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21.02.09 / Friedrich der Große schuf sie ab / Streckbank, Daumenschrauben, glühende Zangen: Das Foltermuseum in Rüdesheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-09 vom 21. Februar 2009

Friedrich der Große schuf sie ab
Streckbank, Daumenschrauben, glühende Zangen: Das Foltermuseum in Rüdesheim

In den Gewölbekellern des Mittelalterlichen Foltermuseums in Rüdesheim am Rhein taucht der Besucher in ein finsteres Kapitel europäischer Geschichte ein. Auf über 1000 Quadratmetern findet sich ein Gruselkabinett der besonderen Art: eine Sammlung der eindrucksvollsten Folterwerkzeuge, mit denen man vom Mittelalter bis weit in die Neuzeit so manches Geständnis vermeintlicher Ketzer und Hexen erzwang. Schon im alten Rom kam die Folter zum Einsatz, allerdings nur gegen Sklaven oder Bürger, die des Hochverrats angeklagt waren. Hatten Kirchenväter und Päpste noch vor der ersten Jahrtausendwende Leibesstrafen als Druckmittel abgelehnt, so änderte sich dies im hochmittelalterlichen Kampf der Kirche gegen häretische Bewegungen. Papst Innozenz IV. billigte in seiner Bulle „Ad exstirpanda“ von 1252 erstmals die Folter als Instrument zur Wahrheitsfindung.

Ungläubige sollten bei den Inquisitionsverhören ihre Irrtümer bekennen und Gesinnungsverwandte verraten, „ohne daß sie dabei getötet oder ihnen Arme und Beine gebrochen werden“. In Deutschland war die Folter – auch peinliche Befragung nach dem lateinischen Wort für Strafe „poena“ genannt – seit Anfang des 14. Jahrhunderts ebenfalls in der weltlichen Gerichtsbarkeit gebräuchlich. Sie war nur bei schweren Verbrechen zulässig, etwa bei Mord, Kindsmord, Raubüberfällen, Falschmünzerei oder Hexerei. Bloße Indizien reichten nach der mittelalterlichen Rechtssprechung nicht zur Verurteilung aus. Wenn der Beschuldigte daher partout nicht gestehen wollte und sich auch keine glaubwürdigen Augenzeugen fanden, dann wurde der Wahrheit eben etwas nachgeholfen. Hierbei waren der grausamen Phantasie der Folterknechte keine Grenzen gesetzt.

Auf der Streckbank fesselten sie die Angeklagten an Händen und Füßen und zogen sie mit Hilfe der Winde regelrecht in die Länge. Daumen-, Arm- und Beinschrauben wurden solange zugedreht, bis der Übeltäter redete oder seine Knochen brachen. Auch glühende Zangen, mit denen man Nasen, Finger, Zehen und Brustwarzen der Opfer zwickte, verfehlten nicht ihre Wirkung. Auf einem nach oben keilförmigen Holzbock, dem so genannten Spanischen Bock, mußten vermeintliche Hexen stundenlang mit gespreizten Beinen ausharren und zogen sich dabei schmerzhafte Genitalverletzungen zu.

Untreue Ehefrauen kamen in die berühmte eiserne Jungfrau, einen Sarkophag in Frauengestalt aus Holz oder Metall. Die Verwendung der Figur als Mordinstrument, bei dem sich nach innen stehende Nägel in den Leib von Todeskandidaten bohrten, gilt heute aber als Humbug. Fast zu Tode lachten sich Verurteilte, deren Fußsohlen der Scharfrichter entweder mit einer Feder kitzelte oder mit Salz bestrich und eine Ziege daran lecken ließ. Wenig zu lachen hatten Angeklagte, die gefesselt literweise Wasser trinken mußten und dabei zu ersticken drohten. Entgegen der päpstlichen Empfehlung hatten die schmerzhaften Foltermethoden oftmals bleibende körperlichen Schäden oder sogar den Tod zur Folge. Im Jahre 1532 verfügte Karl V. mit der „Peinlichen Gerichtsordnung“, daß die Folter lediglich bei schwerwiegendem Verdacht zulässig und Geständnisse nur gültig sein sollten, wenn sie auch außerhalb der Folterkammer abgegeben wurden. Erst Friedrich II. von Preußen schaffte 1740 als Erster die Folter ab. Als aufgeklärter Humanist hielt er die Folter für ein menschenunwürdiges Instrument, das auch viele unschuldige Opfer gefordert habe. Sophia Gerber

Nähere Informationen erteilt das Mittelalterliche Foltermuseum, Oberstraße 49-51, 65385 Rüdesheim am Rhein, Telefon Museum (06722) 47510, Telefon Büro und Telefax (0621) 153210, www.foltermuseum.com/


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