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07.03.09 / Wie Öl ins Feuer gießen / Notenbanken und Regierungen bekämpfen die Finanzkrise auf falsche Weise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

Wie Öl ins Feuer gießen
Notenbanken und Regierungen bekämpfen die Finanzkrise auf falsche Weise
von Klaus Peter Krause

Was als Platzen einer Immobilienblase in den Vereinigten Staaten begann, hat zur schwersten umfassenden Wirtschaftskrise seit Ende der 1920er  Jahre geführt. Die Geldwirtschaft hatte sich von der Güterwirtschaft gelöst und in Saus und Braus auf unverantwortliche Weise und zu wenig kontrolliert ein Eigenleben geführt. Daß die Krise noch weit schlimmer ausfällt, ist ziemlich gewiß. Mit einem Feuerwehr-Großeinsatz versuchen die Staaten, den globalen Flächenbrand zu bekämpfen, auch Deutschland. Dies wird, weil sie in ihrer Not und nun sogar schier unausweichlich Symptome statt Ursachen bekämpfen, schiefgehen.

Wo noch vorhandenes Vertrauen zu sichern oder verlorenes wiederzugewinnen gilt, springen die Staaten mit gewaltigen Bürgschaftsversprechen ein. Wo in der Finanz- und Geschäftswelt Zahlungsunfähigkeit droht, pumpen sie zur Brandlöschung gewaltige Geldmengen hinein. Wo in der Güterwirtschaft der Absatz wegbricht, legen sie riesige Konjunkturprogramme auf.

Die dafür nötigen Mittel sind gigantisch und in Wirklichkeit nicht vorhanden, denn kein Staat hat Gespartes auf der hohen Kante liegen. Im Gegenteil, sie sind alle hochverschuldet, viel zu hoch. Also nehmen sie mittels Staatsanleihen noch mehr Schulden auf. Das Geld stellen die Zentral- und Notenbanken dem Staat und der Wirtschaft per Kredit inzwischen zu einem Zins von nahe an Null zur Verfügung, also fast gratis. Zusätzlich werden die Notenpressen bedient. Es drängt sich der Spruch auf „Ist der Ruf erst ruiniert ...“

Da die eigentliche Ursache liegt darin, daß in den vergangenen Jahrzehnten die Geldmengen durch Kredite (Buchgeld) und Notendruck (Bargeld) wegen zu niedriger Leitzinsen – vor allem in den Vereinigten Staaten – so unglaublich ausgeweitet wurden und jetzt zur Brandbekämpfung noch mehr Geld in den Umlauf gedrückt wird, wirkt das wie Öl ins Feuer gießen. Das kann nicht gut gehen und nur in einem großen Zusammenbruch enden. Anzulasten ist die Krise einer verfehlten Geldpolitik und mangelhafter staatlicher Vor- und Aufsicht, also einem Staats- und Notenbankversagen, nicht Marktversagen.

Die staatlichen Maßnahmen zusammen mit den Notenbanken sind darauf ausgerichtet, als gelte es, nur eine Liquiditätskrise, also nur einen augenblicklichen Engpaß an flüssigen Geldmitteln zu überwinden. Insolvenzbedrohte Banken und Großunternehmen bekommen staatliche Bürgschaftsversprechen und gewaltige staatliche Liquiditätshilfen noch und noch. Aber tatsächlich handelt es sich bei Banken und auch vielen Unternehmen um eine Überschuldung, die zu lange und zu billig (wegen zu niedriger Zinsen) möglich war und somit unnötig gefördert wurde.

Und in dieser ihrer Schuldenkrise kommt nun auch noch eine (wegen der Politik des billigen Geldes) verschleppte und bislang unbeachtete Strukturkrise  zum Vorschein, wie sie sich zum Beispiel auf einem gesättigten Markt in der Überproduktion der Autoindustrie äußert, in Fehlentscheidungen innerhalb der Finanzwelt (Beispiel: Investment Banking zu Lasten des Privatkunden- und Spargeschäfts) oder auch im Fusionsgrößenwahn in der Produktionswirtschaft (jüngster Versuch: das Vorhaben der Schaeffler-Gruppe zur Übernahme von Continental). Eine Krise wie diese macht Versäumtes schlagartig und besonders schmerzhaft sichtbar und fühlbar.

Vieles, wenn nicht alles im Leben unterliegt Veränderungen. Wer sich dem nicht rechtzeitig anpaßt, erleidet Schaden oder auch Schiffbruch. Anpassungsbedarf an Veränderungen herrscht auch in den westlichen Industriegesellschaften. Sich anpassen heißt für Unternehmen oder Wirtschaftszweige schrumpfen oder umsteuern. Da Wirtschaft und Politik nicht beizeiten auf die Veränderungen reagiert haben, stecken sie jetzt in einer strukturellen Anpassungskrise. Die hat Auswirkungen auch auf die Rohstofflieferanten und industriell aufstrebenden exportierenden Billiglohnländer. In der globalisierten Wirtschaft sind alle miteinander vernetzt, hängen alle voneinander ab.

Mit den gigantischen Konjunkturpaketen für die Güterwirtschaft zeigen die staatlichen Führungskräfte, vornehmlich die der westlichen Welt, daß sie die verschleppte Strukturkrise als Konjunkturkrise mißverstehen oder mißverstehen wollen. Die westlichen Volkswirtschaften sind gesättigt. Für nötige Veränderungen und Bereinigungen von Strukturen in Wirtschaftszweigen und Unternehmen sind staatliche Finanzhilfen ungeeignet; sie verschleppen sie nur weiter. Den Unternehmen werden die dicken Geldspritzen auf die Dauer, wie Beispiele zeigen, doch nicht helfen. Dann sind die staatlichen Gelder – es sind die der Bürger – verschleudert. Fängt ein Staat mit solchen Hilfen an, fließen sie wie in ein Faß ohne Boden, weil immer weitere Unternehmen auf Staatshilfe drängen. Wir erleben es gerade.

Ins Gigantische steigt mit diesen Anti-Krisenmaßnahmen auch die staatliche Verschuldung. Daß die Staaten die Schulden je tilgen werden und können, ist Utopie. Auch mit höheren Steuern ist das nicht zu schaffen, denn die sind schon jetzt zu hoch. Die Schafschur muß da aufhören, wo die nackte Haut beginnt. Das muß ein Staat auch bei seinen Steuerbürgern beachten. Die ausgeweiteten Geldmengen wieder aus dem Verkehr zu ziehen, also sie in die Notenbanken zurückzuholen und sie der Gütermenge anzupassen, wird nicht gelingen. Das mündet zwangsläufig in eine große Inflation, in die massive Geldentwertung.

 

Dr. Klaus Peter Krause ist Diplom-Volkswirt und selbständiger Publizist. Von 1966 bis 2001 war er Wirtschaftsredakteur der „FAZ“, seit 1991 verantwortlich für deren Wirtschaftsberichterstattung. Daneben war er bis 2003 Geschäftsführer der Fazit-Stiftung, die unter anderem die Mehrheit an der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH hält.

Foto: Die Politik der niedrigen Zinsen hat seit Jahren die US-Geldmenge stärker wachsen lassen als die Produktion. Noch hat diese riskante Politik nicht zu Inflation geführt, doch diese Folge ist geradezu unausweichlich, zumal jetzt noch mehr Geld gedruckt und damit „Öl ins Feuer“ gegossen wird.


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