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07.03.09 / Außenminister als Arbeiterführer / Die SPD hat den Wahlkampf eröffnet – Merkel weiß, daß bis Herbst nicht mehr viel zu bewegen ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

Außenminister als Arbeiterführer
Die SPD hat den Wahlkampf eröffnet – Merkel weiß, daß bis Herbst nicht mehr viel zu bewegen ist

Die Aschermittwochsreden und der Streit um die Opel-Krise haben gezeigt, daß zumindest für die SPD offensichtlich bereits der Wahlkampf ausgebrochen ist: Die Realpolitik ist am Ende, ab jetzt werden Phrasen gedroschen. Es sollte verwundern, wenn die Große Koalition bis Herbst noch Nennenswertes auf den Weg bringt. Immer ungenierter kopiert Frank-Walter Steinmeier das Wahlkampf-Röhren von Gerhard Schröder. Er und CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers versuchen einander in der Pose des Opel-Retters und Arbeiterführers zu übertreffen, während der Unions-Wirtschaftsflügel vor Staatshilfen warnt. Die CSU setzt auf ihren neuen Star Karl-Theodor zu Guttenberg, nur die Kanzlerin ist auffällig schweigsam, moderiert die Streithähne in der CDU, legt sich wieder mal nicht richtig fest, läßt aber doch Sympathie für die „Retter“ erkennen. Die SPD steigt dieser Tage tief hinab in die alte Klassenkampf- Rhetorik. „Die Reichen werden mehr bezahlen müssen, sonst wird man das Geld nicht zusammenkriegen, das die organisierte Solidarität, der Sozialstaat, braucht“, kündigt Parteichef Franz Müntefering im „Spiegel“ an, wobei die SPD „Reichtum“ erfahrungsgemäß bereits ab 3000 Euro Monatsbrutto für gegeben hält. Damit bestraft sie das Gros der Leistungs-Erbringer und Arbeitnehmer, um das auf 40 Prozent der Bevölkerung angeschwollene Herr der Leistungsempfänger in Deutschland zu bedienen. Ob die SPD diese Klientel auf diese Weise von der Linkspartei wieder für sich zurückgewinnen kann? Die alten Umverteilungs- und Neidhammel-Parolen schimmern schon durch, vor allem wenn man sich das Positionspapier anschaut, das die „beiden Stones“, Kanzlerkandidat Steinmeier und Finanzminister Steinbrück, am letzten Wochenende vorgelegt haben. Es widerspricht klar der Beschlußlage der Großen Koalition und hat daher die Sitzung des Koalitionsausschusses am Mittwoch belastet: Deckelung der Managergehälter, schärfere Haftung für Unternehmensvorstände, Ende der Steueroasen, und dazu der altbekannte SPD-Dauerschlager Mindestlöhne: Fertig ist die Wahlkampf- Melange, mit der der ansonsten als „Genosse der Bosse“ bekannte Gerhard Schröder bei den Bundestagswahlen 1998, 2002 und 2005 sich in die Pose des Arbeiterführers warf und vergleichsweise gute SPD-Ergebnisse holte. Das heisere Geplärr von Frank- Walter Steinmeier vor 15 000 Opel-Mitarbeitern an der Rüsselsheimer Zentrale, seine Arbeiter- Parolen („Ihr seid nicht diejenigen, die den Schlamassel angerichtet haben“, „Opel, das seid ihr, und darum muß Opel leben“), der demonstrative Schulterschluß mit Gewerkschaftsführern und Betriebsräten, die rhetorischen Anklänge an Barack Obama („Ich jedenfalls habe ein gutes Gefühl. Ich verspreche euch, mein Vertrauen habt ihr. Wir haben gute Karten. Ich werde nicht zögern, alles zu tun, was in unseren Möglichkeiten steht“) – all das läßt erahnen, daß die SPD und Steinmeier bereits im Kampfanzug stecken. Was sonst sollte Steinmeier als Bundesaußenminister zu einem solch populistischen Auftritt verleiten? Mit Blick auf die Posse um den verschwundenen „Walter“ hieß es dieser Tage in einer Glosse, das sei wohl ein Mißverständnis gewesen: In Wirklichkeit wolle Steinmeier nicht einen Namen weniger, sondern noch einige dazu, sodaß er am Ende folgendermaßen heißen könnte: Frank-Walter Barack-Obama Gerhard- Schröder Stein-Meier, wobei aber die Bindestriche nicht mitzusprechen seien. In der CDU prallt derweil das ordnungspolitische Konzept des Wirtschaftsflügels um Baden- Württembergs Regierungschef Günther Oettinger und Unions- Fraktionschef Volker Kauder auf die Opel-Rettungsattitüde von Jürgen Rüttgers und – etwas abgemildert – Roland Koch. Die Kanzlerin legt sich wie üblich erst mal nicht fest, moderiert die Streithähne, scheint aber Andeutungen zufolge auch nicht gewillt, der SPD den Ruhm einer etwaigen Opel-Rettung zu überlassen. So ist aus einer CDU-Präsidiumssitzung überliefert, sie wolle die CDU nicht „hartherzig“ erscheinen lassen gegenüber den Rettungs- Sozis. Auf der Bremse steht im Moment Karl-Theodor zu Guttenberg, der neue Wirtschaftsminister und „Senkrechtstarter“ der CSU. „Du bist der Franck Ribéry der CSU. Nur spielt der Mitte links, und du spielst Mitte rechts“, lobte Parteichef Horst Seehofer am Aschermittwoch den smarten, weltläufigen und fotogenen Freiherrn über den grünen Klee. Zu Guttenberg ist als Wirtschaftsminister in der weltweiten Krise in einer Lage, die man Neudeutsch als „Win-Win-Situation“ bezeichnet: Alle wissen, daß die Aufgabe, in der er steckt, eine beinah übermenschliche Herausforderung bedeutet. Er gibt bei Opel den Skeptiker, den verantwortungsvollen Haushälter, der alle Konzepte erst genau prüfen will, ehe er die Subvention akzeptiert. Falls er schließlich nachgibt, kann er sich auf die Seite der Retter stellen. Falls er aber (mit guten Gründen, versteht sich) „Nein“ sagt, ist er der Retter der Steuer- Milliarden. Der Jubel, mit dem die CSU-Anhänger in Passau Guttenberg bei jeder Erwähnung seines Namens hochleben ließen, zeigt die ganze momentane Richtung der bayerischen Union an: Man setzt auf junge, frische Gesichter, die auch in den Medien satisfaktionsfähig sind und zumindest optisch den Weg ins Morgen weisen. „Wir wollen die modernste und frischeste Partei Deutschlands werden“, sagt Parteichef Seehofer. Ob dem auch der sachpolitische und rhetorische Unterbau nachkommt, wird sich zeigen. Anton Heinrich


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