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28.02.09 / Schatten über dem Opernball / Die Finanzkrise in Osteuropa wird bedrohlich für Österreich – Banken stark exponiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-09 vom 28. Februar 2009

Schatten über dem Opernball
Die Finanzkrise in Osteuropa wird bedrohlich für Österreich – Banken stark exponiert

Der Opernball war glanzvoll wie immer, Karten und Logen waren ausverkauft, und beim Sekt wurde nicht gespart. Dennoch war manches anders: Trinkgelder, heißt es, seien viel spärlicher geflossen – ein untrügliches Krisenzeichen. Und während draußen hunderte Polizisten vergeblich auf Demonstranten warteten, mangelte es drinnen an in- und ausländischer Prominenz aus Industrie und Finanz. Denn wer vielleicht morgen schon um Steuermilliarden anklopfen muß, will nicht unbedingt beim Opernball gefilmt werden. Selbst der Chef der „Erste Bank“, der zweitgrößten des Landes, zog es vor, nicht in Erscheinung zu treten – obwohl seine Gattin sogar die organisatorische Leitung des Opernballs innehatte.

Was sich 2007 in Übersee auf dem Hypotheken-Sektor angebahnt hatte, war von den meisten Österreichern lange Zeit recht distanziert beobachtet worden. Doch die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise auf die reale Wirtschaft werden auch in Österreich immer deutlicher. Besonders beunruhigt ist man über die Krise in der KfZ-Branche, vor allem der deutschen, denn österreichische Zuliefer- und Assemblier-Betriebe sind mit 65000 Beschäftigten ein bedeutender Wirtschaftssektor, und zum Teil gibt es da bereits Kurzarbeit. Daß sich auch die österreichische Regierung auf das ökonomisch wie ökologisch fragwürdige Rezept einer „Verschrottungsprämie“ festlegte, ist aber ein besonderer Schildbürgerstreich, denn das kommt de facto einer Subvention für Importeure und ausländische Erzeuger gleich.

Während der Konsum bisher nur mäßig zurückging, was nicht zuletzt mit großzügigen Lohnabschlüssen und Pensionserhöhungen zusammenhängt, ist bei Investitionen große Zurückhaltung zu verzeichnen, weil die Unternehmen selbst, aber auch die Banken als Kreditgeber vorsichtiger werden. Als größter „Nicht-Investor“ erweist sich dabei die Vöest Linz, die wegen der im Inland geradezu prohibitiven „Umwelt“-Auflagen die Errichtung eines Stahlkomplexes am Schwarzen Meer geplant hatte - und die nun auch dieses Ersatz-Projekt auf Eis legt.

Das führt direkt zur Achillesferse Österreichs, dem Kredit-Risiko in den „Reformländern“: Die Investitionen in diesen von Wirtschaftskrise und Währungsverfall besonders stark betroffenen Staaten übersteigen mit rund 300 Milliarden Euro das jährliche Bruttoinlandsprodukt Österreichs, und nicht weniger als 230 Milliarden der insgesamt 1,3 Billionen Euro Schulden dieser Länder entfallen auf österreichische Banken! Das ist den Rating-Agenturen nicht entgangen – und folglich auch nicht der Bundesregierung, die im Vorjahr für die Bankeinlagen unbeschränkte Garantien abgegeben hat und die jetzt eifrig, aber wenig professionell die EU zu einem besonderen Osteuropa-Hilfspaket überreden will.

Doch beim deutschen Amtskollegen Peer Steinbrück hat sich Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) bereits eine Abfuhr geholt, der tschechische Vizepremier Alexander Vondra sieht namens des EU-Vorsitzlandes „keinen Grund für außerordentliche Maßnahmen“, und Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia „teilt“ zwar die Sorgen der Österreicher, „gerade was die Privatbanken betrifft“, hat aber eher die Misere daheim in Spanien vor Augen. Es war wohl von der Optik her keine gute Idee, daß Pröll für seine Blitzreisen zwischen Agram (kroatisch: Zagreb) und Kiew just einen Privat-Jet von Raiffeisen benützte.

Die Bankaktien sind jedenfalls im Keller und dies, obwohl Raiffeisen International für 2008 einen Rekordgewinn bekanntgab. Auch daran zeigt sich, daß die Rating-Agenturen, die jahrelang in fahrlässiger bis krimineller Weise die Bonität von Unternehmen und Staaten stark überbewertet und damit dem Zusammenbruch Vorschub geleistet hatten, nun ins andere Extrem verfallen sind und lieber viel zu schlechte Noten vergeben: So wurde der Risikoaufschlag, der für österreichische Staatsanleihen verglichen mit deutschen im Februar 2008 noch 0,1 Prozent betragen hatte, nunmehr auf 1,33 Prozent erhöht. Damit stufen die Agenturen die Republik Österreich jetzt schlechter ein als etwa Spanien.

Richard G. Kerschhofer


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