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14.02.09 / Ärger über Alleingänge / Wowereit unter Beschuß aus eigenen Reihen – Berliner CDU legt gegen den Bundestrend zu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-09 vom 14. Februar 2009

Ärger über Alleingänge
Wowereit unter Beschuß aus eigenen Reihen – Berliner CDU legt gegen den Bundestrend zu

Das Bild vom Strahlemann hat Kratzer bekommen. Die Unzufriedenheit mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wächst, in der eigenen Koalition wie in der Wählerschaft: Gegen den Bundestrend holt die Union in der Hauptstadt auf.

Die Luft wird dünner für Klaus Wowereit. Einerseits wird hinter den Kulissen das Stühlerücken vorbereitet, falls der bisherige Finanzsenator Thilo Sarrazin tatsächlich zur Bundesbank wechselt (PAZ 06/2009). Der Regierende Bürgermeister gab Befürchtungen über einen Weggang des erfolgreichen Ressortchefs neue Nahrung mit dem Zitat, daß es nun mit dem Sparkurs in Berlin vorbei sei. Wörtlich sagte er im Zusammenhang mit der geplanten verfassungsmäßigen „Schuldenbremse“: „Man soll sich keine Ziele setzen, die den Kern des Scheiterns bereits in sich tragen.“

Zudem gibt es Irritation über die Arbeit im Senat. Dort geht es offenbar drunter und drüber. Der Regierende Bürgermeister mischt sich demnach über Gebühr in Angelegenheiten seiner Senatoren ein. Den jüngsten Fall von Kompetenzgerangel erlebten die Berliner gerade, als Klaus Wowereit mit der Modemesse Bread and Butter (Brot und Butter) eine langfristige Vermietung der Tempelhofer Flughafenhangars vereinbarte. Er tat dies im Alleingang, ohne seine Stadtentwick­lungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer auch nur zu konsultieren. Seine SPD-Parteigenossin plant seit Monaten die Nachnutzung des früheren Flughafengeländes. Der Regierende Bürgermeister ist ihr direkt in die Parade gefahren. „Er hätte die Genossin Ingeborg stärker mitnehmen müssen“, heißt es aus der SPD-Fraktion.

Es war nicht das erste Mal, daß Wowereit seine „Parteifreundin“ in den Regen stellte. Zuvor hatte er den von ihr mitzuverantwortenden Entwurf für die Neugestaltung des Alexanderplatzes öffentlich gerügt oder gegen ihren Willen einen Turmbau des Bundestages ausverhandelt.

Mit seinem jüngsten Alleingang, der Modemesse, die Berlin 2006 eiskalt den Rücken gekehrt hatte, Tempelhof anzudienen, hat Wowereit nun die halbe Stadt gegen sich aufgebracht. Da sind einmal die anderen Investoren, die sich übergangen fühlen, weil sie jetzt nicht mehr mieten können. Auch die Chefs der Handwerks- und der Handelskammer haben gegen Wowereits Ein-Mann-Schau protestiert. Damit habe er „dem Image des Wirtschaftsstandortes schweren Schaden zugefügt“, schrieben die Kammer-Präsidenten in einem Brief an den Regierenden. Dazu kommen die Hunderttausenden Berliner, die wegen der Schließung des Zentralflughafens an sich noch immer unzufrieden sind. Flughafen-Freunde haben deswegen sogar ein Volksbegehren für die Auflösung des Abgeordnetenhauses eingeleitet.

Der Verein „Das Thema Tempelhof“ wirft Wowereit „selbstherrliches Verhalten“ vor und fordert Neuwahlen. Die Chancen auf einen Erfolg dieses Volksbegehrens sind indes gering, solange es keine Unterstützung von großen, mitglieder- und finanzkräftigen Organisationen gibt.

Zu Beginn der Woche kochten auch die Oppositionsparteien die Angelegenheit hoch: Sie setzten eine Sondersitzung des Stadtplanungsausschusses durch, zu dem Wowereit aber nicht erschien. Später sollte in einem anderen Ausschuß über die Mietverträge gesprochen werden. Doch das dürfte wegen der Regierungsparteien nichtöffentlich geschehen. Hochnäsig und geheimniskrämerisch – so steht der Senat aus SPD und Linkspartei da. Dieses Bild hat die Opposition aus Grünen, Schwarzen und Gelben jedenfalls erfolgreich erzeugt. Es schadet Wowereit und seiner Regierung.

Das alles hat Folgen für die politische Stimmung in der Hauptstadt. In der jüngsten Sonntagsfrage des Instituts Forsa zu den Bundestags-Wahlabsichten der Berliner schnitt die CDU als stärkste Partei ab. Zwar würde bei einer Abgeordnetenhauswahl noch immer die SPD vorn liegen (SPD 28 Prozent, CDU 23). Bei einer Bundestagswahl würden die Berliner aber mehrheitlich für die Union votieren (CDU 25 Prozent, SPD 24).

Ein großer Durchbruch sieht zwar anders aus, aber eine kleine Sensation ist das schon. Immerhin hat die CDU seit 1990 in Berlin bei keiner Bundestagswahl mehr in Führung gelegen. Stets schnitt die SPD deutlich besser ab, meistens lag sie sogar zweistellig vor der Union.

Dazu kommt: Die Union ist bundesweit auf dem absteigenden Ast. Anfang Februar ermittelten die Statistiker von Infratest Dimap bei der Sonntagsfrage nur noch 34 Prozent für die CDU/CSU. Das war der schlechteste Wert seit vielen Monaten. Daher deuten Beobachter die Erholung der CDU-Werte in Berlin gegen den negativen Bundestrend vor allem als Folge landespolitischer Entwicklungen.

Auch die 23 Prozent, die für die CDU bei einer Abgeordnetenhauswahl prognostiziert werden, sind eine leichte Verbesserung. Der neue CDU-Vorsitzende Frank Henkel kann zufrieden sein. Unter der Führung des früheren Diepgen-Vertrauten setzt die Union, die unter dem glücklosen Friedbert Pflüger in ein tiefes Tal gefallen war, zur Aufholjagd an. SPD und Linkspartei kommen in der Umfrage zusammen nur auf 43 Prozent und hätten damit keine Mehrheit mehr.   Harald Fourier

Foto: Quittung für Selbstherrlichkeit und Alleingänge: Die rot-rote Koalition in Berlin ist in Umfragen auf 43 Prozent abgesackt, die CDU macht Boden gut.


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