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21.02.09 / Sargnagel der Weltwirtschaft / Der Protektionismus geht um: Nicht nur Exportland Deutschland drohen schwere Schläge

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Sargnagel der Weltwirtschaft
Der Protektionismus geht um: Nicht nur Exportland Deutschland drohen schwere Schläge

Der Befund könnte nicht beunruhigender sein: Im Dezember verzeichneten die Auftragsbücher deutscher Maschinenbauer 40 Prozent weniger Orders als im Vorjahresmonat, bereits im November reduzierten sie sich um rund 30 Prozent. Die Binnennachfrage sank um mehr als ein Drittel, die des Auslands um mehr als zwei Fünftel – seit 1958 waren die Bestellungen in einem Quartal nicht mehr derart eingebrochen. Die globale Finanzkrise hat den Maschinenbau erreicht, das Rückgrat der deutschen Industrie. Noch zu Krisenbeginn im Oktober rechnete die Branche hierzulande nur mit stagnierender Produktion, nun sollen sieben Prozent wegbrechen.

Die Folgen für den Arbeitsmarkt zeichnen sich erst schemenhaft ab: 25000 Arbeitsplätze fallen 2009 der Flaute zum Opfer, heißt es nunmehr, davon allein 10000 durch Insolvenzen. Dennoch gibt sich die Branche unverdrossen optimistisch: Man solle den momentanen Produktionsausfall nicht als Prognose für das laufende Jahr betrachten, es gebe Kurzarbeit, vorerst würden nur Leiharbeiter entlassen, und nicht zuletzt habe man auch aus vergangenen Krisen gelernt: Noch nie sei die Eigenkapitalquote der Betriebe mit durchschnittlich 34 Prozent so hoch gewesen, das helfe vor allem den großen Unternehmen, die Durststrecke zu überbrücken: „Uns ist, was die mittel- und langfristige Zukunft des Maschinen- und Anlagenbaus angeht, nicht bange“, sagte Manfred Wittgenstein, Chef des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), in der vergangenen Woche, „wir sind gut aufgestellt“.

Grund also, sich zu entspannen in einer angespannten Situation? Unbestritten zählen die deutschen Maschinenbauer zu den innovativsten der Welt und verfügen vor allem im Bereich von Textil- und Druckmaschinen schon jetzt über Entwicklungen, die auch in Zukunft auf große Nachfrage stoßen dürften. Jedoch produziert die Branche zu drei Viertel für den Export und ihr Boom in den vergangenen fünf Jahren ging vor allem auf den großen Bedarf in Rußland, China oder Indien zurück – aber gerade dort lauert im Moment der Krise das Gespenst des Protektionismus: Schon seit Jahren kursiert die Rede von Pekings „ökonomischem Nationalismus“. Europäer und Amerikaner monieren dürftige Marktzugänge und unfaire Geschäftsgebaren. Moskau will jetzt die Einfuhr von Stahlprodukten und Landwirtschaftsmaschinen verteuern, und was Neu-Dehli anbelangt, so besteht die Gefahr von Protektionismus der besonderen Art: Zwar darf Indien als WTO-Mitglied Einfuhrzölle nicht unbegrenzt erhöhen, allerdings erhob es wie viele andere aufstrebende Länder in der Praxis Zölle, die weit unter denen liegen, die in den Verträgen zugelassen sind.

Es könnte seinen Durchschnittszoll um ungefähr 15 Prozent anheben – ohne damit vertragsbrüchig zu werden. „Die Schwellenländer könnten Sorgen bereiten“, sagte Rolf Langhammer, Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. „Wenn sie als Wachstumstreiber ihre vertraglichen Zölle ausschöpfen, haben wir ein Problem.“ Die Folgen für den deutschen Maschinenbau, einer stark exportabhängigen Branche, wären katastrophal. Dabei schadet Protektionismus auch seinen eigenen Verursachern: So erwies sich der „Smoot-Hawley Tariff Act“ zum Schutz der US-Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz aus dem Jahre 1930 als schlimmes Eigentor. Nachdem ihn Präsident Herbert Hoover unterzeichnet hatte, brach der Welthandel auf Dollarbasis bis Anfang 1933 um zwei Drittel ein – und verstärkte somit den Einbruch der Weltwirtschaft nach dem Börsenkrach vom Oktober 1929. Michael Böhm


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