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14.03.09 / »Flüssiges Brot« nicht nur für Mönche / Seit der Jungsteinzeit wird Bier gebraut und genossen – Das obergärige Bier kam nicht aus Bayern 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-09 vom 14. März 2009

»Flüssiges Brot« nicht nur für Mönche
Seit der Jungsteinzeit wird Bier gebraut und genossen – Das obergärige Bier kam nicht aus Bayern 

Die Österreicher haben Deutschland beim Bierkonsum übertroffen: Im vergangenen Jahr tranken sie durchschnittlich 109,3 Liter pro Kopf, während es  die Deutschen „nur“ auf 108 Liter brachten. Damit sind die Österreicher „Vizeweltmeister“ im Biertrinken hinter den weltweit führenden Tschechen.

Wer das Land Bayern für die Geburtsstätte des obergärigen, dieses heute als typisch bayerisch geltenden Bieres hält, der irrt. Denn jahrhundertelang tranken Bayerns Edle Bier nicht etwa aus heimischen Sudstätten, sie importierten nahrhaften und berauschenden Gerstensaft aus Deutschlands Norden, vorwiegend aus Einbeck. Bei der Durchfahrt der Fässer von einem Fürstentum zum anderen wurden allerdings hohe Abgaben und Zölle fällig. Das ärgerte die Bajuwaren und sie sannen darüber nach, wie sie ihren Geldsäckel schonen könnten.

Deutschlands Norden war ohne Zweifel im Mittelalter das Dorado der guten Biere. Allein 600 Brauereien existierten damals in der Hansestadt Hamburg und verhalfen den Kaufleuten mit ihren Hansekoggen zu einem blühenden Geschäft.

Viele der Brauereien im kühlen Norden wurden allerdings im Dreißigjährigen Krieg durch marodierende Horden zerstört. Das gab den Ausschlag, in Bayern nun selbst obergäriges Bier mit hohem Stammwürzegehalt zu brauen. Kurzentschlossen warben die Münchner in Einbeck den Braumeister Elias Pichler ab und gründeten 1589 ihr heute weltbekanntes Hofbräuhaus. Pichler sott dort fortan das „Ainpöckische Bier“, woraus das Wort „Bockbier“ entstand.

Die Norddeutschen blickten zu dieser Zeit bereits auf 300 Jahre Erfahrung bei der sachgerechten Herstellung des schäumenden Saftes zurück, denn 1240 verlieh Heinrich der Löwe den Einbeckern das Braurecht. Aus Einbeck ist vor allem das starke Bockbier bekannt, das seinen Namen von dem Gestell ableitet, auf dem die Braukessel standen. Ab 1627 setzten dann die Paulaner Mönche mit ihrem Doppelbock noch einen drauf.

Es war vornehmlich für die Fastenzeit als nahrhaftes, „flüssiges Brot“ für Mönche gedacht. Denn Bier fiel nicht unter das Fastengebot. Die Tagesration war allerdings beachtlich: fünf Liter je Person und Tag.

Nun legten die Kirchenmänner kräftig nach und übertrumpften den Norden. 300 bierbrauende Klöster wetteiferten alsbald um die Gunst der deutschen Kehle und verbreiteten den Gerstensaft über ganz Europa. Namen wie Andechs und Weihenstephan erinnern noch heute daran.

Und es war wieder so „ein Saupreiß, ein damischer“, der später den Pilstyp nach Süden brachte. Kein Geringerer als der Preußenkönig Friedrich der Große befahl seinen Soldaten Pils zur Stärkung der Wehrkraft. Sie verbreiteten nun diese  Geschmacksrichtung aus der böhmischen Stadt Pilsen über das ganze Land.

Nun nehmen die Bayern natürlich für sich immer noch in Anspruch, das sogenannte Reinheitsgebot erfunden zu haben. Der bayerische Herzog Wilhelm IV. faßte erstmals 1516 den Schutz der Konsumenten in ein Gesetz. Danach darf Bier nur aus Wasser, Gerstenmalz und würzendem Hopfen (dies ungefähr seit 700 n. Chr.) unter Zuhilfenahme von Hefe hergestellt werden.

Denn einige Brauer hatten einstmals gar arge Zutaten hineingemischt: Drogen, giftige Pflanzen, Stiergalle, Pech und Rußflocken; kein Wunder, wenn es nach dem Genuß eines solchen Gebräus sogar zu Todesfällen kam. Noch 1519 wurde deshalb die letzte Bierhexe verbrannt.

Schon der sumerische König Hammurabi (1728–1686 v. Chr.) erließ strenge Gesetze zur Herstellung von Bier, für Produktion, Gebrauch und Ausschank in Restaurants. Und als Strafe für Panscher verfügte er im wohl ersten Lebensmittelgesetz und Reinheitsgebot der Erde, daß der Delinquent in seinem eigenen Gebräu zu ersäufen sei.

Immerhin geht die Kunst, aus Getreide Bier zu brauen, auf die Jungsteinzeit zurück. Erste Spuren dafür fanden sich aus der Zeit um 9000 v. Chr. im heutigen Sudan. In Ägypten wurde bei Kairo eine Braustätte aus dem Zeit um 6500 v. Chr. ausgegraben. Das Bier hieß „Zhytos“, der Legende nach ein Geschenk des Gottes Osiris. Die Sumerer verehrten um 4500 v. Chr. gar einen Gott namens Ninkase als Herren der Braukunst. In Europa finden sich erste Spuren aus dem dritten vorchristlichen Jahrtausend in Spanien.             Joachim Feyerabend

 

Die Germanen und das Bier

Die aktuellen Rekorde der Deutschen und Österreicher beim Bierkonsum haben eine lange Tradition. Schon die alten Germanen waren dem Rauschtrank offenbar sehr zugetan. Jedenfalls meinte der römische Schriftsteller Tacitus im Jahre 98, die unbeugsamen Germanen – an denen  Rom „bereits seit 200 Jahren“ ohne durchschlagenden Erfolg „herumgesiegt“ habe – ließen sich wohl leichter durch ihre Trunksucht als mit Waffengewalt unterwerfen. Bei der Beschreibung der germanischen Trinksitten merkt man, wie es den gebildeten Römer graust: „Als Getränk haben sie einen Saft aus Gerste oder Weizen, der durch Gärung dem Wein ähnelt“, schreibt Tacitus wörtlich in seiner berühmten „Germania“ über das damals mangels Kühltechnik lauwarm getrunkene Bier. Nur an Rhein und Donau kauften sie auch „richtigen“ Wein. So oder so: Hunger und Kälte ertrügen die Germanen klaglos, „nicht aber den Durst“.

Für Bier gab es im Germanischen wahrscheinlich sogar zwei Wörter, eines lebt in deutsch „Bier“ und englisch „beer“ weiter, das andere in englisch „ale“ und schwedisch „öl“. Letzteres bezeichnet wahrscheinlich das noch ungehopfte Getränk.            K.B.

Foto: Na denn Prost: Für mittelalterliche Mönche galten bis zu fünf Liter „flüssiges Brot“ täglich als angemessene Bierration in der Fastenzeit.


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