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07.03.09 / Herausgerutsche Wahrheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-09 vom 07. März 2009

Herausgerutsche Wahrheit
von Konrad Badenheuer

Die Debatte um das Zentrum gegen Vertreibungen, das nach zwei Umbenennungen heute als „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ firmiert, ist lehrreich. Fast alle, die sich dabei zu Wort melden, erklären, es gehe um das deutsch-polnische Verhältnis, also um Außenpolitik.Tatsächlich spricht alles dafür, daß hier keine außenpolitische, sondern zwei weitgehend unabhängig voneinder laufende innenpolitische Debatten geführt werden. Die beiden Diskurse in Berlin und Warschau folgen ganz unterschiedlichen Regeln, und selbstverständlich verfolgen die vielen Akteure je eigene Ziele.

Am allerwenigsten geht es dabei um die Wahrheit. Wir sind nun einmal in der Demokratie und da sagen Politiker so ziemlich alles, was das Publikum wahlweise hören möchte oder sich so gerade noch bieten läßt. Die Fakten werden dabei wie Knetmasse verformt, sie sind Mittel zum Zweck des Machterwerbs und Machterhalts. Da die Wahrheit in diesem Diskurs noch nicht einmal verpönt, sondern schlicht irrelevant ist, rutscht dem einen oder anderen Diskussionsteilnehmer von Zeit zu Zeit dann aber doch ein erstaunlich wahres Wort heraus.

Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist die Diskussion am Sonntag Abend bei Anne Will. Frau Steinbach fehlte in der Runde, da erfüllte Rudi Pawelka, seines Zeichens Chef der Landsmannschaft Schlesien, einen doppelten Zweck. Niemand konnte Frau Will vorhalten, die Vertriebenen seien nicht vertreten gewesen, doch als Inbegriff des „bösen Vertriebenen“, der sogar noch Eigentumsforderungen erhebt, bildete sich rasch ein Konsens in der Runde, daß sowas nun überhaupt nicht gehe.  Da half dem am Katzentisch stehenden Pawelka auch sein jüdischer Freund und Unterstützer nichts: Daß deutsche Vertriebene jüdische Wiedergutmachungsanliegen fördern könnten, sprengt einfach das Vorstellungsvermögen deutscher Politiker und Medienleute.

Die Polemik Renate Künasts bewegte sich ganz im erwarteten Gleis, umso interessanter die Worte von Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach. Ihm rutschten genau die unfreiwilligen Wahrheiten heraus, von denen gerade die Rede war. Offenkundig in Unkenntnis der Beschlußlage des BdV nahm er dessen Präsidentin Erika Steinbach gegen den Verdacht in Schutz, sie verfolge noch materielle Wiedergutmachungsziele. Es folgte eine fatale Verteidigungsrede auf das „Zentrum gegen Vertreibungen“, das doch nur„eine Ausstellung auf drei Etagen eines elfgeschossigen Zweck­baus in Berlin-Kreuzberg“ sei! Genau so lasen sich bisher die Polemiken in Rechtsaußen-Publikationen gegen das angeblich so tolle Zentrum, das andere CDU-Politiker den Vertriebenen gern als symbolischen Ersatz für ihre Heimat verkaufen. Was soll man dazu sagen? Schaden wollte Bosbach Frau Steinbach gewiß nicht.

Foto: Das Deutschlandhaus in Berlin: In diesem „Zweckbau in Berlin-Kreuzberg“ soll auf drei Etagen eine Dauerausstellung über Flucht und Vertreibung Platz finden. Im Hintergrund das elfgeschossige Europahaus, mit dem ein offenherzig redender Wolfgang Bosbach (CDU) den Ort unlängst verwechselt hat.


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