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07.03.09 / Die Oba-Manie geht weiter / In der tiefen Krise ihres Landes scharen sich die US-Bürger eng um ihren neuen Präsidenten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

Die Oba-Manie geht weiter
In der tiefen Krise ihres Landes scharen sich die US-Bürger eng um ihren neuen Präsidenten

Die Lage der USA ist mehr als ernst, aber noch genießt der neue Präsident Barack Obama einen schier unheimlichen Vertrauensvorschuß. Sehr viele US-Bürger sind der Meinung: Wenn einer die Probleme lösen kann, dann er. 

„Die ersten hundert Tage” – danach wird hier in den USA traditionsgemäß ein neuer Präsident beurteilt. Barack Obama hat gerade die Hälfte überschritten und bereits mehr dynamische Aktivitäten absolviert als je einer seiner Vorgänger. Da war vom ersten Tag („Day One“) an nicht die geringste Unsicherheit. Die Stimmen seiner Wahl-Gegner, die ihm so gern „Unerfahrenheit” vorwarfen, sind schnell verstummt und haben Respekt, wenn nicht Bewunderung Platz gemacht.

„Als ich bei der Eid-Zeremonie da unten saß (wo ich nicht gerade geplant hatte zu sitzen) und auf den Jubel der unübersehbaren Menge von anderthalb Millionen Menschen blickte”, gab kürzlich Wahlverlierer John McCain in seiner sympathischen und fairen Art zu, „da dachte ich: Ja, dies ist tatsächlich eine historische Wende, ein neuer Anfang und ein außergewöhnlicher Mann.”

In der Tat. Seit dem 20. Januar sitzt der neue Präsident an seinem Schreibtisch im berühmtesten Büro der Welt, dem Oval Office, so gelassen, als hätte er nie etwas anderers getan. Mit einer Bürde, wie sie noch kein anderer Präsident in der amerikanischen Geschichte von seinem Vorgaenger geerbt hat: Zwei Kriege,  ein Billionen-Defizit und eine Wirtschaft vor dem Kollaps: Nunmehr 16 bankrotte Banken, eine vor dem Ruin stehende Autoindustrie wie andere erodierende Wirtschaftszweige. Die Arbeitslosigkeit galoppiert (jetzt 10,5 Prozent), die herzzerreißenden Haus-Zwangsversteigerungen nehmen sprunghaft zu. Die für die Wirtschafts unverzichtbare Kauflust in der einstigen Überflußgesellschaft ist am Boden. Ganz zu schweigen von Terrorismus-Gefahr, Brennpunkten in der Welt wie Gaza, Pakistan und Afrika, einem tief gesunkenen Ansehen der USA sowie globalen Machtverschiebungen, die die bisherige Rolle der Supermacht bedrohen.

Dies könnte jeden anderen schrecken. Doch nicht Obama, auf den ein riesiges Land wie die Welt nun in der globalen Misere als Retter blickt. Der Harvard-geschulte Anwalt mit glasklarem und pragmatischem Verstand wie der durchtrainierte Sportler, der jeden Morgen mit einstündigem Training beginnt, kennt und liebt  Herausforderungen. „Mich kümmert weder Lob noch Kritik“, sagt er. „Mich interessiert nur, das Richtige zu tun.“ Dabei gehe es  nicht mehr, wie bisher in den USA, vor allem um die für die Priviligierten und Reichen, sondern vorrangig für die Mittelklasse und die in Not Geratenen. „Ich weiß, wie leicht es ist, in der Not  zynisch und zaghaft zu werden“, sagt er dazu. „Aber in meinem Leben habe ich gelernt, daß man Hoffnung oft dort findet, wo man sie nicht vermutet…“

Schritt für Schritt verfolgt er die Einlösung seiner Wahl-Versprechen. Manchmal mit kleinen Korrekturen. So werden die US-Truppen den Irak nicht in 16 Monaten verlassen, sondern erst in 18. Ein Restkontingent von bis zu 50000 Soldaten soll bis Ende 2011 als Übergang zur Stabilisierung der Irak-Regierung verbleiben. Dem stimmt sogar Muktabar Sadr zu.

Obamas erste Amtshandlung aber war die versprochene Unterzeichnung der Schließung von Guantánamo. Dann, neben der Benennung seines Kabinetts und einigen Pannen dabei, die Konzentration auf die Rettung der Wirtschaft. Daß er sein vieldiskutiertes 487-Milliarden-Stimulanz-Paket trotz aller Kritik der in ihrer Entmachtung verwirrten Republikaner im Kongreß durchgebracht hat gilt als ein bedeutender Sieg.  

Außenpolitisch gesehen, realisiert die internationale Gemeinschaft bereits einen deutlich veränderten Ton der neuen Regierung. Mittlerweile ist eine Abordnung des Kongresses zum erstenmal seit 2007 nach Gaza gereist, wo sich die Amerikaner, darunter Senator John Kerry, Präsidentschaftskandidat der vorletzten Wahl,  über das Ausmaß der Zerstörung schockiert zeigten.  Auch Hillary Clinton, gerade zurück von ihrer ersten Reise als Außenministerin nach Südostasien (nicht, wie sonst üblich, nach Europa) konnte für eine neue, freundschaftliche Stimmung  sorgen, etwa durch die in der Region lange erwünschte Unterzeichnung eines Abkommens mit der ASEAN.  In Japan, Südkorea, China und Indonesien, dem Land der Welt, in dem am meisten Muslime leben (und wo Obama als Kind fünf Jahre lang gelebt hat und wahrscheinlich seine  für Juni geplante große Rede an die islamische Welt halten wird) - überall positive Reaktionen. 

Auch erklärte Obama selber kürzlich noch einmal die „Notwendigkeit, mit allen Seiten zu reden. Ich betone, mit allen!“ Das dürfte Iran und die Hamas-Regierung in Gaza einbeziehen. Und mit Sicherheit auch Kuba.  Durch den charismatischen, weltoffenen, starken und liberal denkenden neuen Mann im Weißen Haus scheint das Eis, das sich auf die einstige Liebe zu den USA in den letzten Jahren gelegt hatte, wieder  zu schmelzen. 

Zur Lage der Nation hielt der Präsident am 24. Februar eine sogenannte „State of the Union“-Rede vor beiden Häusern des Kongresses. Obama wählte diesen traditionsreichen Weg ins Capitol, um den über 700 versammelten Repräsentanten des Landes wie vor allem dem amerikanischen Volk noch einmal die dramatische Situation der Wirtschaft und seinen „Stimulanz-Plan“ zu erklären und weitere Punkte seiner Regierung anzusprechen. Gesundheitsreform, Bildung, Umweltschutz und Außenpolitik. Dabei sprach er sich erneut klar gegen Folter aus („Ich erkläre hiermit ohne Ausnahme und ohne Ausflüchte: Amerika foltert nicht.“)

Bei ihrer – traditionsreich angekündigten -  Ankunft zur „State of the Union“ wurde auch Michelle Obama mit langem Beifall bedacht. Man erwartet, daß die First Lady,  selbst Harvard-Anwältin, ihrem Mann eine starke, aktive Partnerin sein wird. In sozialem, aber auch kulturellem Bereich. Dort wird der Einfluß der Kunst, Literatur, Theater und Musik liebenden Obamas sehnlich erwartet, zumal Obama sich in seinen Reden und seinem autobiographischen Buch als Sprachkünstler zu erkennen gegeben hat.

Der Beifall für den Präsidenten, auch von seiten der Republikaner, war minutenlang. Nach Umfragen stehen 75 Prozent der US-Bürger hinter ihm, weit verbreitet ist die Einschätzung: Wenn einer es schaffen kann, dann er. „Meine Aufgabe ist eine enorme Bürde“, sagte Obama. „Aber auch ein großes Privileg. Denn in unseren Händen liegt es, die Welt zum Guten oder zum Schlechten zu führen. Wir werden wieder aufbauen. Wir werden es schaffen. Und die Vereinigten Staaten von Amerika werden stärker hervorgehen als je zuvor. “         Lieselotte Millauer

Foto: Hat der fast kultisch gefeierte Obama das volle Ausmaß der Krise schon erkannt? Daß er nun vom „Wiederaufbau“ redet, spricht dafür; die Formulierung, „in unseren Händen liegt es, die Welt zum Guten oder Schlechten zu führen“, ist dagegen ein Hinweis auf Selbstüberschätzung.            


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