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21.02.09 / Mein Gott, Walter!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Mein Gott, Walter!
von Anton Heinrich

Namen sind nicht nur Schall und Rauch, sondern Namen machen Leute. Die Weisheiten zu diesem Thema sind Legion: „Wer den Namen hat, hat den Menschen“, sagt ein afrikanischer Spruch. Und ein alter Wikinger kam kühn auf die Idee, eine zu rund 85 Prozent von Gletschern bedeckte Insel ausgerechnet „Grönland“ (=grünes Land) zu benennen, um seinen Entdeckerruhm zu mehren und die Besiedlung des eher trostlosen Eilands zu fördern.

Neudeutsch nennt man die Suche nach zugkräftigen Namen „Branding“, und diese Teildisziplin des Marketings macht neuerdings selbst vor Spitzenpolitikern nicht mehr Halt. Oder hieß nicht der Kanzlerkandidat der SPD bis vor wenigen Tagen Frank-Walter Steinmeier? Jetzt verkaufen die Wahlstrategen der SPD ihn nur knapp als „Frank Steinmeier“. Sogar Hillary Clinton von den befreundeten US-Demokraten spielt brav mit und nennt den Bundesaußenminister seit kurzem vertaulich-intern nur noch „Frank“, heißt es in Berlin.

Die inhaltliche Entleerung der Politik hat damit eine neue Stufe erreicht. Nicht mehr nur Kleidung, Frisur, Krawatte und Teint der Spitzenleute werden „durchgestylt“ (Hans Eichel schickten seine PR-Berater sogar ins Solarium). Nein, das Personal wird kurzerhand umbenannt! Ein Kandidat namens Franz-Josef oder Alois wird es in Preußen schwer haben, und ein Helmut oder eine Dorothea klingen vielleicht eher nach Vergangenheit als nach Zukunft, so die Sorge der Strategen. Dabei hat doch der Name Walter eine respektable Geschichte und eine speziell für Bundeskanzler in spe bemerkenswerte Urbedeutung: Einst althochdeutsch-würdig noch mit der Bedeutung „Herrscher“ gestartet, assoziieren heute die jungen Leute bestenfalls noch ihren Opa damit – befürchtet offenbar die SPD. Eine Partei, die gestalten statt verwalten will – kann die sich einen Kandidaten namens Walter leisten? Noch dazu, wenn der sowieso eher die Ausstrahlung eines Dr. Aktendeckel hat? Die SPD-Werbestrategen meinten: Nein. Und strichen den Walter kurzerhand von der Kandidatenliste.

Jedenfalls kommt der Steinmeier jetzt nur noch als Frank daher, was wohl neuen Schwung und Lebensfreude signalisieren soll: Frank und frei, Frank N. Furter, Frankenstein. Die ursprüngliche Wortbedeutung „frech“ könnte Steinmeiers Bürokratenimage auflockern, dachten wohl die Erfinder der Umbenennung. Und wenn der zweiteilige Name sich leichter einprägt als das dreiteilige Original – um so besser, denn noch fehlt dem Kandidaten die allgemeine Bekanntheit Merkels. Im Ernst: Mit diesem Schritt, der an die Spaßwahlkämpfe der FDP erinnert, hat die SPD der politischen Kultur des Landes keinen guten Dienst erwiesen. Daß „Frank Steinmeier“ so etwas mit sich machen läßt, spricht gegen ihn.


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