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21.03.09 / Rumänien bedauert Verlust »seiner« Deutschen / Außenminister Diaconescu in Deutschland – Offene Gespräche und viel guter Wille, sogar in der Eigentumsfrage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-09 vom 21. März 2009

Rumänien bedauert Verlust »seiner« Deutschen
Außenminister Diaconescu in Deutschland – Offene Gespräche und viel guter Wille, sogar in der Eigentumsfrage

Rumäniens neuer Außenminister Cristian Diaconescu hat bei seinem Deutschlandbesuch vor wenigen Tagen auch mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und mit Landtagspräsident Norbert Kartmann gesprochen. Offenbar in angenehmer Atmosphäre, wie die freundschaftlichen Gesten beider Seiten erkennen lassen. Die deutsche Minderheit in Rumänien diente einmal mehr als Brücke zur Verständigung. Der Gegensatz zu den schwierigen deutsch-polnischen Beziehungen war überdeutlich.

Doch warum ist das so? Warum konnte der dem Verband der Siebenbürger Sachsen angehörende Landtagspräsident neben kulturellen und sozialen Fragen sogar die Probleme bei der Rückerstattung enteigneten Vermögens ansprechen, ohne auf Ablehnung zu stoßen? Statt dessen sagte Diaconescu zu, daß sich seine Regierung zeitnah mit all diesen Fragen beschäftigen werde. Außerdem würdigte der Außenminister die sehr guten Beziehungen zwischen der Landsmannschaft und der rumänischen Regierung und zeigte sich hocherfreut über die Einladung des Verbandsvorsitzenden Bernd Fabritius zum Heimattag in Dinkelsbühl Ende Mai. An Kartmann persönlich erging ein Dank für dessen Einsatz für den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union.

Die deutsch-rumänischen Beziehungen blicken auf eine jahrhundertelange unkomplizierte Tradition zurück. Rumänien achtet die Spuren deutscher Kultur und deutscher Siedler zwischen Karpaten und Schwarzem Meer hoch. Selbst zu kommunistischer Zeit konnten die Siebenbürger Sachsen, Banater und Sathmarer Schwaben und die wenigen Deutschen in Bukarest oder in der Dobrudscha ihre muttersprachlichen Schulen und die deutsche Kirchensprache behalten und waren nie von Assimilation bedroht.

Die Folgen der weder von Negativbildern noch von Komplexen geprägten Geschichtssicht sind vielfältig. So besteht das muttersprachliche höhere deutsche Schulwesen in Rumänien trotz des Massenexodus der Deutschen quantitativ nahezu ungeschmälert fort und wird heute zu weit über 90 Prozent von rumänischen Kindern und Jugendlichen genutzt. Als der hessische Europaminister Volker Hoff im April 2008 auf EU-Ebene eine Erklärung über die Benachteiligung der deutschen Sprache durch die EU einbrachte, wurde die Forderung nach einer Besserstellung unter anderem von den rumänischen Kreisen Hermannstadt (Sibiu) und Temesch (Timis) unterstützt. Deutsche und österreichische Investoren sind gern gesehen und haben dazu beigetragen, daß beispielsweise Hermannstadt einen Modellcharakter entfalten konnte.

Nicht zuletzt zeugen die erstaunlichen Wahl­erfolge des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) vom Ansehen und der Beliebtheit „der Deutschen“. So wurde im Juni letzten Jahres Hermannstadts Bürgermeister Klaus Johannis trotz eines Bevölkerungsanteils der deutschen Minderheit in der 170000-Einwohner-Stadt von kaum 2 Prozent mit 83 Prozent (!) wiedergewählt. Insgesamt gibt es in Rumänien zur Zeit elf direkt gewählte deutsche Bürgermeister und über 40 Deutsche, die auf der DFDR-Liste in Kommunalparlamente einzogen. In keiner anderen Region der Erde erzielt die Partei einer ethnischen Minderheitenpartei derartige Wahlerfolge bei der Mehrheitsbevölkerung.

Trotz aller erfreulichen Ent­wick­lungen gibt es auch in Rumänien Schwierigkeiten, die über die sattsam bekannte Korruption hinausgehen und etwa in der Bodenrestitution heimatverbliebener rumäniendeutscher Landwirte schnellere Wiedergutmachungen kommunistischen Unrechts verhindern. Immerhin wurde bereits vor Jahren ein Teil des enteigneten Kirchenbesitzes der evangelischen Kirche in Siebenbürgen oder der katholischen Kirche im Banat zurückgegeben, und es gibt immer wieder offizielle Aufforderungen an die vor allem in den Jahren 1990/91 in großer Zahl ausgesiedelten Rumäniendeutschen, in ihre Heimat zurückzukehren.

Das Bedauern über diese Massenausaussiedlung der einst 800000 Rumäniendeutschen teilen nicht nur rumänische Politiker und Intellektuelle, es ist auch eine Grundstimmung in den betroffenen Regionen. Sorin Preda hat diese Reue schon 1999 in der Bukarester Zeitschrift „Formula AS“ mit Blick auf die Siebenbürger Sachsen in folgende Worte gefaßt: „Ein Jahrtausend sächsischer Geschichte geht dramatisch zu Ende; in völliger Indifferenz läßt man das Erlöschen der zivilisatorischen Prägungen zu, denen die siebenbürgischen Rumänen enorm viel zu verdanken haben. Friedliche Weggefährten unserer Geschichte, lassen die Sachsen eine schmerzliche Leere zurück. Ihr Weggehen ist in erster Linie eine rumänische Niederlage.“Martin Schmidt


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