunikation noch keinen Kirchenausschluß darstellt. Dieser ist nach katholischer Lehre so unmöglich wie die Annullierung einer Taufe. Der Schritt des Papstes besteht darin, daß die vier bislang gemaßregelten Bischöfe jetzt uneingeschränkt zu den Sakramenten zugelassen und von daher legitimer Teil der Kirche sind.

Jenseits solcher kirchenrechtlichen Fragen stehen die inhaltlichen Kontroversen, die die Piusbruderschaft aufwirft und die über liturgische Dinge weit hinausgehen. In punkto Religionsfreiheit, Ökumene, Verhältnis von Staat und Kirche und nicht zuletzt bei der Definition und Bewertung von Menschenrechten und Demokratie sind nach der Aufhebung der Exkommunikationen einige Klärungen, denen Rom bisher ausgewichen ist, vermutlich unvermeidlich geworden.        K.B.


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