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28.02.09 / Dorf-Idyll im Zentrum Berlins

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-09 vom 28. Februar 2009

Dorf-Idyll im Zentrum Berlins
von Harald Fourier

Im Grunde können die Berliner froh sein über die Verkehrssituation in ihrer Stadt. Natürlich meckern sie, weil das ihre Art ist: über die vielen Dauerbaustellen, über immer mehr nächtliche 30er-Zonen auf Hauptverkehrsstraßen oder über spontane Straßensperrungen für Staatsgäste oder Demonstranten. Dennoch ist der Autofahrer in Berlin  verglichen mit anderen Metropolen gut dran. Ins Londoner Zentrum zu fahren kostet Unsummen (City-Maut), in Rom ist das für Nichtansässige sogar verboten. Und in Manhattan einen Parkplatz finden? Viel Spaß dabei!

Trotzdem gibt es unter den Berlinern Unmut über die Verkehrspolitik des Senats, die nach dem Prinzip der Salamitaktik Autofahrern das Leben immer schwerer macht. Die alte CDU-geführte Regierung hatte eine Zielvorgabe, nämlich 80:20. 80 Prozent öffentlicher Nahverkehr, nur 20 Prozent Individualverkehr (also vor allem Autos). Das waren Vorgaben wie bei einem sowjetischen Zehnjahres-Plan. Straßen wurden deswegen verkleinert, Parkplätze abgeschafft, Busspuren ausgedehnt. Rote und grüne Lokalpolitiker setzen dem nun noch die Spitze auf.

Der rot-rote Senat hat die Parkplatzreduzierung fortgesetzt. Der neueste Vorschlag aus der Schatzkiste der Absurditäten kommt aber von den Grünen. Sie wollen in Berlin-Mitte die Abschaffung aller verkehrsregelnden Zeichen. „Shared Space“ (gemeinsam genutzter Raum) heißt ein Konzept, das in anderen Städten bereits praktiziert wird.

Es gibt keine Verkehrsschilder mehr, keine Fußgängerinseln und keine Ampeln, auch keine Trennung in Bürgersteig und Fahrbahn. Die einzige Regel ist „rechts vor links“, ansonsten ist gegenseitige Rücksichtnahme oberstes Gebot. Das wird lustig, vor allem wenn Staatsgäste und Diplomaten, Politiker und Wirtschaftsbosse demnächst von Rollschuhfahrern und Fahrradtaxis geschnitten werden.

Aber Spaß beiseite. Die Grünen sagen, daß ihr revolutionäres Verkehrskonzept versuchsweise in folgenden Städten und Provinzen bereits angewandt wird: Haren, Emmen, Bohmte, Fryslan (Niederlande), Oostende (Belgien), Ejby (Dänemark) und Ipswich  (England).

Eine tolle Liste, oder? Berlin-Mitte, das Zentrum einer der größten Industrienationen dieser Erde, als Experimentierfeld für ein provinzielles Verkehrskonzept, das bislang nur in irgendwelchen westeuropäischen Kleinstädten erprobt wurde. Die Grünen  können nicht ernsthaft glauben, daß mitten im deutschen Regierungsviertel dieser Unsinn umgesetzt werden kann. Wenn das Wirklichkeit würde, dann hätten die Berliner mal wirklich einen Grund zum meckern.


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