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14.03.09 / Cadiner Rot oder Kornblumenmuster / Die Tradition der Töpferei Danielczick aus dem ostpreußischen Lasdehnen wird auch heute weitergeführt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-09 vom 14. März 2009

Cadiner Rot oder Kornblumenmuster
Die Tradition der Töpferei Danielczick aus dem ostpreußischen Lasdehnen wird auch heute weitergeführt

Wer heute Keramik nach ostpreußischer Art erwerben will, der muß sich an eine Töpferei in Werdohl in Nordrhein-Westfalen wenden. Dort stellt Kerstin Weber-Warschun in ihrer Werkstatt Keramik nach Lasdehner Art her und zeigt Besuchern nach vorheriger telefonischer Anmeldung gern ihre Schätze (02392/507788). Sie hat Fotobände und Musterbücher von Renate Horath-Vesper geerbt, deren Werkstatt sie vor 20 Jahren übernahm. Mit ihren Erzeugnissen ist Kerstin Weber-Warschun auch im Museumsshop und auf den jährlich stattfindenden Museumsmärkten des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg regelmäßig vertreten.

Renate Horath-Vesper hatte an der Keramischen Fachschule im schlesischen Bunzlau Eva Danielczick kennengelernt, die Tochter des Guts- und Ziegeleibesitzers Wilhelm Danielczick aus Lasdehnen, Kreis Pillkallen (ab 1938 Schloßberg), und war ihr nach Ostpreußen gefolgt. 1932 hatte Eva in Lasdehnen (ab 1938 Haselberg) eine Werkstatt für Keramik-Waren gegründet, Basis war die elterliche Tongrube mit einem Ton, der dem in Cadinen sehr ähnlich war.

Zunächst wurde eine Versuchswerkstatt mit einer Töpferscheibe und einem kleinen Brennofen in einem Kellerraum des elterlichen Gutshauses eingerichtet. Es entstanden kleine Gegenstände, meist kleine Vasen, auch Töpfe und Schalen mit durchsichtiger Glasur, wobei der schöne rote Ton besonders gut zur Geltung kam. Objekte im hellgrauen Grundfarbton sind dagegen „Klassisches Lasdehnen“. Hergestellt wurden kunsthandwerkliches Gebrauchsgeschirr, figürliche Tierdarstellungen, Leuchter und Krippenfiguren. Ein Treffen der Salzburger in Gumbinnen 1932 bot Gelegenheit, die Erzeugnisse erstmalig anzubieten – nicht ohne Erfolg.

Der nächste Erfolg stellte sich auf der Ostmesse in Königsberg ein. Man sah in der Keramik aus Lasdehnen eine Fortsetzung des Töpferhandwerks in Tolkemit (Kreis Elbing) am Frischen Haff, um das es still geworden war. Besonders die hellen Geschirre mit dem Kornblumenmuster oder bunten Rändern waren gefragt.

Durch die Erfolge angeregt, errichtete Vater Wilhelm Danielczick 1935 für die Töpferei ein großes repräsentatives Gebäude mit hellen großen Fabrikationsräumen.    Die Tochter hatte inzwischen in Dresden ihre Meisterprüfung abgelegt. An der Hauswand prangte weithin sichtbar die Inschrift „Kunsttöpferei Danielczick, erbaut 1935“. Ein großes Keramikrelief auf der Eingangsseite stellte einen Töpfer an der Töpferscheibe dar.

Im Keller war die Aufbereitung des Tons und der untere Teil des großen Brennofens untergebracht. Gefeuert wurde mit großen Holzscheiten. Ein Brand dauerte immer sieben bis acht Stunden. Im Erdgeschoß entstanden Büroräume und der Hauptarbeitsraum mit mehreren Töpferscheiben. Eine Scheibe hatte bereits elektrischen Antrieb, um die beginnende Serienproduktion von Tellern und Bechern zu bewältigen. In diesem Raum befand sich auch ein besonderer Platz für Mal- und Gipsarbeiten. Im Obergeschoß richtete man Lager- und Packräume und Zimmer mit Küche und Bad für drei Angestellte ein. In dem Töpfereibetrieb waren durchschnittlich zehn Personen beschäftigt, davon drei, vier Töpferinnen, vier, fünf Lehrlinge und zwei Hilfskräfte. Für die Tongewinnung war Evas Bruder zuständig, der seine Ausbildung als Ziegelei-Ingenieur in Köthen (Anhalt) an der Gewerbehochschule absolviert hatte. Er blieb der Töpferei als technischer Berater erhalten.

Bald waren die Keramikarbeiten aus der Kunsttöpferei Danielczick in ganz Ostpreußen bekannt und beliebt. Königsberger und Gumbinner Geschäfte deckten sich  mit Keramik aus Lasdehnen ein. Auch außerhalb Ostpreußens fanden die Stücke Interesse. Auf diese Weise blieben viele Arbeiten erhalten und wurden kein Opfer des Krieges. Heute können in der Heimatstube der Kreisgemeinschaft Schloßberg in Winsen an der Luhe mehrere Lasdehner Keramiken bewundert werden. Zur Zeit bemüht sich das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg, seinen Bestand an ostpreußischer Keramik zu erweitern und für eine spätere Ausstellung aufzubereiten.

Eva Danielczick heiratete 1939 und zog nach Westfalen in die Heimat ihres Mannes. Renate Horath-Vesper verschlug es nach Hagen, wo sie eine eigene Werkstatt gründete. Die Töpferei in Lasdehnen wurde von zwei Keramikerinnen weitergeführt. 1942 pachtete Juscha Schneider-Döring die Werkstatt, die sie bis zu ihrer  Flucht 1944 leitete. Die Hamburgerin hatte bereits 1939, frisch von der Hamburger Hochschule für Bildende Künste gekommen, die Töpferei bei einem Praktikum kennengelernt. 1943 legte sie ihre Meisterprüfung vor der Handwerkskammer in Königsberg ab. Nach dem Krieg baute sie zusammen mit ihrem Mann eine eigene Werkstatt in Bad Oldesloe auf, in der sie sich bemühte, Glasuren zu entwickeln, die denjenigen der chinesischen Hochkulturen ähnlich waren. Ihre Erzeugnisse sind im Heimatmuseum von Bad Oldesloe vertreten. Anläßlich der Preisverleihung eines Kunsthandwerker-Preises für keramische Arbeiten in Schleswig-Holstein 1985 bekannte Juscha Schneider-Döring: „Ostpreußen ist und bleibt meine große Liebe.“ Einige andere Praktikantinnen und Mitarbeiterinnen aus der gemeinsamen Zeit in Lasdehnen gründeten nach dem Krieg ebenfalls eigene Töpfereien. Sie stellten Vasen, Teller, Krüge und Kacheln mit ostpreußischen Städtewappen und Tierdarstellungen im Stil von Lasdehnen her. Eine von ihnen, Sigrid Petersen in Brande-Hörnerkirchen, war auf vielen Deutschlandtreffen der Ostpreußen mit einem Stand vertreten. Sie schreibt in einem Brief: „Als ich 1976 meine Werkstatt eröffnete, kam eine ältere Ostpreußin zu mir und bat mich, ihr Lasdehner Kaffeeservice zu ergänzen, es waren einige Stücke auf der Flucht kaputtgegangen. Es gelang mir sehr gut und ich verliebte mich in das Kornblumenmuster.“ Eva Danielczick-Hartmann stellte sich nach dem Krieg anderen Aufgaben. Ihre Arbeit und ihre Ideen fanden in den Werkstätten ihrer einstigen Schüler und Mitarbeiter ihre Fortsetzung.         Konrad Murr

Foto: Typisch Lasdehner Keramik: Zarte Farben auf hellem Grund


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