18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.03.09 / Breslaus letzter deutscher Erzbischof / Adolf Kardinal Bertram leitete neben der volkreichsten Diözese auch die Fuldaer Bischofskonferenz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-09 vom 14. März 2009

Breslaus letzter deutscher Erzbischof
Adolf Kardinal Bertram leitete neben der volkreichsten Diözese auch die Fuldaer Bischofskonferenz

Adolf Bertram stand ab 1914 an der Spitze der mit vier Millionen Seelen volkreichsten Diözese der katholischen Kirche weltweit. Der Tradition folgend leitete er ab 1920 das führende Gremium der katholischen Geistlichkeit in Deutschland, die Fuldaer Bischofskonferenz. Vor 150 Jahren wurde der Niedersachse geboren.

Am 14. März 1859 kam Adolf Bertram als Sproß einer alteingesessenen Kaufmannsfamilie in Hildesheim zur Welt. In der niedersächsischen Stadt lebten die katholischen Bertrams in der Diaspora. Daß sie trotzdem nicht konvertierten, spricht für die Bedeutung, die bei ihnen der Konfession beigemessen wurde. Ein weiteres Indiz hierfür ist, daß der junge Adolf als Schüler das bischöfliche Gymnasium Josephinum besuchte. Er verließ es mit einem brillanten Abiturzeugnis. Viele Möglichkeiten standen ihm somit offen.

In den letzten Jahren seiner Schulausbildung überkam den als ernst und bienenfleißig beschriebenen jungen Mann der Wunsch, Priester zu werden. Da in Preußen zu jener Zeit der Kulturkampf ausgefochten wurde und wie die übrigen preußischen Priesterseminare auch das Hildesheimer geschlossen war, zog er zur weiteren Ausbildung nolens volens in die Fremde. Er ging an die Universität in Würzburg, deren theologische Fakultät seinerzeit einen hervorragenden Ruf genoß. Abgesehen von einem Semester in München und einem Studienjahr in Innsbruck absolvierte er dort sein gesamtes Theologiestudium. Dort empfing er 1881 die Priesterweihe und promovierte 1883 zum Doktor der Theologie. Nach der Theologie wendete er sich dem kanonischen Recht zu, studierte hierzu auch im Zentrum der Weltkirche und promovierte in der Ewigen Stadt 1884 zum Doktor der kanonischen Rechtswissenschaften.

Akten und ihr Studium waren Bertrams Welt. Hier spielte sein Handicap keine Rolle, das ihn für ein Priesteramt im Gemeindedienst mit seiner Pflicht zur Predigt ungeeignet erscheinen ließ. Ein Sprachfehler ließ ihn mitten im Redefluß über die einfachsten Wörter stolpern. Folglich zog es Bertram nach der Ausbildung und der Rückkehr in die Heimat in die kirchliche Verwaltung.

Noch im Jahr seiner zweiten Promotion und damit dem Ende seiner akademischen Ausbildung trat er in das Generalvikariat seiner Heimatdiözese Hildesheim ein. Bis 1905 stieg er dort bis zur Spitz auf, bis zum Generalvikar. Im Jahr darauf war jedoch Schluß mit der Verwaltungskarriere. Er wurde aus seiner administrativen Nische in seiner Kirche hervorgeholt und nun doch noch zum Hirten. Nachdem sein Bischof Daniel Wilhelm Sommerwerck am 18. Dezember 1905 gestorben war, wurde er am 26. April 1906 zu dessen Nachfolger gewählt. Bertram nahm die neue Aufgabe offensiv an. So verkroch er sich nicht etwa hinter seinem Schreibtisch, sondern versuchte trotz seines Sprachfehlers seinem Bistum ein treusorgender und aufopferungsvoller Seelsorger zu sein. Er zeigte Präsenz, besuchte die Gemeinden seiner Diözese, regte das kirchliche Vereinsleben an und gab der Seelsorge durch Dechantenkonferenzen kräftige Impulse. In der Seelsorge sah er seine Aufgabe, nicht in der Politik.

Es war wohl gerade diese Zurückhaltung in politischen Fragen, welche Bertram wenige Jahrzehnte nach der Beendigung des Kirchenkampfes zum Wunschkandidaten des preußischen Staates werden ließ. Am 4. März 1914 starb Georg Kardinal von Kopp. Kopp hatte nicht nur Bertram zum Bischof geweiht, sondern auch an der Spitze der Diözese Breslau gestanden. Diese „Riesendiözese“, wie Bertram sie nannte, war eine besondere. Sie war nicht nur die volkreichste des Orbis Catholicus, sondern beinhaltete auch die Reichshauptstadt. Ihre Bedeutung kam auch darin zum Ausdruck, daß sie im Wechsel mit Köln den Leiter der Fuldaer Bischofskonferenz stellte. Es war wohl diese politische Bedeutung, welche den preußischen Staat auf die Wahl von Kopps Nachfolger besonderen Einfluß nehmen ließ. Er nutzte in diesem Falle sein Recht, auf der Kandidatenliste Namen zu streichen in der größtmöglichen Form: Er strich alle Namen von der Liste bis auf einen, den von Adolf Bertram.

Am 25. Mai 1914 wurde Bertram zum Bischof gewählt. Da zu seinem Bistum auch ehemals österreichische sudetendeutsche Gebiete gehörten und er dort über Besitzungen verfügte, durfte er auch den Titel eines Fürstbischofs führen. Im Ersten Weltkrieg, im Jahre 1916, wurde er vom Papst zudem zum Kardinal kreiert, was aus politischen Günden allerdings erst nach dem Krieg 1919 bekanntgegeben wurde. Als infolge des preußischen Konkordats von 1929 der zum Bistum Breslau gehörende Delegaturbezirk Berlin zu Breslaus Suffraganbistum erhoben wurde, wurde Breslau selber zum Erzbistum, Bertram zum Erzbischof. Als der Erzbischof von Köln, Felix Kardinal von Hartmann, am 11. November 1919 starb, wurde traditionsgemäß Bertram in seiner Eigenschaft als Bischof von Breslau für Lebzeiten dessen Nachfolger als Leiter der Fuldaer Bischofskonferenz.

Bertram bemühte sich, politischem Streit aus dem Wege zu gehen, was ihm sowohl von rechts als auch von links Vorwürfe einbrachte. Das zurückhaltende Naturell und die Erfahrung mit dem Kirchenkampf, die ihn lehrte, wie sehr der Staat, wenn er denn wollte, der Kirche die Seelsorge erschweren konnte, ließen den Niedersachsen die offene Auseinandersetzung mit der Staatsgewalt scheuen. Wenn der dezente, eher unscheinbare Mann trotzdem nolens volens politisch agierte, dann versuchte er dieses möglichst unauffällig zu tun, was ihm den Vorwurf der Konfliktscheu eintrug.

„Der Kardinal starb mit seiner Bischofsstadt“, um Bertrams Ende mit Worten Ludwig Volks zu beschreiben. Am 21. Januar 1945 verließ er auf Anraten seines Arztes die zur Festung erklärte Hauptstadt Schlesiens und zog sich auf seinen im Sudetengebiet gelegenen Sommersitz Johannesburg bei Jauernig zurück. Hier erlebte er noch erst die Machtübernahme der Russen und dann die der Tschechen, bevor er am 6. Juli 1945 86jährig eines natürlichen Todes verschied.         Manuel Ruoff

Foto: Adolf Bertram: Als Bischof von Hildesheim 1906


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren