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14.03.09 / Russki-Deutsch (8): Moskau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-09 vom 14. März 2009

Russki-Deutsch (8):
Moskau
von Wolf Oschlies

Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“, warnte 1953 ein Wahlplakat der CDU, das bis heute in Graphik und Text legendär ist. 1147 wurde „Moskwa“ in einer Chronik erstmals erwähnt, war später Zentrum des Großfürstentums Moskau, noch später Keimzelle des riesigen russischen Imperiums. 1713 verlegte Peter der Große die Hauptstadt nach Sankt Petersburg, Moskau wurde zur „Thron-Hauptstadt“ degradiert, aber am 12. März 1918 in den alten Rang zurückversetzt.

Zahllose Dogmen und Legenden, alle uns geläufig, ranken sich um die Stadt: „Moskau das dritte Rom“ (nach Rom und Konstantinopel) „und ein viertes wird es nicht geben“, steht seit dem 16. Jahrhundert für Moskaus Vormachtanspruch – „Moskau glaubt den Tränen nicht“ für russische Rigorosität schlechthin,  „Moskowien“ war lange Zeit deutsches Synonym für Rußland. „Moskauderwelsch“ nannte Karl Kraus höhnisch den Politjargon bolschewistischer Apparatschiks. Als „Tatarendorf“ und „vereinigten Kolchos“ haben die Petersburger Moskau zu allen Zeiten verachtet. Moskaus schönster Platz war mir immer der Leningrader Bahnhof, von dem man nach Sankt Petersburg fliehen konnte. Die Stadt  erschien mir als Kindergarten für Erwachsene, das knarzige Moskauer Russisch ging mir auf die Nerven. Mit dieser Aversion weiß ich mich mit vielen einig, die „Moskowiter“ nicht besonders mögen. Das gilt besonders für Polen, die seit Jahrhunderten die Russen „Moskaly“ nennen (was das in polnischen Dialekten bedeutet, verschweige ich lieber) und sie aus tiefster Seele hassen. Herold dessen war Polens Nationaldichter Adam Mickiewicz, dessen Drama „Dziady“ (Totenfeier) von 1832 ein Hassgesang gegen die „Moskale“ ist, endend in dem Gedicht „Do przyjaciol Moskali“ (An die Moskau-Freunde). Nur einmal wird in dem Drama Moskau beim Namen genannt, von einem russischen Offizier: Moskau schickt nach Polen nur „samych lajdakow stek“ – den Abschaum seiner Gaunerwelt.

Im Ersten Weltkrieg war der Begriff auch in deutschen Veröffentlichungen frequent: „Mann, seht euch vor – die Moskale wollen euch überfallen“. Heute ist das Wort wieder im Umlauf, etwa bei Ukrainern, die den überwiegend russischen Osten des Landes „Moskale“ nennen. Arme Moskauer!


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