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21.02.09 / Das Wissen der Welt erschließen / Google und andere Internetanbieter wollen Millionen Bücher erfassen und ins Weltnetz stellen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Das Wissen der Welt erschließen
Google und andere Internetanbieter wollen Millionen Bücher erfassen und ins Weltnetz stellen

Bis zum Jahr 2015 möchte die Internetsuchmaschine Google 15 Millionen Bücher (das sind umgerechnet 4,5 Milliarden Seiten) gescannt haben, um sie ihren Nutzern aus aller Welt im Internet anzubieten. Ein gewaltiges Vorhaben, das neben ungeahnten Chancen allerdings auch Schwierigkeiten birgt.

Was sich unglaublich anhört, ist zunächst ganz einfach. Über bestimmte Suchworte können Buchseiten gefunden werden. Sofern die Texte urheberrechtlich frei sind und keine Einschränkungen durch Verlage oder Bibliotheken vorliegen, können die Buchseiten vollständig eingesehen werden. Liegen allerdings urheberrechtliche Beschränkungen vor, dann sind nur Textauszüge zu finden. Die Buchsuche per Mausklick soll helfen, Bücher bei Google zu entdecken und zu erfahren, wo man sie kaufen oder ausleihen kann. Weiterführende Links wie Rezensionen, Kauf- und Ausleihmöglichkeiten sind verbraucherfreundlich.

Die Vision: Eines Tages sollen Millionen Bücher im Volltext verfügbar sein. Wissenschaftliches Arbeiten könnte dadurch revolutioniert werden. Allerdings fühlen sich deutsche Autoren dabei bisher nicht gut behandelt, sie fürchten um ihr Urheberrecht. Google hat bislang rund sieben Millionen Bücher aus US-amerikanischen Bibliotheken digital erfaßt. Der amerikanische Autorenverband Authors Guild sowie die Association of American Publishers haben im vergangenen Herbst ihren Urheberrechtsstreit mit Google gegen eine Zahlung von 125 Millionen Dollar beigelegt und so den Weg für eine umfassende Online-Suche auch in geschützten Büchern und Texten freigemacht. Google forderte damals Verlage und Autoren aus Deutschland auf, ihre Rechte in den USA anzumelden. Unter den sieben Millionen Büchern, die unter diese Vereinbarung fallen, sind immerhin Zehntausende deutschsprachige Buchtitel.

Ein Viertel der 125 Millionen Dollar soll laut Gerichtsbeschluß für die Einrichtung eines Registers für Buchrechte verwandt werden. Dort können Autoren und Verlag eintragen lassen, ob sie den Vergleich ablehnen, die digitale Verwertung ihrer Werke durch Google billigen oder aber auf der Entfernung bereits gescannter Texte bestehen. Bei Zustimmung sollen sie an der kommerziellen Nutzung mit 63 Prozent des von Google erzielten Gewinns, mindestens aber mit 60 Dollar pro Werk beteiligt werden.

Diese Lösung ist den europäischen Autoren nicht genehm. Sie suchen nach einem eigenen Weg. Neben der Verwertungsgesellschaft Wort (Die VG Wort wurde 1958 auf Betreiben des damaligen „Verbandes deutscher Schriftsteller“ gegründet und verwaltet die Tantiemen aus Zweitnutzungsrechten an Sprachwerken auch von Funk und Fernsehen in Deutschland) und dem Börsenverein des deutschen Buchhandels wollen sich nun auch der Verband deutscher Schriftsteller in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sowie der Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband beteiligen.Ohne kommerziellen Hintergrund befindet sich ein anderes großes Internet-Projekt im Aufbau.

Mit der Bibliothek „Europeana“ will die EU die kulturelle Vielfalt Europas in Büchern, Musik, Bildern, Fotos und Filmen für alle Bürger über ein einziges Online-Portal per Mausklick zugänglich machen (www.europeana.eu). „Die Digitalisierung von Kulturwerken kann den Europäern Zugang zu den Beständen ausländischer Museen, Bibliotheken und Archive geben, ohne daß sie sich dazu auf Reisen begeben oder in Hunderten von Seiten nach der gewünschten Information blättern müssen“, heißt es von der EU-Kommission. Um den Traum von einer europäischen digitalen Bibliothek verwirklichen zu können, müßten die Mitgliedsstaaten allerdings noch weitere Anstrengungen vor allem zur Digitalisierung der eigenen Kulturwerke unternehmen. Die verantwortliche EU-Kommissarin Viviane Reding: „Ziel ist es, die Digitalisierungsbemühungen auf nationaler Ebene zu koordinieren, zum Beispiel durch Verwendung gemeinsamer Formate und Standards, und dabei Doppelarbeit zu vermeiden: Goethes ,Faust‘ oder Victor Hugos ,Les Misérables‘ sollten schließlich nur einmal und nicht 27mal digitalisiert werden.

“Sie könne sich durchaus vorstellen, so Reding, daß auch Texte auf Nordfriesisch oder Sorbisch Aufnahme finden. „Persönlich hoffe ich, daß bald auch Werke in meiner Muttersprache Lëtzebuergesch in digitaler Form verfügbar sein werden.“ Da bleibt zu hoffen, daß man in Deutschland die Mundarten aus den Vertreibungsgebieten wie das ostpreußische Platt oder Schlesisch nicht vergißt.120 Millionen Euro läßt sich die EU dieses Projekt kosten. Bis 2012 soll das Portal zehn Millionen Exponate umfassen und in allen 23 offziellen EU-Sprachen verfügbar sein. Daß allerdings Bibliotheken und Museen um Besucher bangen müssen, da es dann vom heimischen Sofa aus möglich sein wird, die Mona Lisa in Paris zu bestaunen oder eines der in alle Welt verstreuten Gemälde von Lovis Corinth, bleibt zu bezweifeln. Angesichts von 2,5 Milliarden Büchern, die es allein in Europas herkömmlichen Bibliotheken gibt, ist das Projekt noch weit entfernt von einer allumfassenden Wissensdatenbank. Und in der bildenden Kunst bleibt zu sagen: Das Original ist nicht zu schlagen. Um erste Eindrücke zu gewinnen aber ist das Internet eine Lösung. Silke Osman

Foto: Am Computer: Mona Lisa zu Hause bewundern oder Goethes „Faust“ lesen Bild: bernetblog


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